Immer nie zu Haus
Was du nicht kannst ist:
Mehrere Leben führen
Auf mehrere Schiffe gehn.
(PeterLicht, "Kopf Zwischen Sterne".)
Den Regen teilen, Zuflucht finden in einem dieser vielen neuen Cafés, die mit bedrückend vorgestanzter Inneneinrichtung entlang der Kopfsteinpflasterstraße den Charme einer gerade erwachenden Autobahnraststätte verbreiten. Draußen also Regen, es pladdert, plästert würde man daheim sagen. Früher habe ich Musik gemacht, genau so, aber du wolltest es nicht hören. Drinnen modelliere ich Mondphasen im Selbsterklärungsversuch, lasse eine Tasse um die Kerze kreisen, das Zuckerglas im Schatten stehen.
Den Wind teilen, später also, kleine Fluchten auf noch kleinere Inseln. Triste, zusammengeduckte Fassaden, abgeliebte Klinken, mühsam versperrte Gatter. Man hat sich selbst im Gepäck, die zwei, drei Träume für die Notration, und keine Mütze, immer fehlt die Mütze, wenn die schneidend kalte Luft um die Ohren pfeift. Eine vergessene Tasche an der Bushaltestelle. Ein verschlurfter Schuh. Eine demolierte Bretterbude. Ein Wochenende der stummen Lieder, vielleicht einmal kurz nur den alten Refrain, wirklich nur kurz, man kann sich ja selbst nicht mehr hören. Und will es auch nicht.
das mich an einen frühmorgendlichen Dauercampingplatz erinnert. Friedliche Menschen an den ausgefransten Rändern.
("Plästert"? Nun, "daheim" sagt man ja auch nicht überall).
Die gemütliche Tristesse. Mein kleiner Nieselregen.
Plästern ist verbürgt, so eine Art
Plaisier, wenn man sonst keine hat ;-)
Oder eben ein Autobahnparkplatz, ohne Raststätte. Vielleicht in Tschechien?
Ich erinnere mich an meine Fahrten nach Frankreich vor einigen Jahren. Irgendwie landeten wir immer auf demselben Rastplatz, verstaubte Lastkraftwagen im gelben Licht; ich verschwand kurz im Pissoir, anschließend zittern in der nächtlichen Kälte unter diesem unendlichen und klaren Sternenhimmel, den man über den großen Städten hier gar nicht mehr kennt.
Das wäre ein tolles Vorhaben für den Sommer, oder auch schon Frühling. Autofahren. Gemietet oder geborgt. Hach. Wenn ich mein Geld doch immer besser zusammenhalten könnte.
So schön petrol, das Bild.
Es war auch ein schöner Petrol-Tag.
Grau. Innen und außen. Dazu die stummen Münder der Billiglohnschreiber, aus keiner Kehle dringt ein freundliches Wort, gar ein Lachen.
Zum ersten Mal in meinem Leben sehne ich mich nach Karneval.
Ach je, hätten Sie doch was gesagt. Wir hätten
hierhin fahren können.
Das wäre auch die perfekte Gelegenheit gewesen, die
Flügelchen anzulegen.
Die finden immer eine Gelegenheit zu Fliegen.
Auf den ersten Blick ein wunderschöner, aber grausamer Text. Auf den zweiten dann ein Trost. Ebenfalls wunderschön. Kleine Fluchten, kleinere Inseln und abgeschlurfte Schuhe. Dahin muss man erstmal kommen. Bis dahin muss man erstmal Klinken ablieben und sich tausend Mal die Ohren abfrieren. Man nennt das wohl auch Leben. Hörte ich mal. Irgendwo. Vielleicht sogar hier. Vielleicht sogar gerade aus Ihrem Munde.
Es sollte immer genügend Momente geben, in denen das Pfeifen des Windes und das Rauschen der Bäume lauter ist als das Geschrei, das Menschen so veranstalten. Regen habe ich als Kind schon über alles gemocht.