Heute, man will nur die "PhotoNews" kaufen, empfängt einen an der Bahnhofsbuchhandlung schon ein eilig gefertigtes, nicht zu übersehendes Schild: "Melissa P. - z. Zt. AUSVERKAUFT!"
Ja, seid ihr denn alle bekloppt? Da schliert sich eine Sexzehnjährige ein paar pimmelstarke Jungmädchenphantasien (Zitat: "In meinem Mund mischten sich die Säfte von fünf Männern.") als elektronisches Tagebuch zusammen, verabredet sich via ("Nichts ist unmöglich") Internet-Chaträume mit, wie sollte es auch anders sein, Sadomasochisten (Zitat: "Ich ließ nichts aus. Gewalt, Erniedrigungen alles!") und Gruppenbumsern, und prompt zieht sich die Verlagsszene wieder gierig ein Stück Skandälchen aus dem Wichsautomaten.
Vor drei Jahren war es die "Catherine M.", die toute la France mit ihren Vulva-Abenteuern ("Ich trieb es mit 50 Männern gleichzeitig.") schockierte, nun fischt man eine verluderte Ragazza aus der italienischen Provinz aus der Gosse von Sodom.
Ihr Lektor konnte wahrscheinlich vor plötzlicher Hosenenge nicht mehr geradeauslaufen, und vor meinem geistigen Auge tauchen schon die Fortsetzungsabdrucke in einer großbuchstabigen Zeitung auf - plaziert wohlmöglich direkt neben der nächsten Treibjagd auf Kinderschänder (oder findet das etwa schon statt?). Die buchstabengewordene Dixieklophantasie schwiemeliger Klötenjongleure ist nun offensichtlich der Hit in der Heavy Rotation der Schnelldreher-Verramscher - und vielleicht auch Thema des Baudrillard-Symposiums am Wochenende im Zentrum fuer Kunst und Medientechnologie Karlsruhe.
Mach mir schnell ein geiles Simulacrum!
(Jean Baudrillard und die Künste: Eine Hommage zu seinem 75. Geburtstag. 16. - 18. Juli 2004. Symposium und Ausstellung im ZKM | Zentrum fuer Kunst und
Medientechnologie Karlsruhe in Anwesenheit von Jean Baudrillard)
Wenn Sie nur nicht so an den Gitarren hängen würden... ;o)
EDIT: Hab mir grad mal in deren Zuhause einen Soundfetzen von "Heavy Rotation" angehört. Klingt vielversprechend. Ich kannte nur so ein paar hard-trashige Stücke mit E-Gitarre. Sie lehnen das ja ab, ich erinnere mich. Ist natürlich ein sehr phallisches Instrument. "The death of the machine gun. The birth and ascension of the electric guitar." (Patti Smith) Der Rausch der Energie, wenn sie ein solches Instrument in der Hand halten, damit durch einen Sturm von reinem Feedback steuern wie ein unerschrockener Seemann. Das Vibrieren der Saiten, sanft und fordernd, wenn sie zärtlich mit den Fingern über die Bünde tasten. Das Jammern und Jaulen, wenn sie sie in den Wellen des Klangs bewegen, den Kopf nur knapp über der Soundwoge. Das crescendohafte Kreischen, wenn die Spannung ihren Höhepunkt erreicht und überkippt in ein alles beschwingendes, tiefes, zufriedenes Brummen. Die Axt aber auch, mit der sich hochgestapelte Marshall-Türme zerfetzen und die Barrieren der Schwerkraft durchbrechen lassen. Ein Hexenflugbesen für den Ritt in die Stratosphäre.
Mich juckt's in den Fingern. Vielleicht gleich mal, nach Jahren, den Gitarrenkoffer öffnen...
Auf meine Platten pisst natürlich auch niemand - nur damit das mal klar ist. Vielleicht meinen die das ja auch nur sinnbildlich.
auch edit: Stimmt ja gar nicht, ich lehne Gitarren nicht unbedingt ab, habe aber *eher* eine Affinität zur elektronischen Musik. Die Gitarren bei KMFDM, Cobalt 60, The Stills u.ä. mag ich wiederum sehr gern leiden. Man könnte auch sagen, ich kann mich nicht festlegen.
Klampfen Sie nur rum, ich höre ein Weilchen zu. Vielleicht singen wir ein paar Folk-Lieder? ;o)
Ihre Erwähnung von GG hat mich darauf gebracht, nach alten Malaria/Matador-Platten zu forsten. Stehen jetzt neben Patti Smith im "mal wieder hören"-Stapel. Und da markiert mir erst recht keiner sein Revier drauf.
Ich bin übrigens demnächst für die 5, 6, 7, 8's in W-Tal. Vielleicht ist eine solche Trash'n'Roll-Komödie ja auch interessant für Sie?
Von GG unbedingt auch anhören: Members of the Ocean Club - (nicht nur) "Die Sonne" ist klasse - mit Blixa Bargeld.
Comic-Version von 242, das ist ja mal eine Aussage... ;o)
Ich find sie schon sehr eigenständig, und da ist ja von 242 auch nur der Herr deMeyer dabei, der Rest ist von einer dieser Brachialgitarrenbands angeheuert, die seinerzeit mit Nitzer Ebb tourten und deren Name mir gnädig entfallen ist.
Wo wir grad von 242-Comic-Versionen sprechen: C-Tec sind mir noch lieber als Cobalt 60; das "Cut" Album, mit She left, Gesellschaft, Fighter, ach, eigentlich allen Liedern, ist phantastisch. Gleich mal rauskramen gehen...
C-Tec sagt mir nichts. Das ist jetzt bestimmt ganz böse ganz ohne Gitarren. Sie hören bestimmt viel Musik mit *schredder -schredder - schredder * und dann so ein Sprechgesang wie aus dem Anti-Raucher-Spot darüber ;-)
(Obwohl, das gibt es ja auch in der Gitarrenvariante als Deathspeedpunkmetal. KILL! KILL! DESTROY! BERSEEEEEEERRRKER! Haha, ich glaube, ich lege jetzt erst lieber einmal zur Stimmungsdämpfung ein wenig Leonard Cohen auf...)
Nun haben Sie mich allerdings verwirrt: Total Control, das kenn ich gar nicht von denen. Meine Suche brachte mich lediglich zu The Motels, aber das Lied ist unsäglich, das können Sie nicht meinen.
Schredder,schmörgel,bröffz, um genau zu sein, das höre ich gern ;) Allerdings ist da nicht unbedingt meine musikalische Heimat, da lande ich eher jetzt mal öfter aus Langeweile, weil im angestammten Bereich nichts Interessantes mehr nachkommt.
Und C-Tec haben auch Gitarren. Ich stell Ihnen was zusammen und missioniere Sie, ja, das tu ich. Eine Aufgabe, ich habe eine Aufgabe!
Leonard Cohens Ten new songs ist übrigens auch sehr nett (falls Sie das nicht sowieso gerade hörten) - I don´t trust my inner feelings, inner feelings come and go (That don´t make it junk)
Das Stück heißt "Rainbow Warrior" (Twelve). Ein netter Kracher. File under: Music to play Counterstrike to. ;-) Wenn Sie mich missionieren wollen, gerne. Ich stehe neuen Einflüssen grundsätzlich offen gegenüber (vorausgesetzt, die werden mir nicht mit einer Pumpgun eingeflößt). Cohen macht das natürlich auf ganz große, stoische Art. Die Ten New Songs habe ich nicht verfolgt, ich klebe eben stoisch an den Klassikern. "Suzanne" ("And you know that she's half crazy/And that's why you want to be there") und "Lover, Lover, Lover (come back to me)". Also komplett unoriginell.
Sie Heimatlose. Wo lag sie denn ursprünglich?
Angefangen hat es alles damals tm, mit meiner ersten selbst gekauften Single: Axel F. Nach der ausführlichen Sondierung erhältlicher Musik begann die "ich verweigere alles was kommerziell erfolgreich ist!"-Phase, die zu obskurer Musik wie Latin Quarter, FAR Corporation und Alan Parsons Project führte (Heimat Nr. eins). Nach ein paar Jahren war ich diese Art der Selbstbeschränkung leid und beschränkte mich auf Guitar-only Marillion, Dire Straits und Grönemeyer, um die wichtigsten zu nennen (Heimat Nr. zwei). Heimat Nr. drei fand ich im Britpop, als ich mich jäh und unsterblich (naja) in Damon Albarn von Blur verliebte - etwas, was ich nichtmals in meinem eigenen Blog so unverblümt zugeben würde ;o) - dazu gehörten natürlich Pulp, Suede, aber auch Bands wie Sonic Youth, The Breeders, Joy Division und andere Factory-Bands. Oasis mochte ich natürlich nicht.
Heimat Nr. vier und bislang langlebigste ist die EBM, mit natürlich 242, Nitzer Ebb, The Klinik, Leaether Strip und ach so vielem mehr. Seitdem das, was nachkommt, geprägt ist durch Einfallslosigkeit und/oder pseudo-böses Gekrächze, erarbeite ich mir das (zugegebenermaßen weite) Feld der elektronischen Musik, sei es nun Techno, -Pop, Industrial, Electroclash oder wasauchimmer. Besonders weit kam ich da angesichts der Masse natürlich noch nicht.
Bands wie Interpol oder The Stills gehen sowieso immer, und letztens erhielt ich eine bezaubernde CD voller Folk-Songs.
Ich denke, für die nächsten Jahre hat mein Leben noch einen Sinn ;o)
Aus Cohens Klassikern klebe ich an "Famous Blue Raincoat", und natürlich auch an "Suzanne". Was schon immer schrecklich war ist "So long, Marianne", oder?
Lassen Sie es mich wissen, wenn Sie es leid sind, der Grafikabteilung auf die Füße zu treten.
Genug geschwafelt jetzt.
Ich danke Ihnen auch für Ihr freimütiges und exklusives Liebesgeständnis. Dafür ist das hermetische Café ja da. Hier bleibt auch alles unter uns. Ihre Factory-Phase scheint mir persönlich übrigens die liebenswerteste. So nach meinem Geschmack.
Mit Interpol habe ich auch mal kurz geflirtet. Aber als ich sie in Hamburg sah, fiel mir auf, daß ich nur ihre Anzüge mochte. Und gar nicht den Hype um sie. Und das falsche Publikum. Leider hat mir das ein klein wenig die Zuneigung zu ihrer Musik genommen. Ich bin da komisch, manchmal. Ich bin jetzt durch den Herrn Axel K. wieder auf den Geschmack gekommen, überhaupt wieder Musik zu hören.
Vielleicht bin ich noch zu retten.
Grafikerinnen trete ich nicht mehr auf die Füße. Das geht nicht gut aus. Wenn Sie mir da helfen könnten, I would be ever so grateful.
Mit Interpol können Sie ja bald einen erneuten Flirtversuch unternehmen, die veröffentlichen nämlich demnächst eine neue CD. Manchmal klappts ja im zweiten Anlauf, stelle ich immer wieder fest, wenn ich mal vorurteilsfrei, da unwissend, einen Interpreten höre, den ich bereits abgeurteilt hatte. Gut, denn ansonsten hätte ich z.B. dieses
wunderbare Stück hier verpasst.
Sie kriegen Ihr Cover zusammen mit der Bekehrungs-CD, wenns Recht ist.
Interpol sah ich an meinem Geburtstag. Aus vielerlei Gründen, die ich erst jetzt langsam enträtsel, war ich an diesem Abend diffuser Laune. Vielleicht war ich auch die Vergleich mit Joy Division leid. Oder die Tatsache, daß sich in meinem zur damaligen Zeit reichlich Idioten-infizierten Umfeld (lassen Sie es mich mal wohlwollend so ausdrücken) verdächtig viele für Interpol interessierten. Ich kann da recht radikal sein in meinen Zu- und Abneigungen. Die Anzüge waren jedenfalls sehr korrekt.
Ich bin schon sehr gespannt. Es sind nicht alle Grafikerinnen böse. Aber mit manchen ist nicht gut Kirschen essen. Und - der sei mir jetzt erlaubt - auch nicht immer gut Apple. (Tätää!)