"Actually, we have no connection to people"



Ich stehe nicht im Verdacht, ein besonderer Fan von Madonna zu sein, auch hatte sie vor einiger Zeit mal einen obskuren Beitrag auf ihrem Instagramkanal, der wie ein Containerschiff merkwürdig quer lag. Irgendwas Verschwurbeltes zum Thema Corona, aber gut, die Nerven liegen bloß. In Sachen - teilweise überraschend hingerotzter - Selbstinszenierung macht man ihr allerdings nicht viel vor. Und bei ihren eigentlich immer recht sicheren Näschen für das passende Begleitpersonal. Sei es Fotograf Steven Klein, der seit Jahren ihre visuellen Kundenkontaktprospekte mit oft düsteren Inszenierungen begleitet. Oder die Schar an angesagten und Geheimtipp-Produzenten, die Saft und Knack unter ihre Lieder legen.

Im kleinen Begleitfilm zum Album Madame X gibt es so manches Fragezeichen, ein bißchen Matrona statt Madonna, aber auch ein paar Spottismen auf Instagram und Social Media. Von der Illusion ist da die Rede, vom Irrglauben, soziale Medien erzeugten eine Verbindung zu anderen. In einer Zeit, in der so viele Geschäftsmodelle und Karrieren auf Social-Media-Reichweite basieren, ist das ja für Öffentlichkeitsarbeiter kein locker dahingesagter Spruch. Aber wer kennt sich besser aus mit Show und Schein und Vormache als Madonna?

Von Madge, wie wir Internetfreunde sie liebevoll nennen, soll ich übrigens ausrichten, was für Blogger und Autoren die perfekte Begleitmusik ist, wenn man nachts wie sie über der Schreibmaschine brütet und für das Quarantäne-Tagebuch Gedanken über moderne Kunst sammelt [Instagram]. Lee Morgans Album Sidewinder nämlich, das vermutlich aber sowieso in jedem gutsortierten Musikhaushalt vorrätig ist. Das höre ich auch gerne abends, während ich über der Schreibmaschine zum Beispiel darüber nachdenke, daß die Dadaistin Elsa von Freytag-Loringhoven, die als wahre Erfindern von Duchamps berühmten Urinal gilt, als Elsa Plötz geboren wurde. Ich höre dann Sidewinder wie es von der Dachterrasse hereinweht und fühle mich Madonna ganz nah.

Madonna andererseits heißt von Haus aus Madonna Louise Ciccone, was irgendwie mehr Klang hat als Plötz. Meine Meinung. Jedenfalls, Madonna und ich haben keine Verbindung. Sie folgt mir nicht einmal auf Social Media.

>>> Geräusch des Tages: Lee Morgan, Sidewinder

Radau | 19:22h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
herzbruch - Montag, 29. März 2021, 22:59
Als Tochter eines studierten Jazz-Trompeters (man sagte ja Jazz, also Jatz, Leute die Jazz, also Djess sagten, wurden in unserem Haushalt nur belächelt) war mein Weg ja vorgezeichnet, und ich hatte keine andere Möglichkeit, als irgendwann da zu landen, dass ich die Prägung offen ausleben kann. Mein Vater litt damals sehr, als ich 1986 sehr laut zu Papa don?t preach im Kinderzimmer tanzte. Die letzten zwei Tage am Sterbebett spielten wir ihm abwechseln Lee Morgan und Louis Armstrong vor, auf der Beerdigung spielte am Grab ein Trompeter Autumn Leaves. In der Kirche wippten wir allerdings alle zu Take Five mit dem Fuß. Jatz. So versatil.

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kid37 - Montag, 29. März 2021, 23:53
Das ist natürlich pure Provokation, vor dem Vater "Papa Don't Preach" zu tanzen. Ich zum Beispiel war als Kind immer brav. (Wir hatten aber auch keine Musik.) Schöne Musikauswahl jedenfalls, ein würdiger musikalischer Schlußsatz.

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herzbruch - Dienstag, 30. März 2021, 09:22
So entscheiden sich Leute halt unterschiedlich. Ich bin ja eine sehr brave Erwachsene. Immer nett.

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