2006 - The Year That Blog Broke

Erst schaltet man die Kommentare ein, dann lernt man einige persönlich kennen - zwei Schritte in die falsche Richtung. Wo man eigentlich nur senden wollte, machen, machen, machen, sendet es plötzlich zurück, das Medium, botschaftsbefreit, kreist um sich selbst, fängt an Hunger zu haben, zu brüllen und zu trotzen und die Windeln vollzumachen. Ein Wechselbalg. Und plötzlich macht man immer weniger, nimmt nur noch Rücksicht und falsche oft dazu, spürt plötzlich Köpfe im Hintern und fürchtet, die Augen zu öffnen, in der Angst, den eigenen selbst schon in jemandes... Man reagiert und agiert nicht mehr - tut nix, worüber zu berichten sich lohnte.

Und, ganz Generation Eigentlich, dann kommt man immer wieder zu dem Punkt, wo man sich bremsen muß, nicht zu rufen Wir nennen es Zeittotschlagen. Vieler Leute Wegbegleiter und Ersatzlebenlebender Craig Naughty James hat sein "1095 Tage Projekt" beendet und ein kurzes Resümee gezogen: I lost the love for the 1095 about a year ago.. roughly I guess when the comments were enabled.
Ich würde ja sagen, roughly, Craig, when you lost your love for Sarah, aber das geht mich erstens als Internetvoyeur nichts an und zweitens ist der Kern dennoch richtig. Siehe oben.

Man schreibt nicht mehr das Blog, das Blog fängt an, einen zu schreiben, will geschrieben sein, erst feed me, bald eat me und schon steht man da als sein eigener Blog-Pantoffelheld. Im Vergleich zu 2005 sind viele "Top-Blogs" nun Redaktionsblogs mehrerer Schreiber, Technik- und Fachblogs oder Guck-mal-ich-hab-einen-lustigen-Link-gefunden-Sammlungen. Die "Szene"? Ein bunter Haufen unterschiedlichster Interessen. Ich mag Blogs, die den Schreiber zum Thema haben. Hallo, das bin ich und this is some of my music.

Blogscout.de-Liste vom 23.11.2006
Die 15 Minuten gab es trotzdem. Platz 37 wäre aber eitler cooler gewesen.

Mir ist es ein wenig unheimlich, unbehaglich, dieses Gerede neuerdings von "Bedeutung erlangen" und "was erreichen". Die Blogs hier, die Blogs da - als wäre gleich der neue Mensch geboren. Überhaupt: Sie wollen nicht sein, erst noch was werden. Die Zukunft soll es bringen, bis dahin ein wenig in der extendierten Gegenwart spielen, Prozac Nation - Procrastination, immer in der Selbstgewißheit, man mache schon nichts Böses, gut im Herzen wie man ist.

Nein, das Abendland geht bekanntlich immer nur wegen der anderen unter. Und geht mal was daneben, wird das Köpfchen schiefgelegt und verlegen gelächelt und mit Kulleraugen ein "Ihr habt mich aber schon noch lieb?" gemurmelt. Ihr wollt alles machen, aber für nichts die Verantwortung tragen, stöhnte mal jemand über die Zauderer-Generation der 30-40jährigen. Craig hat in einem für ihn seltenen Anflug von Reflektion eigene Fehler erkannt und erklärt, aus diesen nun lernen zu wollen. Das ist ein guter Tip, vor allem jetzt für die besinnliche Zeit. Die Zeit der Bilanzen. Drei Jahre Naughty James, drei Jahre hermetisches Café. 1095 Tage - Zeit für genügend Fehler, meine Fresse. Zeit für Veränderungen. Das Motto bleibt.

Dieses Jahr war dennoch schön, alles in allem. Die Lesungen haben viel Spaß gemacht, ihr ward supernett zu mir. Das viele Reisen war gut. Menschen kennengelernt, die ich ohne Blog nie kennengelernt hätte. Natürlich auch ein paar, die man in der Schule schon mied, die Bullys und die Streber. Also Bänder geknüpft, ein paar auch zerschnitten. Tant pis, der Ozean ist groß genug. Nur die Fische sterben aus. Mit ein, zwei Menschen ist vielleicht noch was zu klären, das wird man sehen. Die nicht so schönen Dinge, zut alors, auch die eine Erkenntnis. Über mich, über andere.

Beifall spendet man, wenn es gut ist, nicht, weil man die Leute kennt. Gruppenkuscheln - und seien mir die Menschen noch so sympathisch - macht mich nervös, und an die Blogbedeutungsmafia, die mittlerweile ganz ungeniert vom A-Bloggertum schwadroniert, das hier die Richtungwechsel vorgebe, denke ich nur morgens, am Urinal, wenn sich meine Prostata entspannt. 2007 also will ich mal ein paar andere Fehler machen, überhaupt mehr machen. Bei dir steht auch viel Schrott, schrieb mir meine Lieblingskritikerin ins Gebetbuch. Genau so geht es! Ist nur ein Notizbuch, und Lourdes ein Ort auf der Landkarte. Vielleicht murmel ich nur noch solipsistisch vor mich hin (His Trionic!), vielleicht gibt es noch mehr, wie heißt es, Boulevard. Aber sischer dat. Boulevard of Broken Dreams. Oder whatever, hier gibt es ja nichts anzukündigen, als hätte ausgerechnet ich einen Geschäftsplan für diesen Bastard hier.

Wie Johnny Rotten sagte: I don't care. Und wie hoch ist eigentlich die Pacht für einen Forellenteich in Mecklenburg? Uns allen trotz allem von Herzen viel Glück mit all unseren Plänen. Auf all unseren Wegen.

Ah, das tat gut. Besser jetzt. Und nun wieder Luft! Durchatmen! Schnell zehn Liegestütz. Danach noch ein paar Filme sehen.

Bye, Craig. Mach mal was anderes. Mach einfach weiter.
The biggest risk in life is not taking one.

Tentakel | 16:37h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
diagonale - Mittwoch, 20. Dezember 2006, 17:48
Genau. Erst mal richtig sein und dann man gucken was wird.

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goetzeclan - Mittwoch, 20. Dezember 2006, 17:49
Na, sie können einen ja neugierig machen. Ich bin auf die "risks" gespannt und komme gucken. Bis dann. Frohes Fest.

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kid37 - Mittwoch, 20. Dezember 2006, 19:28
Nee, nee, das war keine verkappte Ankündigung großartiger Attraktionen. D.h., doch: Ich ziehe einen pinkfarbenen Hintergrund ein.

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diagonale - Mittwoch, 20. Dezember 2006, 19:46
Bitte nicht.

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dezentral - Mittwoch, 20. Dezember 2006, 23:40
Bitte lassen Sie das mit dem Pink. Machen Sie Ihr Ding, machen Sie einfach, wie Sie wollen, können, möchten - aber machen Sie. Bitte.

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fabe - Mittwoch, 20. Dezember 2006, 19:35
ich glaub ich mach nur noch morsezeichen. klopf klopf. auf den holzkopp, 3 mal.

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kid37 - Donnerstag, 21. Dezember 2006, 02:10
Dadida.

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the thilo - Mittwoch, 20. Dezember 2006, 22:39
Sie sind doch gar nicht Löwe, oder?
Brüllen können Sie aber, wie einer... :)
(Some boulevardshit) Hehe.

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burnster - Mittwoch, 20. Dezember 2006, 22:51
Großartige Überschrift. Aber was Craig betrifft, war ich schneller. Ich hab extra noch bei Ihnen geguckt.

In dem Jahr, als Bloggen groß wurde, fing ich an, abzufallen, falls das das Gegenteil von auffallen ist. Und es fühlte sich befreiend an.

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kid37 - Donnerstag, 21. Dezember 2006, 02:01
Pah. Ich mußte ein paar Tage warten, bis bei mir auch die 1095 auf dem Zähler war. Der war mir voraus, der Bursche.

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ruhepuls - Donnerstag, 21. Dezember 2006, 22:42
@burnster: oh, das will ich - neben dem kid-eintrag an und für sich - sofort unterschreiben, das mit dem abfallen.
ich fühl mich so wohl seit ich nur noch ein kleiner ruhepuls bin und um mich herum alles gar grauenvoll zu eskalieren scheint.
und fühle mich so zum glück nicht mehr als teil des irrsinns. oder höchstens noch als marginalie, denn das alles macht mich so müde..
(ich fühle mich heute so else-klingig und könnte noch einen recht langen blogosphärenüberdrüssigkeitsmonolog führen - aber suhle mich stattdessen lieber ein wenig in meinen generellen befindlichkeiten. der themenfindung wegen, natürlich.)

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the thilo - Mittwoch, 20. Dezember 2006, 23:01
Jetzt mal etwas konstruktiver...
Natürlich gibt es unterschiedliche Bloggertypen.
Ich habe als Kind nie! ein Tagebuch geführt, was ja die Idee eines Blogs ist. Eigentlich.
Ich wurde dazu quasi gedrängt, obwohl ich niemandem etwas Bestimmtes sagen wollte. Die Leute wollten wissen, wer sich hinter mir verbirgt. (Da steht übrigens nur Harvey)...
Heute nutze ich es dazu, Interessierten zu zeigen, was ich schön, witzig und interessant finde.
Das ist auch eine Aussage, die, wie ich finde, durchaus einen Rückschluss auf den Autor zulässt.
So, where's the sense?
Ähm, was ich eigentlich ausdrücken wollte ist, dass Sie zu der Art gehören, die auch durch Selbstaussage zu interessanten Themen führen...
Nur so.
Und weiter auch, bitte. :)

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kid37 - Donnerstag, 21. Dezember 2006, 02:10
Übergestülpte Konzepte widersprechen in meinen Augen der Blogidee. Man muß das halt leben, finde ich. Insofern ist diese oft belächelte "Selbstaussage" oder "Befindlichkeit" ein starkes Instrument und häufig der beste Blogmotor. Wenn man es schafft, dem Alltagstrottschrott die interessanten Facetten abzuringen.

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frau klugscheisser - Mittwoch, 20. Dezember 2006, 23:25
Ja, da verkappt man schreibend und schreibt verkappt. Und alles nur, um ein bisschen liebgehabt zu werden. Fresse aufreißen kann sich nur leisten, wer im Kuschelclan etabliert ist oder Käsebrote reinschiebt. Bloggen ist so öde ohne Leser. Hat mich denn noch irgendwer ein bisschen lieb? Ich geh mal Zugriffszahlen fragen.

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kid37 - Donnerstag, 21. Dezember 2006, 02:05
Bloggen ist öde ohne Leser, genau. Ich liebe alle meine Leser. Na ja, zwei, drei vielleicht nicht. Aber die lesen ja auch nicht, die reiben sich die Hände.

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calla - Mittwoch, 20. Dezember 2006, 23:56
das sind sätze, die ich mag. ... ist nur ein notizbuch, und lourdes ein ort auf der landkarte ...
natürlich. dennoch immer wieder das eine oder andere wunder. sind ja nur worte, sag ich, und bilder, die wir uns machen.
... I don't care. genau so geht das. (den jungen werde ich trotzdem vermissen.)

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kid37 - Donnerstag, 21. Dezember 2006, 02:07
Den Jungen? Rotten? Ach, Craig. Der macht weiter, garantiert. Auch einer, der viel Schrott produziert hat - um dann immer wieder echte Höhepunkte dazwischenzurotzen werfen. Sonst wäre es aber auch unheimlich, drei Jahre - und jeden Tag ein Superfoto.

Fast dran ist ja Ernesto Timor mit seinem Irregular-Blog. Ganz anderer Stil, großartige Fotos. Fast alle.

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shako - Donnerstag, 21. Dezember 2006, 06:59
Machense ruhich ...
... das mit dem Pink, fänd ich lustig. Wenigstens mal für einen Tag oder zwei. Aber dann bitte bei mir Bescheid sagen, damit ich auch gucken kommen kann. - Ansonsten: Herzlichen Glückwunsch zum 3-jährigen ... (mein Kleiner ist jetzt 3 1/2, hat laufen und sprechen gelernt und jetzt trotzt er auch manchmal. Das legt sich...;-) !

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kid37 - Donnerstag, 21. Dezember 2006, 11:24
Haha, warten Sie ab, wenn dieses Blog in die Pubertät kommt!

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pappnase - Donnerstag, 21. Dezember 2006, 11:57
au backe, bloss nich.
(meine töchter sind fast damit durch, da legt sich bisher nichts...)

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spork - Donnerstag, 21. Dezember 2006, 08:33
Die Sache mit dem Forellenteich in Mecklenburg. Ich wüsste da was... Forellen sind sehr empfindlich aber wenigstens nicht befindlich.

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kid37 - Donnerstag, 21. Dezember 2006, 11:26
Solange die nicht beschließen, eine Forellen-Partei zu gründen oder die Welt retten wollen, dürfen die ruhig befindlich sein. Empfindlich darf man in meiner Nähe aber nicht sein, das bin ich ja schon. Ich bleibe bei meinen Bienen.

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petersilie - Donnerstag, 21. Dezember 2006, 11:56
War Mecklenburg nicht eigentlich das "Land der Geflügelzüchter?"
Wie wär's denn mit Gänsen?
Die könnten Sie auf sich prägen...

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kid37 - Donnerstag, 21. Dezember 2006, 13:15
Die scheiden aus, die machen ja noch mehr Krach als die Blogosphäre.

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mark793 - Donnerstag, 21. Dezember 2006, 11:51
Zu so einem signifikanten Datum darfs gern mal meta-blogish hergehen im Café. Sehr schön, wie Sie hier vom Spezifischen ins Allgemeine kommen und zurück.

Eine Metapher bringt mich aber nun doch ins Stolpern: die morgendliche Entspannung Ihrer Vorsteherdrüse am Urinal. Beim schnöden Wasserlassen ist die Prostata ja eher nicht involviert, von daher frage ich mich schon ein wenig, was Sie da treiben. Oder nein, eigentlich will ichs nicht so genau wissen. Nur soviel: Wenn ich daran gehe, in dieser Körperregion Entspannung zu suchen, dann ist die Weblogbedeutungsmafia sicher nicht mein erster Gedanke. ;-)

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kid37 - Donnerstag, 21. Dezember 2006, 13:15
Ja und nein. Kommen Sie mal ins Greisenalter, dann reden wir weiter. Oder der Urologe Ihres Vertrauens. Und daß Ihnen keiner abgeht, wenn Sie an die Blogbedeutungsmafia denken, glaube ich gern. Ich hingegen neige eben zu unglaublich bizarren Fantasien und stelle mir etliche A-Blogger in hautengen Latexkostümen vor.

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kid37 - Donnerstag, 21. Dezember 2006, 13:17
Naughty James
Burnster hat einen tollen Beitrag über Craigs 1095-Projekt geschrieben.

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grinsekatze.org - Donnerstag, 21. Dezember 2006, 13:33
Welch wahre Worte zum Jahresende. Ich lese hier immer wieder begeistert mit, die einen Schreibarbeiten gefallen mir sehr gut, von einigen anderen bekomme ich Ausschlag. Aber so muss es sein, alles ist im Fluss und der kann nicht immer ruhig dahin fließen.

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