Mode zur Zeit


Larry Calkins, "Charity"

Nun, da wir alle endlich Masken tragen, wird viel auch nachgedacht über Muster, Formen, flotte Sprüche, um die Gesichtsbandagen aufzuwerten, anzupassen, zu individualisieren und als It- und Statement-Piece zu etablieren. Durchatmen mit Distinktionsgewinn.

Warum sollte Kleidung da hintenanstehen? Einzelne Entwürfe greifen bewährte Traditionen aus dem Barock auf, sind von der Maschengröße her allerdings nicht dicht genug zur Virenabwehr und ziehen zudem Motten an wie eine Straßenlaterne.

Der aus Harlem in New York (das ist eine große Stadt in den USA) stammende Künstler Larry Calkins hat vor einigen Jahren bereits Kleider als Textilskulpturen geschaffen
(siehe auch hier und hier). Sie schienen aus der Zeit gefallen, vielleicht auch nicht leger genug. Aber angesichts der Weltläufte wären diese (ausreichend beschichteten!) Stücke heute wohl eine angemessene und angemessen vernünftige modische Wahl.

Ernsthaft, aber auch ein wenig verspielt, eine A-Linie ohne althergebrachte Strenge, im klassischen Leinen-Baumwoll-Mix, aber mit Schellack gegen Aerosole ausreichend geschützt. Die gedeckten Farben, Ocker, Rost- und Erdtöne, und sparsamen Muster verbreiten eine Ruhe, die in der aufgeheizten Öffentlichkeitsatmosphäre angenehm auf die Psyche wirken. Man stelle sich das Straßenbild vor: Statt Leggins in Feuerwerks- und Safarimustern eine aufgeräumte Struktur und das Vertrauen von Materialien, die nicht bei Berührung statische Blitze schlagen. Dazu das Gefühl, ein Kunstwerk zu tragen. Ein subtiler, unaufgeregter Auftritt für die Dame von heute.

Dieses kleine Videoporträt zeigt Calkins Arbeitsweise, und lustigerweise, wenn auch nur nebenbei bemerkt, sieht es bei ihm genauso aus wie bei mir letzte Woche, als ich ähnlich grauhaarig meine kleine Abstellwerkraumdunkelkammer ausräumte, um mit Hilfe meines neu erworbenen Akkuschraubers (big love!) ein stauraumbietendes Regal dort aufzubauen. Große Geister act alike, wie man in Harlem, New York sagt.

>>> Webseite von Larry Calkins

Augenzucker | 01:59h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
frau eff - Mittwoch, 6. Mai 2020, 09:27
Sie hatten bisher keinen Akkuschrauber? Grundgütiger Himmel, Pilzhüte und fünf verschiedene Stempel, aber keinen Akkuschrauber. Wundert mich nix mehr.

Das Modell "4 point" von Herrn Calkins ist mit einem doppelköpfigen Erdferkel verziert. Das ist so wunderbar...!

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kid37 - Mittwoch, 6. Mai 2020, 13:17
Das wiederum ein Kleid von Larry Calkins trägt - hier ist wirklich alles doppelt. Oder vierfach. Ich besaß schon Akkuschrauber, so ist das nicht. Sogar elektrisch, nicht nur dampfbetrieben! Aber das waren immer so Baumarkt-Eigenmarken, die einerseits funktionierten, aber auch immer irgendwie klapprig und ungelenk waren oder wie bei meinem letzten, 30 Euro und immerhin 15 Jahre hier im Team, störrisch wurden.



Andere Marken haben da mittlerweile auch was im Heimwerkerbereich, man muß also nicht gleich eine Hypothek aufnehmen. Liegt sehr gut in der Hand, Gewicht gut ausgependelt, und hat ordentlich Zug. Vor allem auch nicht zu schwer, wenn ich über Kopf arbeiten muß, was bei den vielen engen Versorgungsschächten und Antennenmasten häufiger vorkommt.

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liuea - Mittwoch, 6. Mai 2020, 09:51
war im vorigen Leben zwar keine Decke (wärmend und Schutz bietend) aber die Mode von http://www.kmamode.com ist schon sehr schön für ehemalige Zombies wie mich. Dachte vielleicht gefällt Ihnen das?

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kid37 - Mittwoch, 6. Mai 2020, 13:21
Erinnerungsfetzen! Eine schöne Idee. Aus ramponiertem Zeug noch mal was Fesches machen. Aus einer robusten Militärdecke läßt sich halt auch noch was machen - das heutige, fadenscheinige Gewandgelumpe taugt ja nur noch zu Putzlappen und manchmal nicht mal das.

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manhartsberg - Mittwoch, 6. Mai 2020, 16:19
O wie schön! Ich sollte meine Junker & Ruh auch wieder einmal überholen, entstaubt habe ich sie gerade. Vielen Dank für die Anregung!
Handarbeit

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kid37 - Mittwoch, 6. Mai 2020, 19:52
Ah. Das Modehaus Prinzhorn. Leider nicht Corona-sicher, aber im Kontext Krankheit und Gewand ein wirklich anrührendes Beispiel. Ich mag ja sehr die Haptik dieser alten, derben Stoffe. John Alexander Skelton hat die immerhin mit Schutzmasken kombiniert. Sehr vorausschauend!

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samojede - Mittwoch, 6. Mai 2020, 21:10
Mit der Maschine(?) , die Herr Calkins gegen Ende des Clips nutzt, könnte der bestimmt auch tolle Collagen-Masken ~nähen~. Dann wüsste man gleich wenn man wen sieht: Ahja ok.

Welches ist die schönste Masken, welche Sie bisher gesehen haben (außer meine)?

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kid37 - Mittwoch, 6. Mai 2020, 23:25
Die handbetriebene Maschine hat mich auch gleich elektrisiert. Kurbeln und sticheln - sehr faszinierend. Ihre finde ich sehr herzig, mich erkennen Sie auch gleich. Ich stehe jetzt mittags gern ein wenig an den Kanalufern hier in der Gegend rum und beobachte die Vögel, die mir allerdings mißtrauisch begegnen. Noch.

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