Dienstag, 16. Oktober 2007
Also known as the Justified Ancients of MuMu
Furthermore known as The Jams
(KLF, "Last Train To Transcentral")
Mir war, als sei Ende der 80er irgendwie die Luft rausgewesen - vor allem in den mit ekstatischen Sauerdrops gefüllten Ballonköpfen der House- und Rave-Szenenbewohner. Zum Glück tauchte für ein paar kurze Jahre ein Unterseeboot namens The KLF aus dem smileytrunkenen Elektrobeatsumpf und schrieb ein paar ebenso tanzbare wie unvergessliche Botschaften Kornkreisen gleich in empfangsbereite Hirnrinden.
Damals war ich noch sehr vertraut mit dem Werk von Robert Anton Wilson, hatte die Illuminatus!-Trilogie inhaliert, den Hagbard durch discordianische Sozialgefüge tauchen lassen, mein Hirn für Verschwörungstherorien aller Art aufgeweicht, Botschaften aus dem Radio empfangen und war von Herzen entzückt über die subversiven Kracher der Herren Bill Drummond und Jimmy Cauty.
Der Mix aus fetten Beats und brachialen Gitarren(-samples) von KLF war ein wenig die Kunsthochschulvariante der Grebo-Popper von Pop Will Eat Itself (mit ihrem Klassiker There Is No Love Between Us (Anymore)), mindestens so dreckig, aber eben mit Grips. KLF standen mit den Füßen tief im fruchtbaren Schlamm ihrer jeweiligen Punk- und Kunst-Biografien, zeichneten sich durch situationistische Aktionen und Streiche gegen die (Musik-)Industrie aus, die man nicht immer verstand (ich wäre wohl zu spießig, so wie sie eine Million Pfund auf der Isle of Man oder Helgoland zu verbrennen), aber spontan interessant gut finden konnte.
Bild via KLF
Zwei Copyright-Gangster (KLF bedeutete u.a. auch "Kopyright Liberation Front", ihr frech geklautes "Dancing Queen"-Sample hingegen beendete fast ihre Karriere, kaum daß sie begonnen hatte) mit schmutzigen Stiefeln auf dem Weg ins mythische "MuMu"-Land (schon klar, da kommen wir her, da wollen wir hin), ich war gleich hin und weg. Ich habe keine Ahnung, ob einen die kleinen intertextuellen Scherze ansprechen, wenn man nicht wenigsten ein paar hundert Seiten Robert Anton Wilson gelesen hat. Die Musik selbst ist natürlich wie immer Geschmacksache und selbst deren Zitatreichtum bleibt heute vielleicht unverstanden. Mag also sein, daß ich wieder einmal nur sinnfrei von damals™ schwadroniere, aber he, eure Aufgabe ist ja nicht Zuhören. Eure Aufgabe ist, euch eine eigene Vergangenheit zu schaffen. New style, meanwhile, always on a mission while fishing in the rivers of life... (KLF)
Zurück zu KLF. Die sind nun Geschichte ("Ladies and Gentlemen, The KLF have now left the building") und warten auf erste Doktorarbeiten, die über ihr Werk verfaßt werden. Ihr berühmtes "Handbuch" ("How To Have A Number One The Easy Way") jedenfalls ließe sich auch prima auf die Blogger-Szene übertragen. Das karnevaleske Revolutionsgehabe mit all seiner romantischen Ironie allerdings wirkt heute, bald 20 Jahre später, weniger wie postmoderne, selbstverliebte Scharadenspiele (i.e. Masturbation mit Popkulturmythen), sondern eher wie eine burleske Blaupause für post-freiheitliche Überlebensstrategien: Wenn das Innenministerium™ uns bald alle zu staubmanteltragenden Kanalisationsbewohnern gezwungen hat, die sich nur noch flüsternd verständigen, wird die ClockworkOrangeMadMax1984-Welt dringend subversive Winke, Übertragungen von "Radio Freedom", den Traum vom mythischen Mumuland, viel Witz und den Glauben an die Liebe brauchen. Dies alles kann aber auch in anderen Zeiten nicht schaden.
Ach, und Herr Gheist, falls Sie mitlesen: KLF haben auch für unser Opernprojekt wertvollen Inspirationsgrund gepflügt!
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- Videos zu Last Train To Transcentral und 3 am Eternal
- KLF in der Wikipedia
- KLF in der Indiepedia
- Die sehr kompetente deutsche Fan-Seite
- Jimmy Cautys Videosammlung auf Youtube
- Timelords - Doctorin' The Tardis (Video)