Ich habe mich ja entschlossen, die unheimliche Glasbox in Twin Peaks als Metapher für einen Fernseher zu betrachten. Dieser Kasten wißt ihr, wo die bösen Träume rauskommen. Seither ist in mir der Wunsch geweckt, mein Wohnzimmer und vor allem den Fernseher entsprechend umzudekorieren. Die spukigen Düsternisse in Twin Peaks werden dadurch gleich noch viel unheimlicher.
Die dritte Staffel jedenfalls hat mich ordentlich gepackt. Ich warte natürlich noch auf bornierte Kommentare aus dem sozialen Umfeld, die wieder "Das ist doch soooo 90er!" rufen. Popkulturexperten, allesamt. David Lynch, der letzte Auteur im Filmgeschäft, schert sich jedenfalls glücklicherweise nicht groß um den Mythos seiner Serie, sondern wandelt unbefangen durch sein gesamtes Werk, zitiert aus seinen Malereien und frühen Studentenfilmen und macht visuell im kleinen TV ganz großes Kunstkino.
Allein die ersten zehn Minuten der ansonsten absurd-komischen dritten Folge sind das Unheimlichste und Radikalste, was ich vielleicht je im Fernsehen gesehen habe. Man muß sich das vorstellen: Ohne den Zuschauer an die Hand zu nehmen, wie es hierzulande ein verschreckter TV-Redakteur gleich gefordert hätte, zeigt Lynch einen entrückten, kubistisch verdrehten, ockerfarbenen Raum, deran die Architektur in Eraserhead erinnert, läßt Dale Cooper unkontrolliert umherzucken und schließlich auf einer Art Nautilus im All landen. Das erinnert auch in seinen verschlierten Farben an Guy Maddins ekstatischen The Forbidden Room. Ist also großartig.
Was mir auch gefällt, neben der Tatsache, das jetzt - wie in früheren Zeiten - immer mehr Menschen mit fröstelnd hochgeschlagenem Jackenkragen an Ecken beisammenstehen und die Geschehnisse diskutieren, sind die Zitate, die parallel angelegten Sequenzen und das Wiedersehen mit den Darstellern nach gottverdammten 25 Jahren. eins jedenfalls ist schon mal geklärt: It's not about the bunny. Wie oft im Leben hat man sich das schon gefragt. Und dann ist da das Büro von FBI-Chef Cole (Lynch). Das hat auf der einen Wand ein großgezogenes Bild eines Atompilzes und auf der anderen Wand ein großgezogenes Porträt von Kafka. Ach so, mein Wohnzimmer wollte ich ja umdekorieren.
Interview mit David Lynch
Irgendwo im Netz fand ich die passenden Worte dazu:
There is a quality of spiritual pilgrimage to both series: You must make peace with the fact that you will never entirely “figure it out,” and that you will continue traveling onward without any assurance that there’s a destination waiting for you at the other end, much less that you’ll someday reach it.
So schaut's aus.