Klosterrundgang



Ostern dann zum Klosterbesuch. Ich gehe den schön gestalteten, preisgekrönten Kreuzweg aus Bronzeplatten, die fast mit dem Gemäuer des Klostergartens verschmelzen, ab. Drinnen schlägt einer die Orgel. Auf dem angrenzenden Friedhof sind kleine quadratische Gedenktafeln für die verstorbenen Missionsarbeiter angebracht. Frankreich, die USA, viele afrikanische Länder lese ich als Sterbeorte. Das Licht strahlt aus in alle Richtung.



Ebenso akribisch sortiert sind die Siebensachen, die von fleißigen Frauenhänden für den Basar in den alten Remisen zusammengesucht wurden. Da stehen in einem Regal nur die blauen Glaswaren, Vasen, Trinkgläser und kleine Schalen. Auf einem anderen Brett sind die Dekofiguren aus Steingut und Porzellan nach Tierarten sortiert: oben die Gänse, die blaue Tücher um den Hals tragen, darunter die Bären in allen Größen mit rotkarierten Schals oder Lätzchen. Ordnungssysteme als eine strenge Liturgie des Alltags, der Versuch, Struktur in das Chaos zu wie einen Säulengang einzuziehen.



Der Himmel wie an der See, eine rasche Folge von Wolken und immer weiteren Wolken, bis ein Sonnenstrahl hindurchbricht. Fingerzeige. Ich vergesse, eine Kerze zu spenden. So als ob es keine Wünsche mehr gebe. Gibt's doch gar nicht.

Ausfallschritt | 00:44h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
mark793 - Dienstag, 5. April 2016, 10:31
Ah, Kloster Knechtsteden - die Tankstelle für die Seele.

Das mit der Kerze kann ich gerne für Sie erledigen, wenn ich da mal wieder hinkomme.

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kid37 - Dienstag, 5. April 2016, 13:21
Kerze i.V., eine hübsche Idee. Genau, ich sehe, Sie kennen sich aus. Hübsches Gelände dort, fasziniert war ich, daß es dort eine Astrologin (?) gibt. Glaubenskongregation.

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ana - Mittwoch, 6. April 2016, 10:49
Das haben Sie schön geschrieben Herr Kid, ein Dokument über einen stillen Tag. Ich zünde mal für Sie eine Kerze in der Nürnberger Klara-Kirche an. Meine Großtante mütterlicherseits lebte übrigens in einem Orden, sie war Franziskanerin, das Kloster, in dem sie wohnte, war ein schlichtes modernes Haus in den Bergen.
Und wer preiskrönt eigentlich einen Kreuzweg aus Bronzeplatten...?

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kid37 - Mittwoch, 6. April 2016, 13:29
1965 wurde die Arbeit in Madrid ausgezeichnet, hier berichtet der Kölner Stadtanzeiger. Die Tafeln hängen sehr unauffällig an leicht verwitterten Außenmauern, das hat mir gefallen. Klosterruhe hat einen beträchtlichen Reiz, wenn man Tag für Tag mit Lärm, Stress und (medialem) Dauerfeuer lebt. Man muß aber sehr früh aufstehen, das war es dann mit Idylle. Danke für die Idee mit der Kerze. Das würde mich freuen.

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