Donnerstag, 20. September 2007


Hello Again!

Wir haben damals viel ausprobiert.
Wir waren richtig ein bißchen radikal.

(Don Pascal, "Bloggen war nicht mein ganzes Leben".)


Heute morgen, als ich gerade von meinem Frühstück am Büdchen zurückkam, hörte ich im Radio von einer kleinen Sensation. Howard Carpendale arbeitet an seinem Comeback! Viele werden da vielleicht mit den Achseln zucken - mir hingegen wurde wehmütig klar, warum ich dieses Jahr im Urlaub in einer ebenso instinktiven wie nostalgischen Anwandlung die Nähe der Ostseebäder gesucht hatte. Ich war ja nicht immer so! Bevor ich nämlich ein berühmter Maler wurde, drängte es mich in jungen Jahren als Sänger auf die großen bis mittelkleinen Bühnen - eine wilde Zeit und richtig eine kleine Karriere, an die ich nun schon lange nicht mehr gedacht habe.

Damals hatte ich unter dem Künstlernamen "Don Pascal" einen gewissen Erfolg. Mutig sang ich auf einer Talentprobe in Köln eines meiner selbstkomponierten Lieder ("Mädchen, um mich mußt du nicht weinen") und wurde prompt entdeckt. Neider spotteten zwar, damals wäre jeder, der drei Haare auf der Brust besaß und ein Mikrofon halten konnte, von einem Label unter Vertrag genommen worden, aber so war es bei der Gloriola nicht. Die suchten echte Künstler mit "einer eigenen Note", wie Wim Slooterhuijs, der große Produzent und mein erster Manager, mir immer wieder bestätigte.

Und eine Note hatte ich in der Tat! Ich war nämlich mit meiner wilden blonden Mähne so ein wenig verrückt, also ein bißchen flippig, und den kleinen Produktionskostenzuschuß für meine erste Single "Lass uns wilde Sachen machen" zahlte ich gern, denn viele Branchenberater sagten mir, daß es auf jeden Fall und schnell bergauf gehen würde. Und tatsächlich, bald ging ich auf Bädertournee und bespielte in den Kurhotels von Bad Breven bis Westerstede die Bühnen, die für viele die ganze Welt bedeuten. Damals hatte ich gerade den nur wenigen Leuten bekannten, augenzwinkernd gemeinten Hit "Mein Auto ist auch nur gelieh'n" im "Gepäck", wie man in der Branche sagt, und landete damit erstaunliche Erfolge. Wenn ich mich vom Rand der Bühne in der Konzertmuschel hinunter ins Publikum schwang, einer der meist recht stark gebauten Damen dort tief in die Augen blickte und die Zeile "Mädchen, um mich mußt du nicht weinen" heraushauchte - nun, dann wurde wirklich manches Auge feucht, und ich zog schnell ein fliederfarbenes Taschentuch, das ich eigens für diese Belange mit mir führte und in großer Stückzahl günstig von einem holländischen Im- und Exportunternehmer erwarb. Einer der vielen kleinen Tricks, ohne die ein Bühnenkünstler in der harten Welt des Schaugeschäfts nicht überleben kann.

Aber es gab auch Schattenseiten. Nach den Konzerten, allein in der Garderobe, überfiel mich oft eine düstere Stimmung, die alle Blumensträuße der Welt nicht aufhellen konnten. Diese Leere, die ich da spürte, nachdem der letzte Applaus verklungen war... manchmal habe ich geweint. Ich schrieb ein sehr persönliches Lied ("Ich bin nur ein trauriger Clown"), aber Wim war der Ansicht, es passe nicht zu meinem Image als junger, unkomplizierter Typ, mit dem man "dufte Sachen" machen könne. Ich habe dann manchmal heimlich getrunken.

Obwohl es noch heute gern zititerte Titel wie "Komm, du willst es doch auch" oder den kleinen Schmunzler "Wir können gute Freunde bleiben" erstmals vereinte, lief es mit meinem Debütalbum "In den Augen eines Träumers" ebenfalls nicht so gut. Die Plattenfirma, man muß es im nachhinein so sagen, unterstützte mich da leider nicht richtig. Wim war am Telefon oft nicht zu erreichen, Werbung wurde gleich gar nicht mehr gemacht, und auch ein versprochener Auftritt bei der Internationalen Funkausstellung platzte kurzfristig. Auch der Zusammenhalt mit den Kollegen aus der Schlagerszene zerbrach. Nun ja, Menschen kommen, Menschen gehen. War halt alles ein bißchen unglücklich.

Rückblickend kann ich also sagen, der Howard und ich, wir haben die Höhen und Tiefen dieses mörderischen Geschäfts kennengelernt. Wenn man auf der Bühne steht, so lautet eine alte Künstlerweisheit, ist es, als schaute man in den Rachen eines Krokodils. Aber, so hatte mir Wim, mein großer Mentor, immer gepredigt, man darf keine Angst vor dem Publikum zeigen. Man muß es beherrschen und zähmen - wie einen Freund.

Von meiner Langspielplatte wurde das mit einem modernen Discopolka- Rhythmus unterlegte Lied "Küssen, Knutschen - Kalamitäten" wohl in einigen Diskotheken auf Mallorca häufiger gespielt. Ein Bekannter schrieb das meiner Mutter. Aber leider kam es nicht mehr zu einer Tournee durch die spanischen Urlaubsorte. Ich bin sicher, es hätte meiner Karriere den letzten Schwung gegeben, denn Wim stand zu der Zeit, wie er mir immer versicherte, gerade mit Dieter Thomas Heck in sehr gutem Kontakt. Und so fiel es mir heute morgen wieder ein, wie ich fast gemeinsam mit Howard Carpendale in der Hitparade aufgetreten wäre. Von Kollege zu Kollege wünsche ich also viel Glück. Denk immer daran, Howie: Das Publikum ist ein Krokodil, aber du darfst den Rachen nicht fürchten!

(Ich widme diesen Beitrag meiner Mutter, die immer zu mir gehalten hat.)