Wave of Mutilation



Hinter meinem Rücken, so vernahm ich, wurde wieder gelacht. "Wie will der denn seine Strahlenkanone betreiben, wenn die ja mal fertig sein sollte?" hieß es. Und: "Der kann ja nicht mal seine normalen Stromrechnung bezahlen." Nun ist daran viel Quatsch, aber auch nicht alles. Gleich meinem berühmten Vorbild Nicola Tesla, der einen ähnlich kecken Schnurrbart trug wie ich, habe ich nicht nur ein Übermaß genialer Ideen, sondern leide auch an chronischer Unterfinanzierung meiner gewagten Projekte.

Dennoch weiß ich nun, wie ich genügend hochfrequente Energie bereitstellen kann, um meine Strahlenkanone (hier noch mal das Modell) zu laden. Mein neuester Prototyp, eine selbstkonstruierte Vakuum-Elektronenröhre mit der Modellbezeichnung EL 4237 wird genügend Leistung bringen, die ich über einen - noch zu konstruierenden - Transformator mit freischwingenden Kupferspulen im Bereich von 21 MHz (das ist noch relativ niederfrequent für diese Art Anwendung, wie jedermann sofort bemerken wird) über die Kanone abfeuern kann. Und zwar fokussiert!

Noch funktioniert diese Technik konstruktionsbedingt nur über lange Kabel und ist noch nicht für den mobilen Einsatz gedacht. Denkbar ist aber eine tragbare Einheit mit einer auf den Rücken geschnallten Batterie und der Röhre als Helmaufsatz.

Sollte also hier in Hamburg abends mal das Licht der Straßenlatern stärker flackern als gewöhnlich oder der Empfang von Netflix auf Kurzwelle gestört sein, dann kann es sein, daß gerade meine Röhre aufheizt und erste Impulse abstrahlt. Bitte nicht in Panik geraten und an die gehamsterten Vorräte gehen. Das ist nur ein Test! Der ist aber gut für die Zukunft.

Die wird strahlend, wenn ich erst diesen Siegelring habe, den es in den 50er-Jahren von einem Cerealienhersteller gab. Bei Messy Nessy kann man das nachlesen (Punkt 8): "When the red base (which served as a “secret message compartment”) was taken off, and after a suitable period of time for dark adaptation, you could look through a small plastic lens at scintillations caused by polonium alpha particles striking a zinc sulfide screen." Wie immer, wenn es um Atomkraft geht, ist alles ungefährlich, und so denke ich, taugt der sicher als hübscher Hingucker und Gesprächsstarter auf gedimmt beleuchteten Partys, wo ich dann schüchtern fragen kann: "Willst du mal meinen Ring gucken?" - und dann steckt man die Köpfe zusammen und schaut durch die verkratzte Plastikscheibe auf das Blitzen des Poloniums. Aber nur heimlich.

Wunderkammer | 18:37h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
fidibus - Mittwoch, 26. Februar 2020, 23:54
Wie aufregend! Eine Röhre, die die Antwort auf alle Fragen weiß. (Ein klitzekleines bisschen beunruhigend ist es aber auch.)

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kid37 - Donnerstag, 27. Februar 2020, 00:15
Und das Beste ist, wenn ich erst die mobile Lösung mit der Batterie auf dem Rücken entwickelt habe, könnte man einen kleinen Kasten (für am Bauch zu tragen) mit Relais bauen, die durch z.B. auf Lochkarten "gespeicherten" Programmen laufen. Dadurch wären vielerlei Anwendungen auch unterwegs möglich: Nachrichten versenden, nach auf Lochkarten gespeicherten Karten navigieren und schlußendlich allerlei Fragen beantworten!

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fidibus - Donnerstag, 27. Februar 2020, 01:33
Es bleibt da noch zu klären, welche Erziehungsmaßnahmen man bei der Programmierung einbaut. (So nach der Art: Wer unfreundlich fragt, wird erst mal in die falsche Richtung geschickt.)

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kid37 - Donnerstag, 27. Februar 2020, 01:54
Strafe durch Rebellion? So bin ich ja nicht! Ich bin da ganz zugewandt und freundlich und schlage ein Konzept vor, das Programmierer zu allen Zeiten implementiert haben: Bei Fehleingabe zwingender Neustart des Systems.

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fritz_ - Donnerstag, 27. Februar 2020, 02:16
Ich erinnere mich von Seiten der Firma meines Opas an die NC-Maschinen aus der Zeit der Lochstreifen (Evolution der Lochkarte).

Man honte, läppte, bohrte und strahlspante damit wie ein Wilder allerlei Dinge zurecht.

Das C von CNC hatten diese Maschinen nicht, und sie waren eingehaust wie gefährliche Monster, was, wie ich auf der Basis Ihrer Ausführungen annehme, an den impliziten Gefahren der Röhrentechnik liegen kann (keine Kinder im Schwenkbereich).

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kid37 - Donnerstag, 27. Februar 2020, 02:41
Für meine Strahlenkanone brauche ich eine extrem hohe Anodenspannung um die 100 kV - Kids und Kinder müssen da sehr vorsichtig sein! (Deshalb ist die Röhre auch so irre groß.)

Lochkarten sind sehr faszinierend, weil sie im Grunde so simpel und einsichtig sind. Meine Heimatstadt war ja früher dominant in der Bandweberei. Da gibt es hundert Jahre alte Maschinen ganz aus Holz, die mit solchen Karten aufwendige Muster weben - und noch heute aktiv sind (so im halb-musealen Betrieb). Das werden wir mit heutiger Computertechnik so nicht erleben.

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kristof - Montag, 2. März 2020, 13:51
Kleine Korrektur: Sie haben oben aus Versehen ein Bild mit Grabstein gepostet. (Gern geschehen.)

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kid37 - Montag, 2. März 2020, 18:37
Jetzt haben Sie mir einen Schreck eingejagt! Dachte schon, ich hätte das falsche Bild an die Lithoabteilung zur Veröffentlichung gegeben. Ich kann die Verwirrung aber verstehen, ich habe das Anodengitter nicht eingebaut, noch also ist es weder richtig zu erkennen, noch wird es richtig funktionieren:


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