Donnerstag, 13. September 2007


Begrabt mein Herz in Edinburgh

In a big country
Dreams stay with you
Like a lover´s voice
Fires the mountain side.
Stay alive.

(The Editors Big Country, "In A Big Country")

Ich versuche gerade, ein wenig betrunken zu werden, draußen ist es ja bereits dunkel genug. Fürs Tagebuch festzuhalten gibt es heute nicht viel, Einkaufen, ein paar kleinere Renovierungsarbeiten, noch einmal eine intellektuelle Auseinandersetzung mit dem Konzept Muffe & Doppelnippel (mein zweiter Roman wird so heißen), ein kurzes Dankgebet, weil sich das junge Pärchen in der Nachbarschaft nicht wieder so laut und ausdauernd gestritten hat wie gestern, Einkaufen, ganz wichtig, ein Konzept, wie alles besser wird, ein bißchen geschrieben, noch mehr gelöscht, überprüft, ob Arc*r wirklich diese Prono-Seiten sperrt, dabei erstaunliche Dinge entdeckt, weil ich nicht bei Arc*r bin.

Dann über die B-Bands meiner Jugend nachgedacht. Oder vielleicht mehr über bestimmte Lieder, deren man sich nicht entziehen kann - aus nostalgischen Gründen natürlich. Sie sind vielleicht nicht wirklich wirklich gut, aber man, also ich, verbindet halt etwas damit, eine Zeit, eine Stimmung, eine flüchtige Erinnerung. Nehmen wir Big Country, eine Band, deren Vorstellung von Sound heute wie der Geist von Onkel Albert in die Editors gefahren ist. Der Sänger hat sich aufgehängt, viel später, und streng genommen waren die auch immer bloß B-Klasse-Lala, aber doch für ein paar Jahre sehr präsent. Und live gar nicht lahm, wie Youtube beweist. Dort findet sich auch ein recht bewegendes Cover einer anderen B-Band dieser Zeit: The Alarm spielen gemeinsam mit Bruce Watson von Big Country den Song In a Big Country - und fast möchte ich - ganz untypisch für mich - ein wenig rührselig werden.

Weil ja jeder weiß, daß hier nicht Genies gerade eine neue Welt erschaffen, sondern ein paar Freunde an einen verlorenen Kumpel und an eine vielleicht nicht verlorene, aber für die meisten vergessene, Zeit erinnern. Ich glaube, für so was gibt es eh kaum eine bessere Ära als die 80er - verstrubbelte Musiker in zu großen Mänteln, die an britischen Steilküsten standen und Musik hinaus in den Atlantiksturm spielten. Are we not Pathos? No, we are Pathos!

Habe ich das schon mal erzählt? Vor zig Jahren, 1998, o Gott, auch schon wieder bald zehn Jahre her, war ich mal auf einem Nena-Konzert. Nena mit so einer Punkband als Begleitung im Grünspan, sie gab ein kleines Konzert für ihren Fanclub und ein paar andere Leute und spielte Stücke von Blondie, den Ramones - und natürlich ihre alten Hits. Ruppig, rauh, sentimental. Und alle, alle sangen mit - ich auch, und was hab ich früher diese Musik gehaßt! Aber es war ja dunkel, keiner hat mich erkannt und nie wird jemand davon erfahren. Ich habe davor bessere, bedeutendere Konzerte gesehen. Danach nicht mehr.

Deshalb sperrt schön die Ohren auf, hört Musik, geht auf Konzerte. Dann wird es in zwanzig Jahren sehr schön, wenn ihr, die warme Decke auf den Knien, auf Youtube oder das, was Arc*r davon zu euch durchläßt, die alten Kamellen hört. Prost, einen noch.

Radau | von kid37 um 01:54h | 20 mal Zuspruch | Kondolieren | Link