Samstag, 20. September 2008


Glitter In Their Eyes

Look out kids
The gleam the gleam
All that glitters
Is not all that glitters

(Patti Smith, "Glitter In Their Eyes".)



Die betrachten, die die betrachten, die die betrachten, die betrachtet wurden.

Mit den Deichtorhallen hat Hamburg eine der schönsten Möglichkeiten, moderne Kunst und Fotografie zu zeigen. Zwischen Hafen und Hauptbahnhof gelegen, selbst ein wunderschönes altes Gebäude, das ansprechend saniert wurde und einige tausend Quadratmeter Ausstellungsfläche bereithält. Mit Doyen F.C. Gundlach und seiner Sammlung hat es zudem Zugriff auf ein enormes Konvolut klassischer und moderner Fotografie - dessen Schwerpunkt, der Sammler ist Programm, wenig überraschend die Mode ist. Und schon zeigt sich ein kleines Problem: Die Deichtorhallen zeigen gerne Modefotografie, mal klassischen Vonbismus, mal ausgewählte Einzelperspektiven, dann mal wieder die Sammlung des Stifters, ein berühmter Modefotograf, dann mal wieder was Schönes mit Mode oder nun: "50 Starfotografen zeigen ihre Vision von Schönheit". Dieselben, so verkündet die Kuratorin stolz, hatten freie Hand - und so wirkt es denn auch ein wenig wie Schüleraufsatz. Profis schicken ihr liebstes Ferienerlebnis ihre liebste Fotografenlese.



Schwarzweiße Ringel? Kann ich auch!

Bekannte Frauen, unbekanntere Modelle, mal die Mama, mal die fitte Schauspielerin, die ein Star war seit den 60ern. Ein paar neue Gesichter sind dabei, ja, auch die autoaggressive Soul-Schabracke aus England, von der man sich fragt, wessen "Traumfrau" sie wohl ist. Von der Stimme abgesehen. Alles Menschen mit großem Herz, von allgemein attestierter äußerer und sicherlich auch innerer Schönheit. Auf der Vernissage mischte sich die Feuilletonjenska dieser Stadt, ein paar bekannte und sicherlich noch mehr (mir) völlig unbekannte Fotografen, ihre Miezen Musen und ein paar russisch sprechende, sehr ansehnliche Nachwuchsmodels unter die Gäste. Toll. Niemand hätte ein Foto von Kate Moss geschickt, so die Kuratorin. Diese sei wohl keine Ikone unserer Zeit mehr. Überhaupt ist viel die Rede vom "21. Jahrhundert", als hätte jemand vor acht Jahren einen Schalter mit dem Radiergummi umgelegt. Vielleicht hat man einfach die falschen Fotografen angefragt, obwohl nun wirklich illustre Namen darunter sind: Sheila Metzner, LaChapelle, Lindbergh, Bettina Rheims, Ralph Mecke auch und der von mir bewunderte Albert Watson, der unvermeidliche Bruce Weber und - immerhin - Rankin, den ich (anders als Weber z.B.) wirklich als Vertreter des 21. Jahrhunderts zählen würde. Kate Moss sei wohl zu dünn, so die Kuratorin weiter. Ja, aber Rock'n'Roll, und man hat Stephen Meisel und Terry Richardson schlicht vergessen. Und - talking about 21. Jahrhundert - was hat denn Claudia Schiffer hier zu suchen?

Kurz: Es ist ein bißchen herbeigeredet, ein bißchen gezwungen, ein bißchen beliebig auch. Aber - wir nähern uns der Adventszeit, das Jahr soll engelsgleich versöhnlich enden - immer schön, wenigstens äußerlich. Und darauf, Schnauze, Kid, kommt es ja nun auch an, wenn das Schäbige mal Feierabend haben soll.

(Traumfrauen. Deichtorhallen, Hamburg. Bis zum 9.11.2008.)