
Dienstag, 1. Juni 2010
Wenn du gehst. Bernadette hat auch nach Jahren immer noch recht.

Sonntag, 30. Mai 2010



Am Tag, nachdem eine grad mal 19-Jährige eher unbekümmert den Schlagerwettbewerb gewonnen hat, versammeln sich, statt in ihren lachsicheren Kellern zu bleiben, offenbar alle mit Stock im Arsch im Forum von Spiegel Online und anderswo im Netz, meckern über dies, nörgeln über das, wittern Verschwörung, beklagen den Verfall der Werte, lästern im schlechten Deutsch über angeblich mangelnde Englischkenntnisse besagter Abiturientin und zeigen, daß man sich in diesem Land über keinen Spaß mehr freuen darf, wenn mit einem harmlosen, aber doch ganz charmanten Trällerliedchen nicht zugleich der Weltfrieden herbeigeführt oder mindestens das Ölloch im Golf von Mexiko gestopft werden kann. Euer Englisch mit 19 möchte ich mal hören.
Die eigene Zeit ist also besser verbracht, zwischen einzelnen Regenschauern ein wenig hinauszukommen. Auf dem Flohmarkt bekam ich ein hübsches verrostetes Grobwerkzeug geschenkt, verdammte Axt, auch so ein Glück. Dann aber rasch umgekleidet, unter dem Gewitter hindurchgetaucht und eine schnelle Runde um den Holzhafen gedreht. Sattel statt Satellite sozusagen, um auch mal einen Top-Witz zu machen.
Hübsches Veloblog von vier engagierten jungen Damen aus Paris auf zwei schnellen Rädern: Les Mittens. Frankreich gilt ja als zwar radbegeistertes, aber nicht unbedingt fahrradfreundliches Land, die Touren des Quartetts deuten aber ganz interessante Möglichkeiten an. Bei Flickr haben sie auch ein Album.
Ganz toll: Banale Weisheiten und Truisms auf verschmutztem Papier - Nobody at the Wheel.
Ich mach jetzt mal die Lena und koche, ohne Kartoffeln im Haus, aber trotzdem ganz unbekümmert Spargel.

Sonntag, 30. Mai 2010



Zum Glück reagiere ich ja aus dem Stand heraus spontan, so daß mancher sich fragt, wie dieser soeben noch schläfrig wirkende Mann plötzlich wie sonst nur ein ghanaischer Fußballspieler voller Spannkraft auf dem Punkt landen kann. Weil die Lu kurz und kurzfristig in der Stadt war, mußte ich andere dunkellockende Abenteuer zur Seite schieben und seemännische Hafenbegleitung anbieten. Ausnahmsweise überpünktlich, zeigte sich bald, daß man mich nicht zu lange alleine lassen darf ("Einen wilden Mann kann man nicht halten", Bernadette Hengst) - ich werde dann unruhig und komme mit anderen ins Gespräch. Die nette Dame, mit der ich nun auf einer Bank an den Landungsbrücken ins Flirten Gespräch kam, war zwar schon Mitte 70 und weniger blond als grauhaarig, dafür aber gutgelaunt und humorvoll, zwei Eigenschaften, die man an Frauen ja nicht hoch genug schätzen kann. Die rüstige Dame erzählte von ihren Reisen und ihrer Leidenschaft für die See und bedauerte, keinen Reisegefährten zu haben, der mit ihr die Überfahrt nach Helgoland wagt. Ich stand kurz davor, laut zu rufen, hier! nehmen Sie mich, Reisen ist doch mein zweiter Vorname - aber ausgerechnet da platzte dann Lu dazwischen, die mittlerweile den Weg gefunden hatte. Da galt es, die Situation retten und mich bedauernd verabschieden, die alte Dame zeigte aber mildes Verständnis, und so zog ich dann doch noch mit der Blonden die Elbe runter.
Hamburg hatte Sommer im Programm, ich verteidigte Sängerin Lena, die gerade auf Abiturfahrt nach Oslo ist und hörte dafür brandheiße Geschichten in warmer Sonne. Die Containerschiffe, so eine andere Beobachtung, liegen immer noch verdächtig weit über der Wasserlinie, aber man gibt ja das Hoffen nicht auf. Zurück dann schnell noch beim famosen Herrn Krüger vorbeigeschaut, der mich zurecht! des Vernissage-Schwänzens zieh (ich habe dann in Selbstkasteiung auch die angebotenen Getränke ausgeschlagen). Eine wirklich großartige Ausstellung hat er da gerade in seiner Galerie, ganz tolle Sachen, wenn man bitte einmal schauen möge, von Femke Hiestra, Fred Stonehouse, Atak und Heiko Müller. Ganz aktuell quasi die Bilder von Ryan Heshka, der einerseits Taucher zeigt, die verzweifelt versuchen, ein Bohrloch zu schließen und andererseits schutzanzugumhüllte Retter, die mutierte Rieseninsektoide in ölverseuchten Sumpfgebieten jagen. Hier gibt es mehr zu sehen. Camille Rose Garcia hätte mit ihrer Reihe Ultraviolenceland auch gut dazugepaßt.
Für morgen ist endlich Regen angesagt.
("Neo Fabulists", Feinkunst Krüger, Hamburg. 8.-29.5.2010.)

Donnerstag, 27. Mai 2010
Hamburg ist bekanntlich das "Tor zu Welt", macht aber gerade die Türen zu. In der Kunstzeitung las ich vor ein paar Monaten erstmals über das eher schwachbrüstige und juristisch interessant gestrickte Finanzierungsmodell der Kunsthalle. In eine eher unterfinanzierte Stiftung entlassen, fehlen dem Museum nun 200.000 Euro, so daß man sich gezwungen sieht, die 1996 mit viel TamTam neueröffnete "Galerie der Gegenwart" bis Oktober zu schließen. Offiziell aus "Brandschutzgründen" - aber zufällig ergibt die "eingesparte" Summe just den genannten Fehlbetrag. Hony soit, qui mal y pense usw.
Was als demi-monde provinzielle Posse im norddeutschen Marschland hätte versickern können, zumal von Kultursenatorin Karin von Welck als eher "kommunikatives Mißverständnis" dargestellt, wurde von überregionalen Medien indes mit Entsetzen aufgegriffen, die Süddeutsche berichtete, die FAZ machte gleich eine fortlaufende Reihe daraus, in der Niklas Maak feststellte: "Denn am Ende überlebt ein nach dem Stiftungsmodell organisiertes Museum nur dann dauerhaft, wenn es überzeugende, mitreißende Ausstellungen macht. Dafür fehlt jetzt das Geld, und eine Schließung ist kein so gutes Signal, wenn man zeigen will, dass es wieder bergauf geht" (FAZ vom 19.5.2010). Ein paar Tage später entlarvte Peter Rawert ebenda ein solches Modell als eine Art "Bad Bank" der Kulturpolitik, mit dem nicht zuletzt der Stiftungsgedanke vom Staat selbst desavouiert würde. Wahrlich ein fatales Signal.
Nun hat auch das Fernsehen die Sache aufgegriffen, Kulturzeit berichtete, denn in Hamburg scheint sich nun ein Schließungsbrand auszubreiten. Gestern meldete das Altonaer Museum, das soeben für drei Millionen aufwendig aufgehübscht wurde, nicht schließen, aber doch irgendwie, nun ja, schließen zu müssen. Wegen, nun ja, Brandschutzmaßnahmen.
Es ist aber alles nicht so schlimm. Denn am Wochenende feiert die Elbphilharmonie Richtfest, ein bislang eher für Disharmonie sorgendes Millionengrab, das sich Hamburg statt ursprünglich avisierter 70 Millionen nach Mängeln, Nachforderungen und weiterer Nachforderungen bald eine lockere halbe Milliarde Euro kosten läßt. Ein sogenanntes "Leuchtturmprojekt", das strahlen soll, während in der Stadt die Lichter ausgehen. Wie schrieb Niklas Maak: "Hamburg zeigt [...] dass der durchaus üppige Etat, von dem die Kunsthalle etwas brauchte, in aberwitzigen, dinosaurischen Prestigeprojekten wie der Elbphilharmonie versenkt wird, das immer mehr zu einem vertikalen schwarzen Loch wird, in dem am Ende Hamburgs letzter Pfennig zu verschwinden droht". Geld, auch das weiß man seit der Finanzkrise, ist also da und zwar auch im Kulturetat.
Wann genau diese sogenannte Philharmonie übrigens fertig sein wird, weiß niemand so genau zu sagen. Macht aber nichts, wir feiern einfach schon einmal. Und, so zischeln böse Zungen ja schon lange, gute Ausstellungen sieht man doch sowieso eher im Hamburger Bahnhof. Na dann, Prost.

Dienstag, 25. Mai 2010



Feiertag, da dachte ich, gehst du schön mal was Essen, aber dann hatte der Laden zu, und über mir bastelte ein Gewitter seinen Klimbim zusammen: Regen, Donner, Unterstand - die drei Ecken des Radfahrwesens. Aber mit gutverborgenem chromblitzenden Lachen und rostiger Unverdrossenheit weiter über die sieben Brücken, glitschiges Kopfsteinpflaster, heimlich hin- und herrangierende Laster beobachten, Schleichwege erkunden - kurz: die Nebenwege. Heimat und Freunde, heißt es, bald dann auch wieder Sonne, selbst das Wetter mag sich nicht recht entscheiden. Dabei die ganze Zeit Wind von vorn, als wäre dies unter der Woche nicht schon ständiger Aufruf zur inneren Gefechtsbereitschaft. Immer in Bewegung bleiben, Herzchen.

Sonntag, 23. Mai 2010



Endlich ein bißchen Zeit, Gelegenheit, dem Stapel Unterlagen auf dem Tisch die lange Nase zu zeigen, sich um die Pflege der Zimmerpflanzen zu kümmern, die neuen Griffe am Lenker zu montieren, die Beleuchtung zu reparieren (Licht in alle Richtungen werfen!), Werkzeug zu sortieren, Haushalt... und immer noch ist ein wenig Luft. Gestern aber vornüber versumpft und folglich Stereo Total entsagt, dafür heute dann eine halbe Stunde früher los und zwei Flohmärkte besucht. Nostalgie- und Erinnerungsreflektionen, halb defekte Gerätschaften, Bücher, die keiner mehr liest, Werkzeuge, die rostige Flecken auf der Haut hinterlassen. Für ein Euo ein zweifelhaftes Realienbuch erstanden, Jahrgang 1941 und so liest es sich auch. Kapitel wie "Die deutsche Landwirtschaft" und was der "Führer" dazu zu sagen hatte, vom Kampf auf der Scholle und so fort. Man hat ja gleich diese Stimme dazu im Kopf, und das ausgerechnet an Pfingsten, dem Ende der Babylonischen Sprachverwirrung. Sollte es zu arg werden, hilft die rostige Daumenschraube-to-go, für 50 Cents von einer alten, gutmütig schauenden Dame erstanden. Kann man immer dabeihaben, wofür, das wird man dann sehen.
Die neue Griffe waren, nachdem die alten erst einmal runter kamen, eine Freude zu Montieren, große Produktbegeisterung erneut, selbst das Kürzen des rechten, dort wo die Gangschaltung sitzt, war noch einfacher als gehofft, weil der Hersteller, der sich das allerdings auch gut bezahlen läßt, mitgedacht hat. Danach dann Luft & Landschaft einatmen, ich muß am Ende der Woche ja immer raus, das wird gar nicht besser. Überlegt, ob man nicht einfach ein wenig Spielen sollte oder eine Flasche Rotwein köpfen. Jetzt aber in die Küche, den Kampf um die Ernährung aufnehmen.

Freitag, 21. Mai 2010
Nun, da sich so langsam verläßliches Zweiradwetter herauskristallisiert, stellt sich erneut die regelmäßige und regelmäßig Verzweiflung erzeugende Frage nach der richtigen Bekleidung. Über Tweed Cycling habe ich ja bereits berichtet, aber nun habe ich (s. Foto) endlich ein passendes, geringeltes Outfit gefunden. Da steht ihr mit offenem Mund und wagt es vor Erstaunen kaum, Beifall zu zollen. Ich weiß, ich weiß.
Wer dies aus Zurückhaltung eventuell übertrieben findet und weitere und vielleicht andere, möglicherweise dezentere Anregungen sucht, wird sicher hier fündig: Riding Pretty, ein Blog zum Sehen, Staunen und nostalgischem Träumen, Lovely Bike - ebenso verehrend und modisch bekehrend, Girls & Bicycles zeigt wunderbare Beispiele, ähnlich wie Velo Vogue, ein Blog, das sich ganz auf Tragbares und Untragbares auf zwei Rädern spezialisiert hat. Und wie sieht es normalerweise aus? She Rides a Bike gibt Auskunft.
Foto via Riding Pretty
