Samstag, 23. Januar 2016


Graue Dilletanten


So toll, wenn die eigene Jugend ins Museum kommt (die rechte meine ich, Leute!)

1981 gab es im Berliner Tempodrom das berühmte und berühmt falsch geschriebene Festival "Geniale Dilletanten". Die gleichnamige Ausstellung, die zuvor bereits in abgespeckter Form in München und im Ausland zu sehen war, zeigt Erinnerungsstücke an damalige Bands, Malerei, Installationen und Videos aus dem deutschen Post-Punk-Umfeld, also der Neuen Deutschen Welle ehe sie die NDW war.


Dilletanten-Bingo: Immerhin, vier der gezeigten Alben habe ich

Im Publikum zahlreiche Vertreter und Zeitzeugen, spot your Künstler heißt auch ein fröhliches Motto des Abends. Etwas fürs Panini-Sammelalbum: Die meisten in Ehren ergraut, manche auch einfach so. Manche auch nicht so gut, was mir ein wenig Angst einjagt, denn ähnlich wie ich sind die ebenfalls mindestens 37 Jahre und ein paar Monate alt. Aber wie heißt es so schön? So punk kommen wir nicht mehr zusammen, schnell noch ein Bier und Erinnerungen ins Sentimentalknopfloch.



"Duchamp" in zwei, drei, eins... Doris am Urinal

Eigentlich waren die Zentren dieser Kunstpunk-Szene Düsseldorf und Berlin, Hamburg war ja eher gleichnamige Härte, halt die Fresse, komm mal her - obwohl, so geschwätzig ist man hier ja wiederum auch nicht. Zwischen DAF, Der Plan, Einstürzende Neubauten und Die tödliche Doris wurden also schnell noch Palais Schaumburg als Hanseatenbeitrag gepackt, die waren immerhin auf der Kunsthochschule. Warum Bands wie F.S.K. hier subsummiert sind, erschließt sich mir bei aller Liebe aber nicht.



"Mit Leibwachen kommt Holger Hiller an/Massenschlägerei für ein Autogramm!"

Mittagspause sind erwähnt, Fehlfarben und einige von der Düsseldorfer Akademie fehlen. Aber Leerstellen zu benennen, ist im Nachhinein immer einfach. Natürlich wären Bilder von Albert Oehlen oder Objekte wie das Stehpuppen-Schallplattenset der Tödlichen Doris nett gewesen, ich kenne immerhin zwei Menschen, die eines besitzen. (Und einer davon bin nicht ich. Und der andere leider auch nicht.)

Amüsant ist das ausgestellte, völlig zerdengelte Metallschlagzeug der Neubauten, ein "Berühren verboten"-Schild soll den Schrotthaufen schützen, was natürlich dem Sinn der ausgestellten Kunst völlig zuwiderläuft. (Es wird sich, ich drücke es mal so aus, nicht akribisch dran gehalten.) Es ist ein Museum, ein ganzes Leben, in Gießharz eingeklebt.


Ratinger! Markthalle! X-mal Deutschland!

Kurz, Kennwort "Ratinger!", spreche ich mit La Reimann. Die erkennt mich aber gar nicht, so grau bin ich geworden. Zeit, mich ins Museum zu stellen, Glasvitrine zu, weg, schnell noch ein Lied: Das war vor Jahren. Peter Hein, bitte rufen Sie mich aus Wien an!

("Geniale Dilletanten - Subkultur der 1980er Jahre in Deutschland". Museum für Kunst & Gewerbe, Hamburg. Bis 30. April 2016.)