Artstadt



Ich war ja schon lange nicht mehr bei Karstadt. Ich meine, schon lange vor der siebenjährigen Pandemie, die uns wie unablässiger Regen in den Häusern hält. Noch weniger bei "Karstadt Sport", wo ich ab und an mal etwas fürs Rad oder zum Radfahren gekauft habe und einmal auch ein Theraband. Dann war es ja vorbei mit Karstadt oder Kaufhof oder Galeria, und dann stand auch Karstadt Sport auf einmal leer.



Nun hat aber auch Hamburg das Prinzip der Zwischenlösung erkannt und sich entschlossen, das große Gebäude am Eingang der Fußgängerzone zu bespielen. Für jemanden, dessen Leben eine einzige Zwischenlösung darstellt (bislang!), natürlich eine willkommene Einladung. Artstadt heißt das Ereignis nun. Im Erdgeschoss gibt es Kunst und eine Theke und wilde Nu-Metal-Musik, was das Ganze zu einer Art Chambre Close für normale Stadtspaziergänger macht, aber darüber weiß ich vielleicht zu wenig. Ich persönlich kenn da ja nix, wie man so sagt, weil Zögern ist nichts für Zwischenlösungen. Ja oder ja ist schließlich mein Motto.



Informationen zur Kunst sind hinter QR-Codes versteckt, die Meinungen, ob man dort etwas kaufen oder nur betrachten soll, gingen zudem auseinander. Ein Stapel Gurken sah interessant aus, manches war auch einfach noch nicht fertig installiert. Über den Sommer wird die Fläche noch von Kampnagel bespielt, Platz ist ja da und ein guter Wille auch. Mir scheint es auf jeden Fall interessanter als die Banksy-Postergalerie-Wanderausstellung schräg gegenüber im ebenfalls defunktionierten alten Kaufhofgebäude (in dem nach meinem gutem Willen die Stadt Hamburg hoffentlich bald ihr Naturkundemuseum errichten wird als Ankerpunkt am Eingang zur Innenstadt.)



Ein Gebäude als weiterer Möglichkeitsraum. Die leeren Flächen lassen Platz zum Träumen, ich würde da große Maschinen plazieren, die einfach nichts weiter tun, Fluggeräte und eine Ballettruppe. Livrierte Kellner würden herumgehen und den Besuchern sauber bedruckte Karten aus groben Karton überreichen, auf denen Sätze über fehlgedeutete Eulen stehen, aber in eigenen Worten. Vielleicht was Erotisches, aber nur gut verhüllt. Nähmaschinen, Regenschirme, all so was.

Hätte ich einen Klappstuhl dabei gehabt, ich hätte mich zum Ausruhen in die zweite oder dritte Etage gesetzt, die Wand betrachtet und ein paar lose Kabel. An Möglichkeiten gedacht. An eine Zwischenlösung.

Flanieren | 01:26h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
fidibus - Dienstag, 28. Juni 2022, 23:21
Der Mann im Mond! :-)

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kid37 - Mittwoch, 29. Juni 2022, 15:41
Und Saturnringe sind man von dort auch.

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samojede - Dienstag, 28. Juni 2022, 23:37
Wie Karstadt ist w e g ? Das Karstadt gegenüber vom Bahnhof? Finde die Idee und den Begriff Artstadt aber gut. Trotzdem:
🙊

?Das Bier ist so kalt wie das Herz meiner Ex?
🙊

- Ist das ganz unten ein Zerrspiegel oder sind Sie so... dünn geworden? Ich meine, Sie können ALLES tragen, aber trotzdem
🙊

- Wie sehen Sie das mit der documenta und der "Judensache"
🙊

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kid37 - Mittwoch, 29. Juni 2022, 15:48
Karstadt Sport & Spiel, genau. So wie der Kaufhof schräg gegenüber auch. Jetzt Bier im Foyer, WCs dann oben. Sie sehen die Inflationsbereinigung an meinen Hüften. Nur noch Graubrot und Sardinen aus der Dose. Die fetten Jahre sind vorbei.

Documenta - ein Trauerspiel. Fahrlässig verpatzt, muss ich leider sagen.

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fritz_ - Mittwoch, 29. Juni 2022, 18:13
Documenta. Es war ja keiner gewesen. Keiner hat's kommen sehen, keiner ist verantwortlich. Niemand tritt zurück, niemand geht zum Schämen in die Ecke. War ein bedauerliches Versehen. Passiert halt, kommt vor. Kannste nix machen.

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kid37 - Donnerstag, 30. Juni 2022, 22:58
Ganz generell fand ich ja die Kommunikation oder sagen wir, wie es ist: die Werbetrommel rund um die diesjährige documenta schon im Vorfeld recht zaghaft. Da muss doch Aufbruchstimmung und Spannung erzeugt werden, da will man doch hin! Und dann noch das Neuro-Ticket! Documenta statt Sylt, würde ich instagrammieren. Stattdessen: Kreissparkassenflair und eine Krisenkommunikation, die den Namen nicht verdient. Diskursfern. Kippenberger hätte ein Bild dabei, "Ich kann hier beim besten Willen keinen Antisemitismus erkenn"...

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twasbo - Freitag, 1. Juli 2022, 14:49
Was aber, wenn das ganze Leben, und nicht nur das bisherige, eine Zwischenlösung wäre? Die endgültige Auflösung gibt es mit einiger Sicherheit erst am Ende, mindestens im wörtlichen Sinne.

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fritz_ - Freitag, 1. Juli 2022, 15:28
Grämen Sie sich nicht. Die Flapsigkeiten, die wir hier aus dem Ärmel schütteln, sind noch das Intelligenteste, was zum strukturellen Hoppla-Antisemitismus im besten Deutschland aller Zeiten bis jetzt gesagt wurde.

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samojede - Samstag, 2. Juli 2022, 13:16
Bitte holen Sie sich schönes Rüblibrot, welches es bei sogenannte Kamps gibt. Es ist nicht sooo teuer, nehmen Sie sonst ein halbes - Qualität vor Quantität sag ich immer - schmeckt lecker (ist saftiglockerflockig mit Quark und kleine Karottenstücke drin, Kruste allerdings nicht kross). Dann Butter drauf, daß Sie wieder zu Kräften kommen❣


Naja, auf jeden Fall schade um documenta und der ihr Ruf. Und überhaupt.

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kid37 - Sonntag, 3. Juli 2022, 22:42
Das ist ein sogenannter Brutto-Netto-Spiegel, der mich quasi inflationsbereinigt anzeigt. Das Rüblibrot kennei ch, das ist wirklich lecker. Leider hat es hier ja keinen Bäcker. Muß im Grunde Erde essen.

@fritz: Ich bin sowieso kein Fan von Kunst, die zum reinen Botschafter oder zur Einkleidung für irgendwelche Konzepte degradiert wird. Dann soll man Poster drucken.

@twasbo: Der Mensch als Zwischenlösung. Ich setze ja auf Ameisen. Die sind sehr intelligent. Haben nur leider keinen Daumen, sonst könnten sie verstärkt Werkzeuge benutzen und Autos entwickeln. Oder eben Kunst machen. Obwohl, das können sie ja bereits, wie Maximilian Prüfer zeigte.

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fritz_ - Montag, 4. Juli 2022, 14:33
Schon ok. Es gibt viele Arten, nicht über Antisemitismus zu sprechen.

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kid37 - Montag, 4. Juli 2022, 15:40
Es wird doch überall gesprochen und gemeint. Da fühlen sich jetzt ja ganz viele wieder einmal sehr kompetent und berufen. Vor allem Leute, denen die documenta im Grunde völlig egal ist. Mich interessiert aber der Weg, den die documenta als Schau konzeptionell einschlägt. Und da frage ich mich, wo bleibt die Kunst?

Bislang habe ich (medial) nur ein schlechtes Agit-Prop-Poster gesehen. Dafür fahre ich nicht dahin. Ich möchte Sachen dort erleben können wie z.B. die fantastischen Werke von Nicole Anona Banowetz. Die haben ja auch etwas über uns und unsere Gesellschaft zu sagen, sind dabei aber sinnlich und überraschend und faszinierend. Und brauchen zugleich Platz und eine gewisse Größe, um auch überwältigen zu können. Das hätte man alles in Kassel machen können. Nur ein Beispiel.

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samojede - Montag, 4. Juli 2022, 20:36
Yep.
Man könnte auch jemanden von hier dort Raum geben.Einfach so. Für die Kunst und Nische und nur als Beispiel.















🎨

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kid37 - Dienstag, 5. Juli 2022, 20:29
Zum Beispiel. Oder die biomorphen Skulpturen von Nicole Anona Banowetz.

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kid37 - Montag, 4. Juli 2022, 17:53
Ach, guck. Kaum fängt man was an... Jetzt macht Patti Smith auch diese Spiegelsache.

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