Wenn sie solche Reden führt, frage ich mich, ob wir nicht eine besonders privilegierte und verwöhnte Generation sind. Aufgewachsen zwischen den Entbehrungen der Nachkriegszeit und den Grausamkeiten der achtziger Jahre, sind wir Kinder unschuldigen Konsums und Erben jener Freiheiten, die die rebellierende Generation vor uns in den sechziger Jahren erstritten hatte. Wir kamen in den Genuß einer freien, vorzüglichen und doch irgendwie trödelnden Ausbildung, lebten dann die nächsten fünf Jahre von der Stütze, um unseren selbstgerechten politischen Überzeugungen hinterherzujagen, und begannen schließlich, in der Medienwirtschaft zu arbeiten und viel Geld zu verdienen. Weder Moral noch Religion hemmten uns sonderlich. Musik, Tanz, Ficken bis zur Besinnunglosigkeit, das waren unsere Götzen. Wir brüsteten uns, die freiesten Menschen aller Zeiten zu sein.
(Hanif Kureishi. Intimacy. 1998.)
Allein, das passiert nicht. Natürlich, weil es keinen Besitzstand gibt. Natürlich, weil meine Musik einfach geil ist. Aber auch, weil sich von "uns" keiner um was kümmert. Außer bequem im Internet zu sitzen oder vor dem Fernseher - "Graswurzel" zu rufen und alles käse zu finden. Ok, Schlingensief hatte mal eine Partei gegründet. Es ist noch nicht alles verloren.
(wird fortgesetzt)
Am Wochenende meinte ich ketzerisch zu jemanden, der es noch hören wollte, viele von uns seien ja grün, denn Natur geht immer und tut keinem weh. Dem Wald ist ja auch links und rechts egal, der wächst nach der Sonne. Ich weiß nicht, ob das reicht.
Ich werde morgen mal ein paar Bäume pflanzen. Oder einen Vogel retten. Das Rentenproblem habe ich ja schon gelöst, da sollten für andere drängende Probleme auch noch kreative Ideen zu finden sein. Ab Aschermittwoch natürlich erst.
(Ich hoffe, Sie wollten jetzt nicht auf Ihr geliebtes altes Rom hinaus. Kommen jetzt die Barbaren und hauen die schönen Blogs kaputt?!?)
Dieses Gerede über ganze Generationen mag ich eigentlich nicht. Ich kenne einige, für die waren die 80iger die schlimmsten Jahre. Geschuftet haben sie wie blöde und dann gingen der Reihe nach alle Türen zu, vor einem. Arbeitslos, und bereit für einen Job überall hin zu ziehen, alles zu tun.
Ich hatte das Gefühl, die Welt war schon verteilt, als wir kamen.
Da wir ja so eine wilde Jugend hatten, dürfen wir jetzt bs 67 arbeiten, das ist unser Privileg.
Dummerweise hat man das Ende der Zukunft überlebt. Ob mit Trödeln oder harter Arbeit. Sie haben aber recht: Natürlich sind das Verallgemeinerungen. Solche Generationenbeschreibungen betreffen meistens nur eine Eisbergspitze von Meinungsführern und Trendsettern , die das Charakteristikum einer Zeit besonders deutlich vertreten. 68 haben ja auch nicht alle auf den Barrikaden gestanden und nicht mal Rolling Stones gehört. Auch wenn das im Nachhinein, von Lehrern z.B., gerne behauptet wurde.
Und Jugend sollte immer wild sein, wer da was verpasst, darf das niemanden vorwerfen. Bald ist aber Weiberfastnacht, da dürfen Sie noch mal. ;-)