Mairegen



Was waren das Zeiten, als man mit Walpurgis und ihren sechs Schwestern auf dem Blocksberg getanzt hat. Heutzutage, da im ganzen fruchtbaren Elbenland kaum noch Jungfern zu finden sind, bleibt so mancher stolze Maibaum unumwunden, flattern keine Kleidchen und bunte Bänder mehr im milden Wind des Frühjahrs. Zudem komme ich jetzt in das Alter, wo das Schleppen oder Stehlen strammer Maibäume ein wenig anstrengend geworden ist, so von der Kraft her und vom Rücken. Da begnüge ich grau gewordener alter Pan mich doch damit, heimlich durchs Laub zu lüschern und den jungen Hexen bei ihrem frivolen Hexenwerk mit gleichzeitig friedlichem und erinnerungsgetränkten Lächeln zuzuschauen. Rik Garett hat's fotografiert und im Buch Earth Magic für alle Daheimgebliebenen dokumentiert. So war es, und ich schwöre das.

Daheim dann Hausschäden, beim Versuch, alles neu zu machen wie so ein Mai. Emailleplatzer, eine kaputte Werkzeugkiste, verschwundenes Reperaturzubehör für meine Fahrradgriffe, eine der Kameras hat einen leichten Defekt. Kommt eins zum anderen. Bei meinem neuen Indie-Kinohit An Ant Walks Home Alone at Daylight habe ich - wie so'n Anfänger! - vergessen, die Schärfe nachzuziehen. Auslandsoscar ade! Erst das mit der Fußballkarriere, dann kein Rockstar geworden, jetzt die Filmkarriere im Eimer. Na ja, bleiben mir immer noch meine unterirdischen Kockkünste. Da könnte ich endlich Wirt werden und ein Restaurant eröffnen: Zum zähen Schnitzl. Jetzt schon Kult. Abends spiele ich für die Gäste auf dem Akkordeon. Kann ich nämlich auch nicht.

Homestory | 21:53h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
kristof - Montag, 4. Mai 2015, 18:12
Wenn Sie nix können, sollten Sie ein Blog aufmachen. :)

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kid37 - Montag, 4. Mai 2015, 18:22
Vor Jahren hatte ich tatsächlich so was mal vor, aber dann fiel mir - wenig überraschend jetzt - nichts ein. Der Anfang war aber gemacht und passte ganz gut zu mir.

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kid37 - Montag, 4. Mai 2015, 18:56
(Mein Gott, all diese vertanen Chancen. Ich hätte auf der republica sprechen können! Mit Brille auf und super Laune.)

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kristof - Dienstag, 5. Mai 2015, 01:01
Haha, Sie haben aber auch immer was in der Hinterhand.


("Man kann ruhig doof sein, man muss sich nur zu helfen wissen" war mein Lieblingspruch von meinem Vater.)

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lorilo - Mittwoch, 6. Mai 2015, 16:42
Unterirdische Kockkünste hat aber nun mal definitiv nicht jeder. Wenn überhaupt, 2.3245 Menschen. Das sollte Mut machen - besonders wenn man wie Sie die aufregenden Jahre ja noch vor sich hat. Erst mal ein Mann in den besten Jahren sein; dann pfeifen Sie doch auf vergangene Chancen, sondern blicken verwegen vorwärts. (Wissen Sie, was passiert, wenn man die Datenkrake als Hamburger mit Kock füttert? Werkzeuge und Eisenwaren aus Leidenschaft. Und jetzt kommen nämlich Sie.)

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kid37 - Mittwoch, 6. Mai 2015, 17:31
Haha! Das ist ja erstaunlich unterirdisch freudianisch! Das bleibt so stehen, immerhin das. Passend findet man auf der von Ihnen verlinkten Seite als erstes auch eine Sackkarre, dann aber auch weiteres schönes Werkzeug und Hilfsmittel. Das kommt davon, wenn ein alter Hexenmeister in Badelatschen jungen Hexen hinterhersteigt.

Wie so oft im Leben gilt: Mit Brille wär das nicht passiert!

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ana - Donnerstag, 7. Mai 2015, 13:35
Tolles Photo - sieht aus wie ein Abzug auf ( sagt man das so? ) Silberblattgelantine .

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kid37 - Dienstag, 12. Mai 2015, 13:41
Ja, Silbergelatine. Heutzutage natürlich nur noch virtuell. Silber ist teuer (und jetzt hat man mir auch noch den Piratenschatz geklaut!) und nicht ungefährlich. Es hat einen Grund, warum Vampire nur selten Fotografieren und selbst entwickeln.

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schneck - Freitag, 8. Mai 2015, 01:31
Menschenskinder, eigentlich läuft doch alles bestens im Café. Ihr Ameisenfilm gefällt mir ausserordentlich gut. Und alles auch noch bei Daylight und dann diese irische Amazonasflöte an semimediterranen Grillen - perfekt! Ich assoziiere postpostmoderne Serengetiadaption, kurz und erster Güte, alles gesagt über die letzten 40 Jahre an bewegten Bildern, Bildern, Hohlwelt, Ästhetik und Storyboard bzgl. säkular-spirituell belebter Menschwerdung. / Eine kleine Frage allerdings bliebe mir, nämlich diejenige nach dem Emailleplatzer. Aus Erfahrung weiss ich: Sowas muss nicht sein!

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schneck - Freitag, 8. Mai 2015, 09:26
(PS: Und jetzt auch noch das!)

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kid37 - Dienstag, 12. Mai 2015, 13:46
Danke. Ich bin ja Vertreter des postnarrativen Kinos, und muß noch eine große Anthologie mit Remakes wegweisender Filmklassikers befüllen. Die Ameise wollte ich erst Lawrence nennen und darüber ein siebenstündiges Werk machen.
Wochenendlich habe ich mich mit einem Emaille-Reparaturkit beschäftigt (anstatt z.B. eines Ihrer tollen Schilder drüberzuschrauben). Das Ergebnis ist (noch) recht ansehnlich. Setze ich die Brille ab, kann ich keine Macke mehr erkennen. Mal sehen, ob dieser Wundenbverschluß dauerhafter ist als manch anderer.

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nymphenbad - Samstag, 16. Mai 2015, 13:26
Ich hätte gerne so eine Wand; nicht eine Fototapete - nein - wirklich eine Wand wie dieses Bild (das dann natürlich keine Wand mehr wäre).

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kid37 - Sonntag, 17. Mai 2015, 15:45
Hm. Oder einfach mal rausgehen? In die verwüstete Natur?

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