Das geht hier ja so: Alter Baubestand (und nicht nur der) in öffentlichem Besitz wird jahrelang sich selbst und den Vögeln überlassen, dann heißt es, oh, kaputt, müssen wir weghauen. So lange die alten Kapitänshäuschen in Oevelgönne stehenbleiben, schiet egol, der Rest kann weg. Im Nachbarviertel kamen letzte Woche engagierte Bürger in einer alten, leerstehenden Villa in städtischem Besitz zu Besuch, Tag des offenen Denkmals zu feiern. Aber irgendjemand hatte sich durch die Zeitumstellung im Kalender vertan, die Besucher vielleicht oder die Polizei, möglicherweise also war gar nicht Tag des offenen Denkmals. Immerhin aber kamen abends noch zwei Hundertschaften aus Sorge um die engagierten Bürger - denn wer weiß, wie man aus den wenig erschlossenen Gebieten im Osten Hamburgs abends wieder nach Hause kommt. Diese Stadt läßt einen nicht allein.
Ich kannte diese Villa zuvor gar nicht, sovieles, auch in uns, steht dieser Tage still und starr wie gefrorene Seen. Daher versuchte ich am Wochenende, weitere vergessene Objekte zu finden. Wie diese kleinen Backsteinschlößchen im schicken Industriecharme, die mitten im und am Wasser vor sich hinrotten. Wunderbare Studentenbuden könnten das sein: Lofts mit 8 qm Größe, idyllisch am Wasser gelegen, Wasaland mit Anleger, gleich nebenan ein Café und Toiletten. Ein gewisse Sanierungsrückstand muß eingeräumt werden, aber junge Leute sind oft erstaunlich begabt und engagiert und für Projekte zu begeistern. Spätestens die Ansichtskarten, die sie von dort in ihre Netzwerke schicken, werden die Kommilitonen in Neid versetzen und die Tanten im Ländle entzücken.
Ich habe alles kartographiert und dabei die eigene Reichweite vermessen. Acht Kilometer, dann ist ein Bänkchen ganz schön. Zum Entzücken genügt das nicht. Man muß dabei aber unverdrossen murmeln: Immerhin!
(wg. Heimatkunde!)
Das Backsteinschlößchen sieht mir ein bißchen aus, als ob ein Kreuz oben drauf gehört. Eine kleine Andachtsstätte bestimmt.
Immerschön: Die Puschel sind steinhart, die Stile verrostet.
Es sind tatsächlich alte Betriebsräume, aus der Zeit, als man noch für den industriellen Fortschritt betete.
"Wenn dann zwischen den Schiffen einzelne Lichter aufflammten, die einfallende Dämmerung alle Dissonanzen aufzulösen begann und das Ganze mehr und mehr zu einem atmenden technischen Wunderwesen zusammenwuchs, wachte der Wunsch mächtig in mir auf, in dieses unbestimmt wogende Gebilde eine feste Masse hineinsetzen zu dürfen, die wie ein unerschütterlicher Wächter darin aufragte." (Fritz Schumacher, Stufen des Lebens)
P.S.: I like clinker bricks!
L'Ile de Froidhofe! - Très romantique!
Und das ist eine hervorragende Idee mit den Studenten, natürlich muss aber der Renovierungsvorgang streng reguliert werden. Sagt die Ex-Restauratorin. Begabung hin oder her.
mannmannmann.
Danke fürs Illuminieren!
Hat das déja vu also doch nicht getrogen.
Ja, so steht es hier in der Arbeit von 2004 auf Seite 4. Seit ungefähr dieser Zeit verfolge auch ich den Wandel dort. Ich sehe die neue Nutzung des Geländes zwiespältig. Jetzt fahren auch Autos dort herum, der Touristenstrom hat immens zugenommen, Angler und Griller und Skater... ob das wirklich so naturverträglich ist? Immerhin wurde die bescheuerte Idee vom illuminierten Mega-Evenpark nicht verwirklicht, Bürgerprotesten sei Dank.