Sonntag, 4. Juli 2010
Vom Vortag klingt mir das Kriegsgetöse aus dem grünüberwucherten Ruinenviertel und Scheppern von Geschirr noch im Ohr, und allgemein scheinen derzeit einige nicht halt zu machen, ehe nicht alles in Scherben liegt. Das muß der Sommer sein, denke ich, die einzige Zeit, in der Rotwein zu kühlen und mit einem Eiswürfel näher liiert zu sein ein echter Gewinn ist. Da ist alles ein wenig bunter und lauter, eine Fiesta fürs Leben. In kurzen Hosen (Wenn mich jemand sieht, bin ich tot, denkend) und dem mutmachenden Lied "My Rifle, My Pony And Me" auf den Lippen, wage ich mich aufs Rad, dem einzigen wackligen Halt, der einem Mann ohne Verein so bleibt. Selbst der Fahrtwind aber ist widerlich warm, die Pause am Elbufer keine Wohltat. Junge Männer mit amerikanischem Akzent machen splitternackt Faxen auf dem Anleger, einer pißt ins Wasser, dann springen alle hinein. Auf einer Picknickdecke in Hörweite diskutieren zwei junge Frauen über ihnen von ihren Freunden zugekommene genitale Befriedigung, sie drücken es ein wenig anders, aber nicht viel charmanter aus und lachen mit einer unangenehm schlandigen Stimme, so als seien sie auf einem Fanfest und feuerten sich gegenseitig an. Der Mensch, ich muß es sagen, ist mir an diesem Tag ein wenig fremd. "Das Haus ihrer Abneigung war bescheiden mit Zärtlichkeit möbliert", lese ich bei Capote, hier draußen im freien Wildwest jedoch ist der einzige Anblick von Ausstattung der von eher kurzläufigen Flinten.
Wie platt ist mein Frosch, denke ich später im Naturschutzgebiet. Kaum vorzeigbar der Geselle, der siegestrunken wohl hüpfte, die Beine so bleich und dürr wie Caipirinha-Strohhalme, ehe ihn ein Auto erwischte und Thorax und Kopf in ebenjenen somm'rigen Zustand versetzte, von dem es heißt, man fühle sich vor Hitze im Schädel wie Matsche. Nichts von all euren Versprechen wird den Herbst noch erleben.
>>> Geräusch des Tages: Martha & The Vandellas, Heatwave