"Das betäuben wir lokal?" fragt sie. "Besser wäre es wohl oder schlagen Sie eine Alternative vor?" - "Wir haben noch einen Hammer für schwierige Fälle." - "Den kenne ich schon von daheim", behaupte ich und tue so, als würde sich dort jemand um mich kümmern.
"Der wirkt bestimmt bei mir nicht mehr, daran bin ich gewöhnt." Sie lacht und strahlt mich mit ihren blauen Augen an. Sie weiß, gleich werde ich kein dummes Zeug mehr reden können. Der Doktor schweigt. Ich weiß, er sehnt sich nach einer Zigarette. Dann legt sie mir das Tuch über das Gesicht, und ich höre für eine geraume Weile nur noch das Geräusch des Bohrers in meinem Kopf.
Wozu habe ich einen Dremel, denke ich und merke, das irgendetwas mit meinem Kreislauf ist. Das Adrenalin aus der Betäubungsspritze wirkt. Mit vielem Zubehör und - am Allerwichtigsten - einer biegsamen Welle. Die kann man für alles gebrauchen. Aber heute morgen lag überall Schnee, eine frische, blütenweiße Decke, und meine Finger waren klamm.
Als sie mir Tuch wieder wegzieht, streicht sie mir mit einer beinahe zärtlichen Geste eine Strähne verschwitzten Haars aus der Stirn. Dann setzt sie mir fürsorglich die Brille auf. Ich kann wieder ihre Augen sehen. "Wie kommen Sie denn jetzt heim?" fragt sie. "Ich nehme mir ein Taxi", lüge ich.
Auf der Treppe denke ich, vielleicht sollte ich wirklich mal eins nehmen. Aber dann nimmt man mir in der Apotheke 35,- Euro für Antibiotika und Schmerzmittel ab, von denen ich zuhause selbst genug habe. Bleibt es also doch bei der U-Bahn. Als ich die Ohrhörer einsetzen will, merke ich, daß ich kein linkes Ohr mehr habe. Irgendwie bekomme ich aber doch den kleinen Knopf in dieses Loch an der Seite meines Kopf gestopft. Autolux, "Here Comes Everybody" oder Xiu Xiu, "Crank Heart". Irgendetwas.
Draußen liegt Schnee. Er sieht gar nicht mehr so weiß und unberührt aus. Auf meinem Gesicht liegt eine Kühlkompresse. Ich wünschte, es wären die kühlen zarten Hände der OP-Schwester. Vorsichtig taste ich mit dem, was mal meine Zunge war, nach der Schraube in meinem Mund.
ist
ja
fürchterlich
nehmen
sie
nicht
das
eis
da
weg
zahnärzte sind feinde.
Danke für die Wünsche. Zum Glück schlafe ich stets den Schlaf des
Ich sinniere gerade über dem Beipackzettel der Antibiotika, die ich bekommen habe. Neben den üblichen Krankheiten wie Pest, Gonorrhoe, Syphillis und Mykoplasmen heilt das auch noch eine Menge andere exotische Beeinträchtigungen. Ein wenig stutzig macht mich der Satz, ich dürfe keine elektrischen Maschinen bedienen. Zählt Bloggen dazu?
Keine Milch. Aha. Aber wieviel Alkohol ich zum Desinfizieren trinken darf, steht da nicht.
Alkohol zum desinfizieren dürfen Sie in den Mund nehmen, soviel Sie wollen, Sie dürfen ihn nur nicht runterschlucken.... *g*
Sind Sie denn wenigstens gut versichert, oder geht das alles extra?
Wenn ich mich recht an meine Weisheitszähne-Rausziehereien erinnere, sind Kaffee, Tee und Rauchen (und Sport) heute auch nicht so angesagt. Und werden Sie heute Abend beim Zähneputzen bloß nicht übermütig. Ich habe einmal nach so einer Aktion vergessen, dass ich einen solchen Krater im Kiefer habe und war ein bisschen zu schwungvoll.
Ich wünsche Ihnen rasche und unkomplizierte Heilung, Herr Kid.
Trösten Sie sich, Frau Modeste, bei mir wirkt das auch nicht. Lässt die vollkommen unbeeindruckt.
Da ich mein Gold im Mund und nicht im Herzen verbaut habe, ist das mit den Damen naturgemäß schwierig. Mir geht es da so wie in diesen Strindberg-Filmen. Aber sollte sich etwas Interessantes ereignen, lesen Sie es hier natürlich als erstes. Hätte mir nicht heute morgen eine Bekannte geschrieben, ich solle nicht immer so pathetisches Zeug schreiben, würde ich jetzt sagen, Ach, ein Leben wie meins versichert doch keiner mehr. Würde ich vielleicht schreiben. So Strindberg-mäßig. Ich löse das so:
Nein, wie immer im Leben bin ich Selbstzahler.
[Edit: Auch gut für so ein T-Shirt. Ich bin Selbstzahler.]
So einen Kaffee hätte ich ja jetzt schon ganz gerne. Sport lasse ich dann heute mal weg.
Oder uns.
In Ermangelung des von Ihnen offerierten Granatapfels und Wassermelonen im Allgemeinen, probiere jetzt einmal ein Banane.
Sind Sie sich da wirklich so sicher, Herr Kid?
Meistens ist das mit der Küsserei ja so: Einige würden einen schon sehr gerne küssen, trauen sich aber nicht, und man selbst ahnt auch nichts davon. Bei anderen mag man nicht, obwohl die einen auch nur zu gerne küssen würden. Doch allein der Gedanke lässt einen erschaudern.
Und dann gibt es wiederum welche, die küssen einen, obwohl man das gar nicht will. Dabei handelt es sich vorzugsweise um alte Tanten, die einem nasse Küsse auf die Wange schmatzen. Irgendwann ist man dann zum Glück zu groß und zu alt, dann hat sich das erledigt.
Das andere aber leider nicht.
Bananen sollen ja glücklich machen. Also nur zu.
Scheint aber ein sehr weitverbreitetes Phänomen zu sein.
Close your eyes
and think of someone
you physically admire
and let me kiss you
let me kiss you.
- Morrissey: "Let me kiss you" -
Blaues oder schwarzes Garn?
Blau oder schwarz? Blutgetränkt, würde ich sagen. Ist ja kein Rückholfaden.
Was Ihr T-shirt angeht, ich war immer beides irgendwie. Und ich dachte, Sie brauchten so ein gelbes Papier für die KSK. Bei den Absurden ging es heute - nachdem es neulich fast eine geschlagene Stunde dauerte, das richtige DinA 4-Blatt wegen meiner Flockenproduktion in der Schneekugelmanufaktur zu bekommen -, geradezu rasend schnell. Auf Nachfragen ist ihnen sogar eingefallen, dass Sie mich eigentlich einmal einladen müssten. Die können dann aber keinen Termin direkt mit einem vereinbaren, sondern schreiben einen Brief. Der klingt dann ungefähr so freundlich wie eine Steuernachforderung von Finanzamt. Und wie ich die kenne, wollen sie mich dann wahrscheinlich montagsmorgens um 7.30 Uhr sehen.
Hübsch war auch der Spruch, als das sterile Tuch ein wenig verrutscht war: "Wenn der Herr K. mal seine Hände unter der Decke halten würde, und nicht so herumruckeln würde..." Dabei hielt man doch zu diesem Behufe früher die Hände immer hübsch über der Decke.
Morgen werden die neuen Zahlen aus Nürnberg vermeldet. Klingt nicht gut. Ich erinnere mich, daß ich auch mal montags um 8.00 Uhr dorthin mußte. Nur, damit mein Sachbearbeiter mir sagte: "Sie haben recht. Und wir können nichts für Sie tun."
Diese beiden Dinge aber hat mir das Leben schon beigebracht.
Als ich im vergangenen Monat die aktuellen Daten aus dem Bezirk auf dem Tisch hatte, habe ich mich selbst in der Statistik entdeckt. Die Zahl der Arbeitssuchenden endete hinten auf 1. Beim nächsten Mal kann ich dann nachschauen, ob sie mich ordentlich in die andere Kategorie verrutscht haben. Wehe, wenn nicht.
Fortan werden Sie stets mit einem breiten Lächeln durchs Leben gehen,
Wie geht es Ihrem Kiefer heute?
Heute war ich wieder beim Kieferchirurgen. Die nette OP-Schwester strahlte mich an, der Arzt war sehr zufrieden. Ich auch. Eine Ibuprofen, eher prophylaktisch, um meinen heiligen Nachtschlaf nicht zu gefährden, das war's. Jeden Tag brauche ich das nicht, aber es ist auch nicht weiter dramatisch.
Jetzt schleife ich immer so ein Stück Dornbusch hinter mir her, so kann mich keiner verfolgen. Mein Blut fange ich jetzt in so einer Schale auf. Und warte auf das Mirakel.
(man, erst Herr Sebas mit Zähnen, mit geschlagenem Gesicht und dann noch Pilzkulturen... jetzt Sie mit sowas... die toten Tiere immer, die ham schon gereicht für *schnellklicks* ...Bah! Ich möchte nicht wissen, was der nächste "enthüllt"... brrr)
Ich dachte auch, das Zeigen von Verletzungsfotos wäre der neue Trend beim Bloggen?
Beim Lesen Ihres Textes dachte ich doch glatt, 'Oh jetzt bin ich doch beim Herrn Sebas gelandet. Die Geschichte von der Krankenschwester'
Wer hat denn das Foto gemacht?
Aber mich will ja sowieso niemand küssen.
Na kommen Sie Herr Superkid.
Edit: *kleinlaut-weil-ja-doch-ein-wenig-respekt-vor-dem-supercowboy* Tut mir leid: heute bin ich auf Radau gebürstet.
Frau Cassandra, machen Sie wieder Kollegen betrunken und entlocken denen Geheimnisse, Sie Radauschwester? Üben Sie bitte Mitleid, ich bin doch noch halb bedröhnt - und darf bestimmt keinen Wein trinken (hab' die Info immer noch nicht auf dem Beipackzettel gefunden. Vielleicht ganz moderne Antibiotika...)
Mit den wenigen Kollegen, die ich kennengelernt habe, trank ich brav Milchkaffee, Wasser, frischgepressten Orangensaft und ein Tomatensaft war ebenfalls dabei.
Sie Schlawiner haben mich in den Alkoholrausch getrieben
Vergessen Sie die Beipackzettel. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich Alkohol und Medikamente bestens vertragen. (und man braucht viel weniger Alkohol, bevor sich die Wirkung entfaltet) Schlafen werden Sie danach auch viel besser. Vorsichtshalber rate ich zu drei vorbeugenden Aspirin vor dem Schlafengehen. Sie werden sehen, morgen geht's Ihnen großartig.
Manchmal wird man auch nicht richtig gehört. Das war ja die bittere Ironie dabei. Es war so unnötig. Manchmal wird man auch selbst hinters Licht geführt. Das ist immer unnötig.
Ich konnte immerhin Reue zeigen. Es gibt Menschen, die sind in ähnlicher Situation auch noch stolz auf sich. (Die zählen aber sowieso nicht.) Ich schreibe noch mal was zum Thema Moral, das habe ich Frau Evasive ja schon versprochen. Ich muß nur im Kopf wieder etwas klarer werden.
Das war doch aber nur ein klitzekleiner Rausch und ich habe Sie einfach reden lassen und habe nur an den richtigen Stellen mit dem Kopf genickt oder "aha?" gesagt. ;-) Daß aber andere Kollegen schon unter dem Einfluß von Tomatensaft das Singen anfangen, erschüttert mich. Was machen die, wenn ich mit dem 3. Grad anfange?
PS: Haben Sie schon mal auf rost.blogger geschaut?
Schlafen Sie gut :o)
(Verzeihen Sie den scharfen Ton. Mir gehen die letzten paar Tage ein, zwei negative Gedanken durch den Kopf.)
Schlafen Sie auch gut!
Die Kollegen haben nichts weiter erzählt, als dass es Ihnen gut gegangen ist. (Was mich natürlich sehr gefreut hat.) Gerede. Egal. Ich wünsche Ihnen das beste. (Ich glaube, ich befinde mich gerade in der Übergangsphase zwischen Kicherei zur Melancholie.)
rost.blogger scheint interessant. (nach langem rätseln habe ich auch gemerkt, dass ich vielleicht ein "de" hinzufügen sollte. Nicht immer funktioniert apfel c und apfel v.) Sehe ich mir noch einmal im nüchternen Zustand an.
Ich wollte sagen, mir geht es doch immer gut. Aber hier wird ja immer die Wahrheit erzählt. Und ich will auch nicht immer so hochmütig sein, wegen meiner emotionalen Ausgeglichenheit, von der sich einige eine Scheibe... öh. Ok.
Die Links auf Rost dürften Sie auch interessieren. Und wenn Sie dafür Beiträge haben, immer her damit.
Da gab es naemlich diesen Kieferchirurgen, der mir mal das Kiefer augebohrt hatte um von aussen irgendwelche Nerven abzuklemmen und Plastikkapseln auf meine Wurzel zu montieren. Neben Schmerztabletten und anderen freudigen Pillen, verschrieb er mir auch eine einwoechige Antibiotika-kur, um der Entzuendung entgegenzuwirken. Da ich kaum jemals mit Pillen (im medizinischen Sinne) in Beruehrung gekommen bin, und ich die Geschichten von alkoholfreien Wochen nur aus dritter Hand kannte, fragte ich ihn gleich nach der Notwendigkeit zur Enthaltsamkeit, weil mir ein wichtiger sozialer Termin bevorstand.
Er schuettelte bloss seinen Kopf und sagte das sei Unsinn. Solange ich nicht uebertriebe bis zum kotzen hin, sei alles OK. Das Problem mit Antibiotika sei bloss, dass der Magen etwas empfindlich davon werde. Man uebergebe sich dadurch schneller, und die Kur werde dadurch wertlos, weil man dadurch den Zyklus unterbrechen wuerde. Ich koenne getrost Alkohol trinken.
"Ich kann mich auch betrinken?"
"Ja, auch betrinken"
Schade dass er bloss Kiefernchirurg war. Sonst haette ich ihn zu meinem Hausarzt ernannt. Solche Typen darf man nicht loslassen.
Übertreiben Sies aber trotzdem nicht. Ob Alkohol und Medikamente zusammengehen, ist ganz sicher auch konstitutionsabhängig. Und wo sie eh so ein Sensibelchen sind ...
Ich wünsche Ihnen einen komplikationslosen Heilungsverlauf und keine weiteren Lobotomien dieser Art! *daumendrück*
Also Sie müssen immer noch einen druffsetzen!
Gute Besserung.
Alter Hagestolz, der ich bin, mußte ich meine Implantatschraube (Modell 37/8) selbst fotografieren. Gerne hätte ich im OP fotografiert, aber ich wurde ermahnt, meine Hände unter dem sterilen Tuch zu lassen.
Zum "selber Filmen" - ein Experimentalfilmfreund hat seinerzeit seine Warzenentfernung gefilmt und den Kunstfreunden präsentiert. Die waren nicht nur bleich sondern auch verärgert.
Splatterfilmfreunde sind allerdings auch nicht viel realitätsfreudiger. Ich habe den Meinigen tatsächlich fotografiert als er auf der Intensivstation lag. "Gebeutelt und Geschlaucht" im wahrsten Sinne. Und ich habe seine Rede aufgenommen fürs Weekend of Fear (www.weekend-of-fear.com - um mal diskret Werbung zu machen da). Er fiel nämlich aus, wegen seiner Intensivstationsgeschichte, ich mußte einspringen. Die Rede und sein Foto wurden eingeblendet, das war den Leuten dann doch zuviel Realität.
Leichtgängig war nach der ganzen Sache unsere Reise nach Norderney. Nebel und Wind im Februar - ohne Sonne aber harter Wind. Der hat uns geklärt.
Aber ich beobachte das! Schön, daß es sowas gibt. (Und Splatterfreaks sind doch alle Show-offs, das weiß man doch ;-))