Aus dem Familienalbum #4
Nennen wir ihn Ishmael. Mein Ur-Urgroßonkel väterlicherseits, der im 19. Jahrhundert nach Nantucket auswanderte und auf Walfängern anheuerte, um für hart verdiente Heuer auf den Meeren den begehrten Tran zu erbeuten. Er konnte wohl gut mit Fischen, die waren sozusagen sein Metier. Von ihm ist in unserer Familie der Spruch überliefert, von dem wir nicht so ganz wissen, was er eigentlich bedeutet: "Pack niemals einen Hai am Schwanz!"
Heute weiß man, Haie sind sensibler als gedacht, aber eins wußte er auch - und auch das ist ein Sinnspruch in unserer Familie - nicht jeder Fisch ist harmlos. Großonkel Ishmael, der Sturm getrotzt hatte und Kaventsmännern, hatte wohl Respekt gesammelt. Ein Mann einfacher Schulbildung, sicherlich kein Intellektueller, soll er auf See wohl ein Getriebener gewesen sein. Es hieß, ein großer Fisch habe ihn einst ernstlich verletzt, seither zog es ihn immer wieder hinaus aufs Meer, weil er an Land keinen Frieden finden konnte.
Der tapfere Onkel gilt als verschollen. Nach dem, was man weiß, ist sein letztes Schiff in schweren inneren und äußeren Stürmen irgendwo aufgelaufen, jedenfalls soll es zerborsten und gesunken sein. Angeblich soll er als Einziger überlebt und sich an einem obskuren Trümmerteil festgehalten haben, aber auch wenn der Untergang Wellen schlug bis in die Gazetten seiner Zeit, ist nichts Genaues bekannt. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo da draußen; sie liegt auf dem Grund des Meeres.
Fehlt bloß noch ein Holzbein, das dem ganzen Schiff wie ein Metronom den Takt vorgab, wenn er die Nacht durch rastlos über Deck schlurfte.
Ich vermute, der Hai biß erst nach dem Foto zu. Vielleicht ausgelöst durch den Magnesiumblitz. Vielleicht kommt daher auch Uronkels warnender Spruch: "Faß niemals einem Hai an den Schwanz!"
Der gefährlichste Fisch ist ja der Pottwalfisch, wegen seiner meterlangen Fangzähne, die er mit allen großen Raubfischen teilt. So wie sich auch manche Sozialrentner die Gebisse mitsamt Haftcreme teilen.
Neulich war Graf von Irgendwas im Fernsehen und hat erklärt, wie wenig gefährlich oder überschaubar gefährlich Haie eigentlich sind im Vergleich zu dem Image, das sie haben. Ich weiß aus Lebenserfahrung nur, Fische können härter sein als man denkt.
Der Anverwandte scheint übrigens im Lauf seines langen Lebens immer jünger geworden zu sein. Vom Ur-Ur-Großonkel über den Großonkel zum Onkel in ein und derselben Person – der Gute war eine Art Benjamin Button der mittelalterlichen Pleistozän-Renaissance.
Das stimmt, ich habe mich da immer weiter rangeonkelt, je mehr ich erkannte, wie viele Ähnlichkeiten wir haben. Ich glaube, wir haben auch die gleiche Nase. Für Abenteuer jedenfalls.
Beim Anblick des Fotos dachte ich spontan "Die Hose hat Hochwasser!". Irgendwie ist das auch so ein Ururgroßonkelbegriff, glaube ich. Wie Kaventsmann. Wunderbares Wort.
Denke mal das ist 1 Culotte?!
@Samojede: Modisch macht Ihnen wie immer niemand was vor.
@Frau Eff: Das war damals auch nötig, damit die Hose nicht vom knöcheltief stehenden Blut und Tran auf dem Deck verschmutzt wurde. Funktionskleidung à la 19. Jahrhundert.
Das ist ja alles gut und schön, aber warum ist die Photographie so unscharf? Früher hat man an und für sich keine derart verwackelten Aufnahmen an den Kunden weitergegeben, solche Abzüge sind normalerweise noch im Labor in den Papierkorb gewandert. Irgendetwas stimmt hier nicht. Könnte es sein, dass der Onkel den Photographen genötigt hat, ihm alle Abzüge auszuhändigen, dieser sich geweigert hat, es zu einem Handgemenge kam und der Photograph bewusstlos im Labor lag, wo sich der Onkel am Papierkorb zu schaffen machte? Das wäre immerhin auch ein nachvollziehbarer Grund, warum er untergetaucht ist (kurz nachdem er diese Aufnahme noch ins Album geklebt hatte).
Es ist nach wie vor merkwürdig, warum auch in unserer Familie niemand genau seinen Namen kennt. Wir haben nämlich Zweifel, ob er wirklich "Ishmael" hieß. Irgendwas wird da schon gewesen sein. Hier vermute ich, daß die Photographie einfach sehr lange in Seekisten lag und extrem feuchter und salzhaltiger Luft ausgesetzt war. Daher wohl auch dieser komische Schleier darüber. Immerhin - hätte er es auf einem USB-stick gespeichert gehabt, könnte man den nach hundert Jahren gar nicht mehr auslesen. So oder so finde ich, ist eine gewisse Familienähnlichkeit trotz all dieser Widrigkeiten unverkennbar.
Hier zum Vergleich ein Foto von
Owen Chase, Maat an Bord der
Essex, die sogar von einem großen Wal gerammt wurde. Solche Gefahren gab es ja auch. (Man könnte Bücher darüber schreiben!) Das Bild sieht irgendwie auch nicht so dolle aus.
Patina und grokörnig ist nicht dasselbe wie verwackelt!
Was ich als Hobby-Kommissarin aber viel interessanter finde ist Ihre Betonung der Ähnlichkeit mit dem Herrn Onkel. Das wurde doch gar nicht von mir thematisiert, warum diese Rechtfertigung? Bei einem Verhör mit dem Angeklagten ist immer besonderes Augenmerk auf beiläufige Begründungen zu richten, die von seiten der Anklage gar nicht vorgebracht wurden. So hat sich schon mancher Täter selbst überführt!
Dahinter steckt ja nur eitler Stolz. Ich wünschte mir natürlich, selbst so einen gefährlichen Fisch erlegen zu können und lässig in die Kamera zu halten. Da sucht man nach jedem Fitzel Ähnlichkeit. So wie mir klar wurde, warum ich so ein gewinnendes, breites Lächeln habe - weil ich am selben Tag wie Julia Roberts Geburtstag habe. Das verbindet!
Julia Roberts ist schon 37?!?
P.S. sehr gut auch als Vorbild geeignet ist die schon ein wenig ältere Cornelia Froboess. Gerade weil sie nicht mehr 37 ist, das zeigt wie gut ihre Gene tatsächlich sind!
Falls die jüngeren Leser gerade nicht wissen, von wem die Rede ist:
https://www.youtube.com/watch?v=H63kiYgMUEM
Der Jahreszeit angemessen. (Und ohne Badehose am See wird man in Berlin ja schnell ein Star im Internet, die Schweine!)
Die Unterhaltungskunst ist mir daher quasi in die astrologische Wiege gelegt, ich möchte da noch auf Eros Ramazotti verweisen. Ist ja von der Bühne herunter auch ein wenig wie die Angel auswerfen und um Beifall fischen.
"Grande Emozione"! Gut. Aber sonst gibt es schon viele Ähnlichkeiten.
Waren Sie auch zweimal verheiratet?
Eros muß da für sich selber sprechen. Ich bin katholisch getauft und habe mich selbstverständlich aufgespart für wenn eine Meerjungfrau kommt.
Das könnte für Ihre Leserinnen von Interesse sein, daher die direkte Frage! Welche vielen Ähnlichkeiten es sonst mit Eros gibt, möchten die hier mitlesenden Damen vielleicht auch gerne wissen. So ein Blog ist ja eine ideale Kontaktbörse, das sollte man zu seinen Zwecken nutzen, nur keine falsche Scham! Man könnte auch einen Meerjungfrauen-Steckbrief hier veröffentlichen. Dann kann die passende Meerjungfrau gleich feststellen, ob sie als Bewerberin Kontakt aufnehmen sollte. Es muss nicht immer alles über Tinder und Parship geregelt werden. Auf diese Weise könnten alte Blogs wieder belebt werden. Dann weht eine frische Brise durch die alten Gemäuer!
Mir fehlt die Ähnlichkeit auf dem Konto! Da sind leider nicht nur astrologische, sondern astronomische Unterschiede zu verzeichnen. Bin also leider nur an reichen Meerjungfrauen interessiert.
man möchte aber schon auch wissen, wo das Glas halb voll ist, also was drin ist!
Meine Wohnung liegt am Wasser, die Meerjungfrau hätte also eine bequeme Anreise.
(Da fällt mir meine Ankunft in New York ein, als ich gerade angekommen war, schnell frisch gemacht und gleich wieder los, weil ich verabredet war - und in eine U-Bahn voller Meerjungfrauen stieg, die mehr oder weniger derangiert von der
Parade kamen. Schöner bin ich kaum je von einer Stadt empfangen worden!)
Gibt es von der Parade auch Postkarten? Ich könnte mir da durchaus eine Performance vorstellen, wobei ich zu faul wäre, mir eine große Flosse zu basteln. Wo soll man denn dann anschließend auch hin damit. Ich ziehe Postkarten mit kleiner Requisite vor!
Von der Parade kenne ich keine, aber ansonsten gibt es natürlich ganz, ganz viele hübsche
Karten. Vielleicht müßte ich eine malen.
Es zieht sich ein fast biblischer Unterton durch diese Geschichte im
Spiegel. (Wegen solcher Gefahren ging mein Ururgroßonkel ja nur mit einer Harpune aus dem Haus.)