Mittenmang statt nur dabei



Jetzt nicht gleich schimpfen. Ja, ich war in der großen Stadt. Ja, ich habe niemanden Bescheid gesagt. Es war aber auch nur eine Bravo-Beatles-Blitztournee (für die Älteren unter uns) und obendrein ist es nicht ja nicht immer und unter allen Umständen für Umstehende angenehm, auf der Straße erkannt zu werden. So übte ich putzig maskiert wie ein Berliner Straßenrapper ein Mimikry mit den mich umgebenden Wänden, kurzes Abklopfen, ob alles noch da und dort oder schon wieder ganz anders. In dieser großen Stadt rückt ja alles immerzu zurecht, so wie manche die Möbel in ihren Wohnungen. Bis alles endlich richtig ist. Also nie.

Mich aber lockte man mit falschen Hinweisen auf eine andere Stadt (Wien, na da schau an!), dann aber saß ich quasi mittenmang, redete mich um Kopf und Kragen und ließ dabei mein Knie einrosten. Fröstelnd im Bikini, das wiederholen wir dann noch mal, Antonioni im c/o hingegen ein gar nicht aufgeblasenes, sondern dezent erhellendes Blow-Up, auf Leinwänden räkelt sich Veruschka, rennt die junge Vanessa Redgrave durch den Park. Sehenswert ist neben den Fotos von David Bailey die erstmals gezeigte Sozialreportage von Don McCullin, mit den Fotos, die auch im Film auftauchen. (Hier ein Bericht zur Ausstellung im letzten Jahr in Wien.)

Wer mal Ringbahn fahren möchte, dem verrate ich den Trick, der mir erstmals verständlich erklärt wurde. Ob man im Uhrzeigersinn fährt oder nicht, zeigen einem nämlich die kleinen Symbole an der Zuganzeige auf dem Bahnsteig. So weiß man sofort, in welche Richtung man unterwegs ist oder ob man den Bahnsteig wechseln muß. Dead easy sozusagen, es gibt also tatsächlich Dinge mit Sinn und Verstand in dieser Stadt. Ihr wußtet das alles schon, ein epiphanischer Moment aber für mich, der ich mich jahrelang dort nur im Kreis gedreht hatte. Dabei ist es wie bei Kafka: Du mußt nur die Laufrichtung ändern!

Ausfallschritt | 21:45h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
mark793 - Montag, 26. Januar 2015, 22:22
Ach, so verhält sich das, ich dachte immer, es genügt zu wissen, in welche Ringbahn-Linie man einsteigt: Im Uhrzeigersinn ist es die S 41 und in Gegenrichtung S 42. Überhaupt erschien mir in Berlin das S-Bahnwesen immer recht schlüssig, was ich von München nicht behaupten kann.

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kid37 - Montag, 26. Januar 2015, 23:25
Ich fahre in der großen Stadt ja immer falsch, weil mir die angeschlagenen Fernziele alle nix sagen. Die Sache mit der 41/42 klingt zu verlockend, um wahr zu sein. Andererseits - das wäre ja noch simpler! Nichts gegen sie, aber ich würde das erst noch verfizieren wollen. Bis dahin beseelt mich die Erkenntnis, daß ziffernblattorientierte Richtung auch am Gleis angeschlagen steht. Als hätte da jemand nachgedacht! Unglaublich.

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mark793 - Dienstag, 27. Januar 2015, 00:08
Ich fahre in der großen Stadt ja immer falsch, weil mir die angeschlagenen Fernziele alle nix sagen.

Ja, Bernau, Oranienburg oder der Wannsee - das ist für unsereins alles irgendwie so, wie soll ich sagen, jwd.

Ansonsten spielt da aber auch mit hinein, welche emotionale Beziehung man zu der jeweiligen großen Stadt hat. Meine anglophile Verflossene hätte früher mühelos den Plan der Londoner U-Bahn aus dem Gedächtnis nachzeichnen können, aber in der Pariser Metro wäre sie unweigerlich verschütt gegangen, weil da die Info west bound oder east bound nicht mitgeliefert wird. Ich hingegen fühlte mich in der "tube" völlig verloren, hatte aber dafür in Paris keine große Mühe, immer die richtige Metro-Linie zu finden.

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kid37 - Dienstag, 27. Januar 2015, 00:23
Meine Bindungen dorthin sind immer hochemotional, vielleicht bin ich deshalb so verwirrt. London ist ebenfalls dead easy. Aber da spreche ich auch die Sprache, was mir in der großen Stadt nicht immer so leicht fällt, wa? Aber jetzt, wo ich Ringbahn kann...

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kid37 - Mittwoch, 28. Januar 2015, 15:52
Soeben erreicht mich eine brandheiße Info aus Berlin: Sie haben das mit den gegenläufigen Linien 41 und 42 richtig erklärt. Sehr guter Hinweis! Gott, ist das einfach. Diese Stadt ist fantastisch!

(Hab ich das gerade gesagt?!? Oha.)

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gaga - Mittwoch, 28. Januar 2015, 19:20
(sind da vielleicht körpereigene Hormone im Spiel?)
Ich stelle das ja auch an mir selber fest - ortsunabhängig - dass ich mit zunehmendem Alter Freude an alltäglichen Dingen zu empfinden in der Lage bin. Das erhöht die Lebensqualität ungemein. Wenn dann erst wirklich spektakuläre Erfreulichkeiten eintreten sollten - dereinst -, wähnt man sich voraussichtlich im Paradies. Scheint mir zumindest psychologisch-dramaturgisch schlüssig. Ich habe vor, dieses Programm weiterhin straff (mit eiskalter Berechnung) durchzuziehen!

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kid37 - Donnerstag, 29. Januar 2015, 11:26
(Apfelkuchen.)

Immerzu stand ich wie ein Junge aus der Provinz Hamburg hilflos vor diesem Liniengewirr und Umsteigedesaster beim Berliner Nahverkehr. Jetzt habe ich den Verdascht, das ist teilweise gar nicht so kompliziert, wie man es machen kann. Aber jetzt bin ja auch schon ein großer Junge und habe das mit diesem Ringsymbol mit dem Pfeil am Bahnsteig entdeckt. Könnte ich sogar schon anderen erklären. (Und das mache ich ja am liebsten.)

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carodame - Montag, 26. Januar 2015, 22:31
Die Große Stadt ist anziehend und ehe man es sich versieht, ist man mittenmang, und natürlich woanders. Bei Veruschka hätte es mir auch gefallen, außerdem war ich noch niemals dort, wo Sie sich auskennen. Danke für die Einweihung.

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kid37 - Montag, 26. Januar 2015, 23:29
2015 will ich ja mehr wagen und mehr Entfernung wagen. Das muß hier ja auch mal weitergehen. Erneut wurde mir glaubhaft von der Existenz von Kinos und Abendverstaltungsorten berichtet. Das wäre was. Da würde ich ja doch lachen, wenn das stimmte. Und den Film muß ich auch mal wieder in Gänze sehen. (Mir gefiel, daß dort im c/o auf sieben, acht Leinwänden verschiedene Sequenzen gezeigt wurden. Das hat die Fotos gut ergänzt.)

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kreuzbube - Dienstag, 10. Februar 2015, 11:09
Nachdem ich mehr und mehr Einladungen in die Hauptstadt erhalte -mehr als ich nachkommen kann- gebe ich diesen Hinweis hier mal weiter, anlässlich der Berlinale:

B-Movie: Lust & Sound in West-Berlin

Der dürre Blixa Bargeld, der in der Bar Risiko die Gäste besoffen macht. Der ernste Nick Cave, der an der Wand seines Zimmers in einer Berliner Wohnung „deutsche Gothik“ sammelt. Die coole Gudrun Gut, die vor dem Dschungel steht und Clubs aufzählt, in die man ab 2 Uhr gehen kann. Die tödliche Doris, die auf dem unwirtlichen Potsdamer Platz singt. Und zwischen Mauer und Brandmauern, Alt- und Neubauten, Mania D und Westbam: Der britische Musiker, Labelmacher und Militärfetischist Mark Reeder aus Manchester, dessen Begeisterung für mauerstädtische Elektromusik ihn Ende der Siebzigerjahre nach Berlin verschlagen hat, wo anscheinend – und zum Glück! – alles mitgefilmt wurde was er erlebte.

https://www.berlinale.de/de/programm/berlinale_programm/datenblatt.php?film_id=201503685#tab=video25

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kid37 - Dienstag, 10. Februar 2015, 11:32
Prima Hinweis, vielleicht gibt es ja sogar noch Karten. Die anderen müssen Wolfgang Müllers Subkultur-Buch lesen.

In dem von Ihnen verlinkten Text ragt auch der letzte Satz heraus, der etwas über die Rivalität der alteingeflohenen Mauerstadt-Berliner gegenüber den Post-90er-Nachzüglern verrät. Nehmt das, alte, graue Männer!

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vert - Dienstag, 27. Januar 2015, 03:35
da fällt mir ja noch so eine andere stadt mit gelbem rundverkehr ein, wo u-amateure eben diese kleinen pfeile schmerzlich vermissen.
aber irgendwann kommt man ja doch an.

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kid37 - Dienstag, 27. Januar 2015, 11:37
Einfach immer nach Barmbek! Und dort in eine andere Bahn umsteigen. Klappt immer! ;-)

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sid - Dienstag, 27. Januar 2015, 04:03
Wiener Feinbäckerei.
Sarah, Simon, Otto, Paul - oder welcher Wiener ; )))

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kid37 - Dienstag, 27. Januar 2015, 11:38
Ich traute mich nicht näher ran. Ich gehe für Backwaren immer nur zu Der Mann, der verwöhnt.

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nnier - Dienstag, 27. Januar 2015, 12:15
Besser nicht bei Sarah, da kommt man unter zehn Stunden nicht wieder raus.

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sid - Dienstag, 27. Januar 2015, 15:09
*fg* Die Dame hat sowieso für paar Leben ausgesorgt.
Ich weiß ja nie, ob ich mit der nun warm werd oder nicht.

@kid
Das ist auch der Brotdealer meines Vertrauens.
Bei meiner Lieblingsfiliale reichts, wenn ich mich an die Budel stell und bekomme umgehend mein telefonisch bestelltes Packerl. Man kennt sich (nun aber auch schon seit Jahren). Schönes Gefühl.


Ich hab mich jetzt mittlerweile (wieder) schlau gemacht, warum die Feinbäckerei diesen Zusatz im Namen trägt. Jetzt kann ich das wie immer vergessen, bis ich zum nächsten Mal drüber stolper ; )

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hora sexta - Dienstag, 27. Januar 2015, 08:28
Herr Kid! Weil Sie es sind, verrate ich Ihnen hier meinen Trick, richtig Ringbahn zu fahren. Einfach einsteigen, und irgendwann kommt auf jeden Fall die Haltestelle, an der Sie aussteigen möchten (wen Sie das dann noch wollen).

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kid37 - Dienstag, 27. Januar 2015, 11:41
Wenn ich mal ganz viel Zeit und ganz viel Mut habe, wage ich das. Hauptsache, man wird dort nicht an jeder Station von irgendwelchen Schauspielern und Gute-Laune-Sängern über Lautsprecher angebrüllt, welche Station nun folgt. So nämlich auf einer der zahllosen anderen Linien.

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montez - Dienstag, 27. Januar 2015, 10:54
Schön! Herr Kid!
Ins neue c/o muss ich unbedingt auch bald.

Der Tip mit der Ringbahn ist super. Das mit dem Sitzenbleiben klappt nämlich nicht. Irgendwann, völlig unvermittelt, biegt die doch ab.

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kid37 - Dienstag, 27. Januar 2015, 11:41
Das wäre dann für mich typisch Berlin! Irgendwann, völlig unvermittelt, biegt die doch ab. So kenne ich das.

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gaga - Dienstag, 27. Januar 2015, 19:46
(daher die erstaunliche, aktuelle Ortskundigkeit in dem Dreh...!)
Ich würde ja nie Vorwürfe machen, schon alleine, weil ich selbst gerade inkognito-Reisepläne im Kopf habe. Das muss drin sein. Wenn man immer jeden über alles informiert, wird an einem gezerrt und ein schlechtes Gewissen vermittelt, wenn man sich nicht verabredet - sehr nervig! Haarscharf bin ich nicht zum opening am letzten Freitag - mir war nicht nach Supermarkt (c/o-openings sind ja immer unterträglich voll). Oder waren Sie gar nicht am Freitag? Jedenfalls war Veruschka da, aber es gibt nur das eine Foto aus diskreter Distanz (mit Holger Trülzsch, links im Bild) , sie hat es nicht mehr gerne, abgeschossen zu werden. Die Lore Krüger-Bilder interessieren mich eigentlich mehr, Blow Up kenne ich ja in- und auswendig.

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kid37 - Dienstag, 27. Januar 2015, 23:59
(Ja. Von nix kommt nix ;-)) Ich übe ja gerade - demnächst komme ich dann auch ohne Tarnkappe nach Berlin. Auf der Vernissage wäre es mir zu wuselig gewesen, die Luft dort ist nicht die beste. Bei den Lore-Bildern bin ich unentschlossen. Da sind einige gute Porträts dabei, ein hübscher Neue-Sachlichkeit-Stil auch. Manches aber auch ein wenig "na ja". Die Patina und die Aura der 30er helfen schon sehr.

Im Buchladen habe ich noch ein Fanzine, das komplett Kim Gordon gewidmet war, entdeckt. Sehr korrektes Reisemitbringsel.

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schneckle - Dienstag, 27. Januar 2015, 21:09
Und ich denk noch so, das war doch der Herr Kid, in dem Video from the Vernissage event from last Friday.

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gaga - Dienstag, 27. Januar 2015, 21:18
(in dem clip? oder wo?)

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schneckle - Dienstag, 27. Januar 2015, 21:32
Ja. Das war jedenfalls mein erster Gedanke bei 0.14.
Aber ich habe den Herrn Kid ja auch noch nie in echt gesehen.

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gaga - Dienstag, 27. Januar 2015, 21:43
Das kann er wohl nur persönlich verifizieren. Obwohl ich ihn schon mehr als einmal in echt gesehen habe, halte ich es für möglich, dass das einer seiner zwei bis drei Doppelgänger ist, die man hier ab und zu beobachten kann. Von hinten kann ich ganz schlecht berurteilen, ob es sich um Original oder Fälschung handelt. Wir müssen halt warten, bis er sich wieder zu Wort meldet!

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kid37 - Dienstag, 27. Januar 2015, 23:55


Hier der? Könnte sein. Ich selbst habe mich, ehrlich gesagt, auch noch nie gesehen, wie man mir durchs Brillenglas filmt. Interessant, so eine 08/15-Type könnte man vervielfältigen und gleichzeitig auf alle möglichen Vernissagen schicken. So wie Kraftwerks Roboter. Das wäre wirklich praktisch. Man muß sich - wie immer im Leben - aber selbst auseinanderhalten können. Auch nicht immer einfach.

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gaga - Dienstag, 27. Januar 2015, 23:58
Man(n) hält sich bedeckt.

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kid37 - Samstag, 7. Februar 2015, 18:17
Sieh an
Kaum schreibt man über die Ringbahn, schon greifen die Berliner die Ideen auf. Die 24 Stunden von Le Ringbahn. Und natürlich steckt da wieder Kunst dahinter.

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