Weltausstellung 2017

Altlasten sie schieben über den Schnee/
Sie sagen: Ach weh! Ach weh! Ach weh!

(Pieter Bruegel der Ältere:
"Die Jäger im Schnee". 1565)



Liebe ist, so ein altes chinesisches Sprichwort, wie Luftpolsterfolie. Stellst du Altlasten drauf, macht es "plopp", "plopp" und "plopp". Bis die Luft raus ist. Moderne Museumsbewohner wie ich wissen, bei Altlasten machst du innere Transformation, machst du voodoomagnetisch aufgeladene Fetische, einen inneren Flohmarkt - und dann ausgekehrt das Zeug in die herzhygienische Kunstanstalt.



Unser aller Lieblingsgalerie Feinkunst Krüger verwandelten im Januar die Rasselbande Nills Knott, Martin Nill, Gideon Pirx, Patrick Sellmann und Daniel van Eendenburg in die titelgebende Weltausstellung für all jene die 1889 die in Paris verpaßt haben.

Dorstselbst eine Pyramide voller Geheimnisse, eine Wohnzimmerkollektion voller magischer Ritualgegenstände, Skulpturen aus Erinnerung, Dioramen voller Ungeheuerlichkeiten. Bilder mit Fernblick, Tableaus mit Weitsicht, emotionsgeladene Objekte, greifbar und unbegreiflich. Unglaubliche Funde von finsteren Reisen, Vergangenheitsklumpert, neu zusammengefügte Fragmente für einen Fernglasblick in die Zukunft. Einen besseren Start ins neue Jahr hätte man nicht erfinden können. Und hier war alles wahr, und nur dort mußte man gewesen sein. Denn was man im Zeitalter des endlos reproduzierenden Internets nicht spüren kann, ist die Aura der Artefakte.

Weltausstellung. Feinkunst Krüger, Hamburg. Bis 28.1.2017

Flanieren | 22:21h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
fritz_ - Samstag, 4. Februar 2017, 22:33
Unendlich doof finde ich, dass moderne Luftpolsterfolie nicht mehr ploppt. Eine Kulturtechnik geht verloren (die ich, wenn die Nostalgie mich nicht täuscht, anhand von Pralinenschachteln kennengelernt habe). Moderne Luftpolsterfolie hat miteinander verbundene Kammern, da ploppt nix mehr, wenn man draufdrückt, die Luft geht nur unbeachtet nach nebenan.

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modeste - Sonntag, 5. Februar 2017, 01:31
Oh nein. Das darf nicht sein. In der Düsternis dieser Tage ein weiterer Nagel zum Sarg der wahrhaft guten Zeiten.

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kid37 - Sonntag, 5. Februar 2017, 03:31
Deshalb kämpfe ich hier in Hamburg für ein Luftpolsterfolienmuseum, in dem die alten Schätze bewahrt und die Rituale und Gepflogenheiten darum herum gepflegt werden. Es soll auch musuemspädagogische Konzepte für Kinder geben, Wochenendkurse, in denen die alten Techniken spielerisch vermittelt werden. Leider konnte ich beim neuen Hamburger Kultursenator noch nicht mit meinen Ideen vordringen. Dabei hatte ich mir von meiner Idee eines Luftpolsterplopporchesters, das in der Elbphilharonie spielt, sehr viel als Türöffner erwartet.

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vert - Montag, 6. Februar 2017, 15:21
ich hab mir diese vielbeschworene "haut" der elbphilharmonie bisher ein bissschen so vorgestellt und mich schon gefragt, wie das wohl nach einem jahr dort aussieht, wenn ungefähr eine million menschen da alle ihre finger reingebohrt haben..

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kid37 - Montag, 6. Februar 2017, 21:00
Vermutlich muß ein kesser Trupp in schwarzer Zimmermädchenuniform auf Rollschuhen durch den Großen Saal und die Wände mit einem Feudel aus Straußenfedern abstauben. Die grauen Fingerflecken bleiben als Patina. Das ist ja in der Liebe auch so. Die muß das aushalten.

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carodame - Donnerstag, 16. Februar 2017, 17:20
Moment.
Ich halte es für wahrscheinlich, dass uns durch die Smartphonewischerei die Luftpolsterfolienkompetenz verlorengegangen ist. Eigentlich ploppt die noch. Es bedarf einer bestimmten Druckkraft und -richtung - wie beim Bassspielen. Oder so.
Feinkunst der besonderen Art. Wirklich. "Die Aura der Artefakte"- ohne die kein Leben.

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kid37 - Sonntag, 19. Februar 2017, 20:21
Hier kann nur eine Testreihe helfen. Muss ich erst wieder Dinge beim Versand bestellen. Dann aber wird geploppt!

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