Mein Roman Mein Kännchen ist draußen, eine grotesk-anmutige Farce über das Leben eines alternden Erotomanen an der Südküste einer bekannten deutschen Großstadt, entstand in zahlreichen erinnerungsreifen lauen Abenden im mit allerlei Reizen gefüllten Vorsommer, der meinen alten Bekannten T. und mich oft genug in die Zeit nach Mitternacht warf. Man kennt das: Man redet, trinkt etwas, lungert herum wie zerknüllte Kippen in einer Jackentasche, redet wieder was und kommt den großen Geheimnissen des Lebens und dessen Gefühl auf die Spur.
Ich also, sage ich in dieser Zeit dem T., und versuche in Schönschrift ein paar Zeilen zu schreiben, wo eigentlich Seiten um Seiten um Seiten folgen sollten. "Astra ist auch ok", höre ich den T., der mir nicht ganz bei der Sache zu sein scheint. "Hören wir zu?" frage ich. "Natürlich," sagt er, "aber die nächste Runde geht auf dich."
"Guck mal die Ische", ruft er, setzt nach mit einem dreifachen "Wow! Wow! Wow!" Ich lausche angestrengt, denn gerade hatte ich noch einen Gedanken, der sich nun aber wie auf trippelnden Freiersfüßen an der Straßenecke davonmacht. Der T. winkt irgendwohin, ich mache etwas genervt so eine Art von Geräusch, er so: "Was denn?!" Ich fahre fort in meiner Rede an niemanden. "Man muß es mal so sehen", sage ich. "Da ist so ein Gefühl. Du weißt doch", wende ich mich direkt an den T., "was das ist, Gefühl." Klar, sagt der. Gefühl. Logo. Haben wir doch alle mal, sagt er und nimmt noch einen Schluck.
"Boah", höre ich ihn, wie von Ferne. Ob das noch ein Gürtel sei oder schon ein Rock, es sei ja noch nicht einmal Mai. Himmel, denke ich, jetzt geht man einmal aus. Vorstadt, ruft er vergnügt oder verächtlich, ich kann das nicht immer unterscheiden. Die kommt aus der Vorstadt. Ich sage, Hallo, also so ein streng-ermahnendes "Hallooo", sind wir heute wieder 16, was ist los, ich wollte doch was sagen.
"Klar", sagt der T. "Sag, Mann." Ich hebe also an und eine große Grube aus, stecke sozusagen den Claim ab, den umzugraben ich mir vorgenommen habe. Ein fetter Schlitten röhrt vorbei, eine Hand hängt daußen, die Finger zu Teufelshörnern geformt, der T. kichert, sagt: "'Tschuldigung, daß ich unterbreche, aber..." Ich denke, aber, aber, wasdennaber, ich habe ja noch gar nichts gesagt. "SPACELOOORD, MOTHERFUKKER!" brüllt der T. ganz laut, schwenkt sein Bier dem Wagen hinterher und bricht in Gelächter aus. "Geile Karre!" Ich mache ein Geräusch, vergnügt oder verächtlich, ich kann das nicht immer unterscheiden.
"Ok", sagt der T. "Du wolltest doch was sagen." Schon gut, sage ich mit einem Seufzer. "Laß uns mal weitergehen. Wird eh bald alles abgerissen."
Die Reeperbahn war immer ein lebendiges, und immer auch ein armes Viertel - was jetzt daraus wird (und für wen), kann man ahnen.
Dabei ist auch die andere Seite zu bedenken - daß Menschen wie z.B. auch ich im gewissen Maße Teil des Problems sind. Selbst mein Stadtteil, einabsolut unspektakuläres Rentner- und Ballonseideviertel, wandelt sich: Studenten, Biothekenkäufer, Macbookcafésitzer sind in den letzten zwei Jahren massiv hier zugezogen. Bald werden sie Wohnungen und Häuser kaufen und erste Galerien eröffnen. In der Kleingartenanlage gegenüber fand neulich ein Wochenendrave statt. Geht schon los.
Ich habe meinen Querverweis auf eine hier Abwesende auch nicht böse oder sarkastisch gemeint. Den Versuch der Hansestadt, den Prozess zumindest ein Stück weit zu einzuhegen, finde ich auch nicht verkehrt, man erinnert sich ja durchaus an anders gelagerte Präzedenzfälle. Warum es jetzt nicht mal versuchen, ob sich da was steuern lässt, um die Nachteile zumindest zu minimieren? Andererseits muss Quartiermangement heute auch mehr leisten als nur zu versuchen, das Elend, an das man sich lange gewöhnt hat, irgendwie zu konservieren. Das kanns ja auch nicht sein. Schwierig.
Kann man hier deutlich sehen. Altes Industrieviertel, heruntergekommen. Leipziger Schule macht sich darin breit. Schon wird's hip. Der neue Bewohner, obgleich selbst kein Künstler, fühlt sich wie in Warhol's Factory. Die arbeitslosen Trinker am Büdchen und gar die Junkies müssen aber nicht sein.
Und natürlich, wie bereits erwähnt, Studenten. Das ist Gentrifizierung pur. Die Alten ziehen weg.
Wenn das nicht aufhört, werde ich eine Wutbürgerinitiative gründen müssen.
Andererseits, dieser Initiative kann ich auch nicht helfen: KiezKulturErbe. Die sind in diesem anderen Internet.
paddeln jetzt immer öfter junge Leute mit kleinen Booten durch die Kanäle. UND LACHEN DABEI.ich gestehe: das war ich (und dabei bin ich nicht mal jung!).
letztes jahr. (kanalkanu ist ja soooo 2010!)
verfahrene situation. die zweitbootbesatzung hat uns mit dem iphone wieder rausgelotst. und ich hab mir so den herrn kid vorgestellt, wie er oben am französischen balkon ausschau hält und ob des eitlen treibens milde den kopf schüttelt.
(straffer zeitplan: paddeln, picknick, party.
ich kenn da nämlich auch einen, der wird regelmäßig um die früchte seines schaffens betrogen. der sitzt immer an den rechnern der *hüstel*-partei in lübeck und ihm wird auch immer viel arbeit zunichte gemacht, weil unbekannte seine einträge verunstalten und dabei sollte er, er alleine doch nur die zugriffsrechte darauf haben...
wie was das jetzt eigentlich noch mal mit den chemtrails?
Mit Ihnen säße ich ja lieber im Algonquin und machte
Ach ja, Tante Dorothy! Oft und gerne hat sie von den subversiven Zusammenkünften erzählt, wenn ich auf ihrem Schoß saß und sie ihre Haschischzigaretten gerollt hat.
Dorothy Parker: "No fun."
Ja, mehr Nachdruck! Weißglut am Telefon! Letzte Konflikte dann beim Rasenkrocket austragen - wie Sportsleute!
Ich habe gelesen, die Tanke soll auch weg. Die Spiegel TV -Tanke! Kaum zu glauben.