Laternenumzug
November ist die Zeit der vielen Laternenumzüge. Leider werden die im kulturfernen Hamburg selten dem Gedenken an St. Martin wegen veranstaltet, es ist mehr so ein Event um des Events willen, organisiert von Parteien oder der örtlichen Sparkasse. Schön, wenn denn also mal ein solcher Umzug im Sinne von Solidarität stattfindet, gelebtes Mantelteilen und Zeichen setzen. Als Abgesandter der Renitenten Rentner Hamburg (Sektionsgruppe Ost) gesellte ich mich zu den anderen knapp 37.000 Hamburgern und Hamburgerinnen (eigene Zählung), die vom Hauptbahnhof Richtung Hafenstraße zogen, um Politik und Gesellschaft das Motto Mietenwahnsinn stoppen zu überbringen. Der Protest gegen die bedrohliche Entwicklung zieht sich mittlerweile quer durch alle Bevölkerungsgruppen in einer Stadt, die lieber Tanzende Türme und Ikeas bauen läßt als bezahlbare Wohnungen.
Gar nicht mal überraschend daher auch die Solidarität der Polizei, die den Demonstrationszug in Hundertschaften links und rechts begleitete und blaue Laternen leuchten ließ. Denn auch von einem normalen Polizistengehalt läßt sich Wohnraum in Hamburg kaum noch finanzieren.
Ob sie mitsummten? Vom ersten Wagen schallten die Evergreens von TonSteineScherben, viele aus der textsicheren Menge sangen mit, herzwärmende Folklore, während in der Volksküche unten an der Hafenstraße die Gaskocher bereits die Suppen erhitzten. Es brodelt was in dieser Stadt, und jetzt ahnt man auch, warum ich letzte Woche das Kilometergehen trainierte, ganz getreu unserem alten Familienmotto Be prepared!. Beim nächsten Mal kann ich vielleicht sogar schon wieder Flugblätter verteilen. Oder lauter singen.
Bestimmt haben manche mitgesummt. Und mit dem St.-Martinshorn besonders die Zeile "Dachte ich in meinem Sinn/ Hier, da wohnt ein Reicher drin" untermalt.
Mist! "St. Martinshorn", wie konnte ich das übersehen, als Magnat der Wortspielhölle. Aber Sie haben recht, genau so war's.
Zum Martinstag, und nicht nur dann, lade ich ja den ärmsten meiner Freunde ( Psycho-Rentner - manisch-depressiv ) zum Essen und zum Martinstag speziell zum Gansessen ein. Mein Freund hat keinen Puffer für Mieterhöhungen und muss, wenn es hier, was die Zeitungen ankündigen,weiter steigt, sich von klein zu noch kleiner mindern.
So ist es richtig, der Tag der guten Tat. Wir werden alle enger zusammenrücken müssen. Hamburg soll nächstes Jahr München als teuerste Stadt zum Wohnen überholen. Würde ich nicht immer Stunden in meinem Geheimlabor verbringen, ich zöge in eine Groß-WG. So eine Art Pension mit Anschluß. (Natürlich nur mit Menschen, die auch Backen können.)
Als ich das mit München gestern beim Frühstück im Radio hörte, da sprang ich auf, umrundete den Tisch, küßte meine Frau und jubilierte: "Welch Freude, ab nächstes Jahr sind wir Porenbeton-Millionäre und das nur, weil dieser angeordnet ist und zwar glücklicherweise in Form einer Doppelhaushälfte!"
Sie, meine Frau, schaute verständnislos und entgegnete trocken: "Reichst du mir bitte die Marmelade, wenn du wieder sitzt? Danke!"
Was soll man da machen, mit all seiner Freude?
Schön, daß die Stimmung bei Ihnen gelöster scheint. Und nun noch als Schloßbesitzer öffnen sich einem ganz neue Welten. Ich könnte meinen Leuchtturm zu einem Neuschwanstein umbauen.
Ach glückliches Hamburg, es ist noch mit einer textsicheren Menge gesegnet. Andernorts muss man da in verwirrte Gesichter blicken.
Wahrlich! - "Am Anfang war das Wort." - Stimmt!
Andererseits ist das so eine gewisse Sache .. das mit dem Blick ..
Im Anfang war das Wort, fürwahr. Muß aber auch Pausen geben dazwischen. sonst droht die Vertreibung aus dem Paradies.
Herr G., diese Veteranentreffen machen einen ganz warm ums Herz.
Bei 37.000 Teilnehmern ja auch kein Wunder, daß ich Sie nicht in der Menge entdeckt habe. Zumal ich im Kilometergehen aus der Übung bin und an der Feldstraße Richtung heimatliches Gefilde Bahrenfeld abgebogen bin.
Wie Sie richtig festgestellt haben, brodelt es weiter in der Stadt. Die nächste Gelegenheit zum laufen, Flugschriften verteilen und singen gibt es auch schon:
http://www.buendnis-gegen-rotstift.de
Ja schade, da haben wir uns verpaßt. Mein Schild ("Nicht jeder will im Café wohnen!") war aber auch ein bißchen klein. Danke für den Link!
Im Café ist es ja auch erst schön, wenn man ein Zuhause hat, welches man flüchten kann.
Hermetisches Café statt hermetische Garage.
Da kann sich der Berliner mal ein Beispiel nehmen. Sollte der.
Auch bei mir in der KaS steht heute: " Zahl der Menschen ohne Wohnung steigt an ". Um 11 Prozent! Da freue ich mich doch, dass ich schon lang einigen preiswert Unterschlupf gewähre.
Paradies? Dürfte ein ziemlich langgezogenes und langweiliges Projekt sein. Will gar nicht wissen, wo das liegt. - Pausen? Hm. Sehr ambivalent. - Neuschwanstein? Das wär's! - Aber: Ein Leuchtturm leuchtet so schön!
Da könnte manch ein Städter sich mal ein Beispiel dran nehmen.
Das ist der Sinn der Laternenumzüge: ein leuchtends Beispiel sein.
Eine kleine Beobachtung von der Sozialhilfefront, die das Thema Mietwahnsinn in HH illustriert: In einer Übersicht sehe ich, dass die "angemessene Nettokaltmiete" (also kalt ohne Betriebskosten) für 1 Person in HH 327 Euro beträgt. Bei uns zahlt das Sozialamt maximal 230 Euro (uns = mittelgroße westdeutsche Stadt).
Für 327 Euro kalt gibt es in HH 30 qm irgendwo in der weiteren Randlage. Sagt zumindest ein kurzer Blick auf ein bekanntes Internetportal.
Groß-WG? Warum nicht in der Elbphilharmonie? Da dürfte doch viel Platz sein.
Ich würde gern in einem Erdholländer wohnen oder in einer Turmwindmühle. Die Bockwindmühle käme zur Not auch noch in Frage. Flügel hätte ich dann auch.
In den meisten Städten gibt es ja nur noch rote Mühlen.
In dieser Sparte sollen die Preise auch geradezu ins Uferlose gestiegen sein.