Freitag, 4. Juni 2010
das Bahnschiff durch die Lüfte über das Wasser...
(Else Lasker-Schüler, "Die Wupper". 1909.)
Wie lockt man jemanden, der nach dem neuesten Rating in der Stadt Nr 1 lebt? Schwierig. Aber wo andere vielleicht "I'm from the wrong side of town" [Q] jammern würden, lockt man besser ihn (oder sie) in eine Stadt, die in einem anderen Städteranking ebenfalls auf Platz 1 liegt. Spitzenstädte dieser Welt, vereinigt euch! So geht's.
Ironischerweise aber schaltete Wuppertal an diesem Tag die Sonne ein, die Schwebebahn fuhr auch wieder, große Runde also wie sonst nur mit einer Barkasse durch den Hafen oder wie durch ein liegendes Riesenrad im Prater. Österreicher scheucht man natürlich auch gern die steilen Straßen hoch, das lieben sie von daheim. Die Bahn rumpelt an den Rückseiten der alten Fabriken vorbei, zurückeroberte Shed-Architektur ist zu sehen und erstaunliche Biotope auf Dächern und Terrassen. Dann die Farben, womöglich ausgeschenkt von den Lackfabriken am Rande der Stadt. Zwischen sterbendem Grau sind bemerkenswert viele Fassaden in allen Pastellregenbogenfarben frisch getönt.
Wuppertal hat auch Galionsfiguren, daher die vielen Seemänner dort.
Satt & Nacht, den Spanier gibt es zum Glück noch (im Vergleich zu so vielen hanseatischen Enttäuschungen war das Restaurant in der Erinnerung ja bereits zum Mythos gewachsen), der Besitzer freut sich über den Besuch, lobt Fußball und St. Pauli und so glaube ich, daß die verhutzelte, sperrige, ins Tal geklebte Stadt sich ganz wacker geschlagen hat. Ich bin ja immer ein wenig gerührt, wenn jemand Interesse zeigt, so schrecklich viele Vorzeigeecken gibt es ja nun nicht, verglichen jedenfalls mit den Metropolen dieser Welt. Dafür kann ich zu diesen Ecken das ein oder andere erzählen, weiß, woher hier und dort der Staub stammt, aber das muß man natürlich auch hören wollen.