Das Grab aber ist leer

I am the spring, the holy ground,
the endless seed of mystery,
the thorn, the veil, the face of grace,
the brazen image, the thief of sleep,
the ambassador of dreams, the prince of peace.
I am the sword, the wound, the stain.
Scorned transfigured child of Cain.

(Patti Smith, "Easter")


The witch is dead, the witch is dead...

Mist, wieder zu spät. Die Hexe war schon verbrannt, als ich kam. Fröhliche Funken tanzten die Elbe entlang, der Winter besiegt, trunkene Menschen saßen im Sand. Eigentlich muß man dahin, um zu knutschen. Aber Frau Gaga war so freundlich, mich auf einige Wissensdefizite hinzuweisen, weshalb das mit mir und dem Knutschen irgendwie schlecht bestellt ist. Aber ab heute heißt es Auferstehung, und das kann man den Ungläubigen nicht laut genug in die Ohren trommeln. Osterbefeuerung.


Niemand wird auf ewig siegen. (Fehlfarben, "Rhein in Flammen")

Vernunft und Vertrauen, Geduld und Distanz - Worte des vereisten Winters.
Nun vielleicht mal wieder draufmachen, rumschreien, Begehren äußern.

In der Menge frohgelockter Gestalten aber wieder die alten Gefühle. Plötzlich verschiebt sich der Blick, das nette Mädchen mit der Flasche Astra sieht auf einmal aus wie eine alte Vettel voller Geschwüre, der Typ neben ihr wie ein Großkopferter aus einem Gemälde von George Grosz. Mit bleckenden Zähnen gaffen sie mich an, ihre kreischenden Stimmen zu laut, ihre Physiognomien bizzar erleuchtet im Schein der knisternden Flammen. Fremde, bösartige Monster, die sich bedienen am frischen Fleisch, am Unbekannten.

Kurz blitzt er auf, der prahlerische Stolz auf wilde Parties, Silvestereskapaden, die man als genußvolle Abenteuer sich bewahrt, damit herumprotzt, wie der Oberliga-Stürmerstar: "In dem Spiel habe ich zwei Tore auf einmal geschossen!" Ganz egal, ob dieses Spiel den Abstieg seines Gegenübers besiegelte, hier zählt nur ein Gesetz, das der Lust, des Siegs, des Stärkeren. Fuck you, denke ich. Und weiche zurück in die dunklere Ecke, weg vom Feuer, vom Markthallentreiben der Spieler und Händler, die ihre eigenen Körper wie belanglose Ware als Monstranz vor sich hertragen.

Again I am the salt, the bitter laugh.
I am the gas in a womb of light, the evening star,
the ball of sight that leads that sheds the tears of Christ
dying and drying as I rise tonight.

Fuck you, denke ich. Heute kriegst du mich nicht mit deinem Mutantengeschrei. Heute ist Licht. Ich werfe ein Relikt ins Feuer, die Flammen brüllen auf, aber nur kurz, dann verschlingen sie es, es verglüht, zerfällt. Morgen wird es Asche sein.

Homestory | 06:03h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
bossanova - Sonntag, 27. März 2005, 07:59
Ich sah die
Brille, aber keine geringelten Socken.

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kid37 - Sonntag, 27. März 2005, 14:19
Ich sah leider auch nirgends Ringelsocken.

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poodle - Sonntag, 27. März 2005, 16:11
Schön schaurig. Fast fürchtet man sich ein wenig. Ihr seid mir schon so Heiden, da droben.

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gaga - Sonntag, 27. März 2005, 17:47
gegendarstellung!
hiermit distanziere ich mich ausdrücklich von dem vorwurf, dass ich herrn kid ein wissensdefizit im betreffenden bereich attestiert hätte. lediglich habe ich mich darüber beschwert, dass er mit seinem (von mir vermuteten) fachwissen nicht herausgerückt ist, sondern sich geheimniskrämerisch mit ausflüchten aus der affäre gezogen hat. so.
sollen wir doch alle dumm sterben und er hockt wie die henne auf dem ei auf seinem unermesslichen wissensschatz. (ich erwarte schon die nächste predigt)

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kid37 - Sonntag, 27. März 2005, 19:28
Das sind die Kid'schen Mysterienspiele. Einmal im Jahr ist hier das Hermetische Orgien-Mysterien-Theater. Allerdings räume ich ein, seit längerem nur noch im theoretischen Bereich zu spielen.

Interessant aber die Synchronizität, da ich mich heute nachmittag mit einer Bloggerin in einer Kneipe getroffen habe, in der ich mal wegen heavy knutsching schwer ermahnt wurde. Natürlich ließ ich diese Anekdote höchst subtil ins Gespräch einfließen, um mich interessant zu machen. Aber meine Begleitung, ein echter Engel, lächelte bloß sanft.

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gaga - Sonntag, 27. März 2005, 19:35
ha ha ha ha ha ha h a .......
eine a b m a h n u n g wegen herumgeknutsche?!?
ich meine, das macht sie auf jeden fall nicht uninteressanter. aber höchst interessant macht es die kneipe. wo war das denn? im wienerwald?

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kid37 - Sonntag, 27. März 2005, 20:07
Wäre es im Vierjahreszeiten gewesen, ich hätte es nachvollziehen können. Aber es handelt sich um eine rustikale, bei junggebliebenen Lederjackenträgern und Rockmusikhörern recht beliebte Kneipe mit Stark- und Schwarzbierausschank. Achten Sie auf die Kerzenständerflaschen, das sagt eigentlich alles.

An dem Knutsch-Abend verschwanden mehrmals unbeanstandet heterosexuelle Pärchen so für 15 Minuten auf der Herrentoilette, deshalb dachte ich mir, endlich im Hamburger Rheinland angekommen zu sein. Aber beim nächsten Mal wurden dann wir ermahnt, uns "mal zu benehmen". Seither knutsche ich dort nur noch auf dem Herrenklo. Ich will auch nicht klagen, immerhin habe ich jetzt was zu erzählen.
Das kann eben nicht jeder.

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gaga - Sonntag, 27. März 2005, 20:57
ich kann mich ja
manchmal nicht des eindrucks erwehren, dass sie ganz gezielt dreideutige randbemerkungen einstreuen. so ganz beiläufig wird der rückzug auf die herrentoilette erwähnt. das lässt natürlich wieder neuen raum für spekulationen. und das wissen sie sehr gut. ich durchschaue das spielchen langsam.

und dann: die hippie-kneipe da oben - das scheint ja demnach doch ihr zweites wohnzimmer zu sein, obgleich sie erst unlängst irgendwo behauptet haben, sie wären dort nur ganz ganz selten, ja eigentlich seit jahren nicht mehr gewesen o. ä. - verdammt. wo hab ich das denn gelesen - finde ich nicht mehr, jetzt. ich träume doch hoffentlich nicht bereits die nächtliche fortsetzung der kommentare von interieur u. mks. oh je... isses schon so weit...

sie führen uns ganz schön an der nase herum, lieber herr kid.

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kid37 - Sonntag, 27. März 2005, 21:18
Ischwör!
Das ist jetzt nur die Akkumulation einzelner Zufälle. Nach erwähnter Abmahnung war ich nur zweimal wieder dort, nach Jahren. Heute mal wieder. Und nie auf der Herrentoilette. Nicht dort, meine ich. Und wenn, dann nur zum autodidaktischen Knutschen vor dem Spiegel. Mit den Frauen sitze ich dort nur noch brav am Tisch bei Wasser und Brot (und Kartoffeln mit Putenfleisch, kann ich aber nicht empfehlen).

Für Andeutungen jedoch, liebe Frau Gaga, bietet mein höchst eindimensionales Leben leider gar keine Tiefe. Ich bin ja ein Engel und höchst simpel konstruiert.

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gaga - Sonntag, 27. März 2005, 21:32
ja ja ja
;-)

p.s. ich bin auch ein engel

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modeste - Sonntag, 27. März 2005, 19:57
Jedes Frühjahr sollte man einmal brennen und sich dann erheben aus den Flammen, aber leider brät wohl auch dieses Jahr wieder einmal nur ein gut gewürztes Lamm. Immerhin besser als Astra. Das ist ein ekelhaftes Bier.

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kid37 - Sonntag, 27. März 2005, 20:12
Da haben sie eigentlich recht. Allerdings, der Lokalpatriotismus läßt einem keine Wahl. Es gibt zwei, drei Läden, da wird dieses Bier noch mit Wasser gestreckt, ab einer bestimmten Uhrzeit. Das ist für jemanden, der mit westfälischen Pilsenern großgeworden ist, sehr erheiternd. Aber ich will nicht wieder über Norddeutschland anfangen, sonst rotten sich wieder Menschen mit Heugabeln und Mistforken vor meinem Haus zusammen. Ist schon schön hier.

Ich hätte wirklich gerne die Hexe mehr rituelle Dinge verbrannt. Aber gegen böse Erinnerungen hilft nicht mal Astra.

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modeste - Sonntag, 27. März 2005, 20:28
Ich trenne mich ja immer so wahnsinnig ungern von liebgewonnenen, wenn auch erinnerungsgeladenen Gegenständen und versuche es dann ewig mit einer Art Umwidmung, aber das klappt natürlich nie. Da ist brennen schon besser. - Dass böse Erinnerungen aber nicht in Astra untergehen, ist aber völlig klar, die norddeutsche Küche ist ja weithin für ihre Ungenießbarkeit berühmt, und das gilt offenbar auch für´s Bier. Aus aktuellem Anlass: Was trinkt der Hamburger denn, wenn es gut schmecken soll?

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kid37 - Sonntag, 27. März 2005, 20:37
Ich trinke nur Wasser und predige Wein.

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modeste - Sonntag, 27. März 2005, 20:41
Kein Wunder, wenn der Wein am Elbstrand wächst.

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kid37 - Sonntag, 27. März 2005, 20:48
Den habe ich noch nie probiert. Vor zwei, drei Jahren wurde mal in einer Nacht-und-Nebel-Aktion die komplette Jahresernte gestohlen. St.-Pauli-Südhang. Viel war es wohl nicht.

Nein, ehrlich - die Menschen hier trinken wild durcheinander. Duckstein, Jever, Astra, Flensburger. Manche auch Guinness, was ja auch ein Bier sein soll. Ich denke da kaum noch drüber nach.

Wie aktuell ist denn Ihr Anlaß?

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modeste - Sonntag, 27. März 2005, 20:55
Ich bin demnächst einmal wieder in HH und besuche dort eine Freundin, die es letztes Jahr von Berlin nach Hamburg verschlagen hat, und feiere ihr bestandenes Examen.

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kid37 - Sonntag, 27. März 2005, 21:08
Bringen Sie was illegales, russisches mit. So was richtig gefährliches. Das kommt bestimmt gut an. Kochen Sie selbst! Ich gehe ja nicht besonders oft weg, aber die Nietenquote unter Hamburger Restaurants ist erstaunlich hoch. Z.B. habe ich neulich in oben erwähnter Kneipe was gegessen... nun ja, schweigen wir. Es gibt Menschen, die laden sich allein deshalb gelernte Köche nach Hause ein. Für den Nachtisch natürlich auch.

Vielleicht laufen bei dieser Gelegenheit ein paar Tips auf, hier lesen ja auch Hamburger mit.

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modeste - Sonntag, 27. März 2005, 21:17
Das ist eigentlich eine gute Idee. Vielleicht veröffentliche ich in meinen eigenen virtuellen vier Wänden einen kleinen Aufruf, mich mit Tipps zu versorgen "Wohin gehen und was essen".

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hm - Sonntag, 27. März 2005, 22:28
die feuer der nacht zum ostersonntag durfte ich aus dem flugzeug betrachten. ihre emmissionen suggerierten mir beim landeanflug über den weg des geruchsinns, in einer höhe von noch mindestens fünfhundert metern, die eventualität eines motorschadens. war dann aber halb so schlimm.

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kid37 - Sonntag, 27. März 2005, 22:56
Das beruhigt mich sehr. Andererseits wäre immerhin Herr Bossanova vor Ort gewesen, um die Sensation zu bloggen:

HERRN KID FÄLLT EINER SEINER LESER AUF DEN KOPF!

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