If we can't fix it - it ain't busted

"Today's world is one of impenetrable complexity and sophistication. But perhaps in our ever-accelerating advancement, we have left behind more than our ability to comprehend our machinery. Have we also left behind a whole culture of tinkering, fixing and maintaining the very devices that intimately facilitate and impact our everyday lives?"



"Du und deine Provisorien!" hieß ein möglicherweise genervter Ausspruch einer früheren Bekannten, wenn ich mal wieder geschickt, auch mutig und auf jeden Fall ungewöhnlich mit einem Weinkorken, einem halben Meter Paketschnur, einer handelsüblichen Umlaufrolle und zwei nur mäßig angerosteten Schrauben repariert hatte. "Geht doch!" war stets meine fürs Endergebnis doppelt unterstrichene, aufregungslos zurückgeflexte Antwort, während ich Hammer, Zange und Schraubendreher zurück in die Werkzeugkiste schubste.

Als Jean Tinguely des Heimhandwerks heilt man mit der Kraft der Eingebung, wer Details und gerade Kanten will, muss eben eine:n Ingenieur:in heiraten. Oder er sucht sich einen Arthur Gerstle, einen Mann mit einer Werkstatt, viel Geduld und noch mehr Know-how über das Wesen und den Kern der Mechanik. Er war Kameramann in Hollywood, ein Bastler und Mechaniker, der offenbar jede kaputte Maschine zum Laufen bringen konnte. Ein Zeitzeuge des 20. Jahrhunderts auch, der 1906 geboren, noch Pferdekutschen kannte und die Entwicklung von Autos, Kühlschränken und Computer miterlebte. Er starb 1993. Sein Enkel hat nun aus Gegenständen seiner Werkstatt eine Installation gemacht, die Bilder aus dem begleitenden Buch gibt es hier.

Wir haben diese Fertigkeiten größtenteils verlernt. Unsere Maschinen sind nicht mehr zu reparieren, jedenfalls nicht so, daß dafür ein Weinkorken und eine alte Schraube reichen würden. Ihr Funktionieren halten sie vor uns verborgen, sie wollen kein Verständnis und wir haben es auch nicht. Und wenn es heißt, eßt nichts, was Großmutter nicht als Nahrungsmittel erkannt hätte, möchte ich anfügen, benutzt nichts, was Arthur Gerstle nicht hätte reparieren können.

Augenzucker | 21:04h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
nnier - Sonntag, 18. September 2022, 11:41
Es geht nicht so sehr darum, was man repariert, sondern dass man repariert, deswegen klingt das weggelassene direkte Objekt in Ihrem Einstiegssatz so positiv bei mir an. Vieles geht heute mit Kabelbindern und Panzerband, auch das ist in Ordnung; aber ich freue mich tatsächlich am meisten an Schnüren, Korken, flachgeklopften Konservendosen. Und nicht selten geht es ganz ohne Material: Aufschrauben, sich am Kopf kratzen, wieder zuschrauben, funktioniert!

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kid37 - Sonntag, 18. September 2022, 14:15
Reparieren kann auch absichtsloses Tun sein. So wie ein zielloser Spaziergang durch ein technisches Gerät, bei dem man an jeder Ecke Kleinigkeiten oder auch Erstaunliches entdeckt. Vielleicht sollte ich ein Buch schreiben über das Reparaturflanieren, so wie die Betrachtungen über die Spaziergangswissenschaft. "Die Zärtlichkeit des Reparateurs ist das Vergnügen der Geräte." Zu diesen Tätigkeiten gehört natürlich, dass die Geräte den invasiven Neigungen überhaut nachgeben. Weshalb ich nur solche im Haus habe, die älter sind als 50 Jahre. Danach ist ja alles schon undurchdringliche Black Box.

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fidibus - Sonntag, 18. September 2022, 14:29
(Bin bass erstaunt, dass Sie das neumodische Wort "Schraubendreher" verwenden. ;-))

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kid37 - Sonntag, 18. September 2022, 14:48
Sonst gibt es ja wieder Shitstorm, Belehrungen und Anwürfe von Technikignoranz. Ein jeder weiß, daß es Schraubenzieher heißt, von alters her!

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