Mittwoch, 8. Februar 2006
So. Nun mal wieder die Krawatte geradegezurrt und mit ordentlich Spucke die Haare gerichtet. Herr Kid erzählt jetzt einen Film. Horcht fein zu, Kulturprogramm!
Einer meiner Lieblingsfilme nämlich ist zugleich ein frühvollendetes Meisterwerk eines Meisterregisseurs: La Strada (1954). Das bewegende (haha, "Straße" = "bewegend", got it?) Drama von Frederico Fellini erzählt die Geschichte vom armen Zampano. Der verdient sich sein Geld auf schweißtreibende Art als Eisenbieger und ist gezwungen auf Rente, Heim und Vorgarten zu verzichten: Er zieht mit dem Zirkus umher, sprengt auf dem Jahrmarkt die Ketten und ist auch ansonsten recht unverbunden.
Was ihm nämlich fehlt, ist eine Frau, denn es ist nicht gut, daß der Mensch alleine usw. Leider ist unser guter Zampano von der vielen Metallarbeit etwas gratig geworden. So kommt es, daß Gelsomina, die er aus desolaten Zuständen zu sich holt (denn er ist ein guter Mensch!), ihm nicht auf Anhieb alles recht macht. Nicht leicht hat er's, der Zampano! Aber so wie er geduldig Kettenglied um Kettenglied mit der Kraft seiner Muskeln sprengt, übt er im Stillen Nachsicht und denkt, sie wird's schon lernen, die Gelsomina. Braucht halt alles seine Zeit.
Ha! Das dumme Ding trietzt unseren armen Helden, wo es nur kann, und macht ihm das Leben eisenschwer. Statt eifrig zu lernen, kommt es wie es oft so kommt: Gelsomina fällt auf einen echten Possenspieler, einen Seiltänzer nämlich, herein und läßt sich von diesem Musterbild eines Windbeutels und Scharlatans ordentlich betören.
Klar, daß selbst ein großherziger Mensch wie Zampano vor soviel Undank ein wenig pampig wird und den Schaumschläger zur Rede stellt. Wer mag es schon, wenn sich Fremde derart ins Private mischen? Eben.
Der Seiltänzer aber ist eher so ein Weichei, fällt vom kleinen Schubs gleich um und markiert den sterbenden Schwan. Das wirft leider ein klein wenig ein schlechtes Licht auf unseren etwas grobmotorischen Zampano. Nicht nur das: Gelsomina spielt einfach krank und setzt sich sozusagen ab!
Am Ende (ich spule jetzt mal vor) irrt der arme Zampano hilflos wie das kleine Kind, das er ist, am Strand herum und ruft "Die Hölle, das sind doch die anderen!" (Daher das berühmte Zitat.) Er hat da echt so was von keinen Bock mehr auf soviel Ungerechtigkeit und Zuneigungsferne in der Welt, daß er bitterlich zu weinen beginnt.
Fazit (kann man so übernehmen für den Schulaufsatz): Zampano, der moderne Märtyrer, ein Aufklärer und Lichtbringer, bleibt zutiefst unverstanden und wird - ein Unbehauster! - von der menschlichen Gesellschaft in die Einsamkeit gedrängt.
Heute könnte er über sein Leid bloggen, aber das konnte Fellini (auch schon tot) nicht ahnen.