Mittwoch, 8. November 2006


Lebensscheiben, transparent

For there are brighter sides to life
And I should know, because I've seen them
But not very often ...

(The Smiths, "Still Ill")

Wanderer in Skandinavien. Flohmarktfund

Neulich auf dem Flohmarkt bekam ich ein Kästchen mit alten Dias geschenkt. Reste aus einer Wohnungsauflösung, Dinge und Erinnerungen, die keiner mehr wollte. Die Fotografien stammen allem Anschein nach aus den späten 60ern, eher frühen 70ern. Vieles war uninteressant, Museumsbilder von antiken Skulpturen aus Griechenland. Ein Lehrer vielleicht, Kunst oder Geschichte. Griechenland war zu dieser Zeit, nach Italien, ein bevorzugtes Reiseland für junge Akademiker geworden. Jedenfalls leite ich das aus meinen Erinnerungen an endlose Dia- und Super-8-Filmschauen meiner damaligen Lehrer ab, die sie nach den Sommerferien in verdunkelten Klassenzimmern zeigten.

Das Eigenheim im Grünen, das auf manchen der Bildern auftaucht, Menschen auf der Terrasse, eine Hollywoodschaukel ist undeutlich zu sehen, deutet auf so einen Hintergrund hin. Der Vater Beamter, ebenfalls Lehrer vielleicht. Nachbarn zu Besuch, man diskutiert über den Weltenlauf. Ein kleiner Junge spielt im Gras. In einer Küche mit scheußlichen Siebziger-Jahre-Kacheln und Hängeschränken wäscht eine alte Dame Geschirr.

Gemeinsam, zu dritt oder viert, ging man auf Wanderungen durch Skandinavien. Kaitumjaure konnte ich auf der kritzeligen Beschriftung der glasgerahmten Dias entziffern. Das Wetter dort war nicht immer gut.

Die alte Dame ist nun sicher tot. Die Wanderer, denen die Dias gehörten, der junge Vater, die junge Mutter... nun, die Sachen stammten aus einer Wohnungsauflösung. Heute sind sie kein Paar. Einzig der kleine Junge, der allein auf dem Rasen vor dem Eigenheim spielte. Der müßte nun so alt sein wie ich. Etwas jünger sicherlich. Vielleicht wäscht er gerade irgendwo Geschirr.