... und morgen dann Serviettenfalten
A well-tied tie is the first serious step in life.
(Oscar Wilde)
Frau Kaltmamsell lenkte das Augenmerk gerade auf sogenannte Freizeitbekleidung, ein Thema, das mir schon lange am Herzen liegt. Ein weiterer Punkt, der ältere Herrschaften häufig von den jungen unterscheidet: korrekte Kleidung - auch und gerade beim abendlichen Trunke Bloggen. Nichts empfinde ich als augenschmerzlicher als graugemergelte Jogging-Anzüge und anderweitiger "Home Look" (außer vielleicht das gleißende Licht meiner Zukunft, wie es in dem Lied heißt). Was unsere konservativen Minister und katholischen Würdenträger verschweigen: die Scheidungsquote ist unter anderem auch deshalb so hoch. Selbst für den Besuch an der Nachttanke oder dem Trennmüllcontainer sind ausgeleierte Fummel und Trainingsklamotten denkbar ungeeignet. Ebenfalls geben sie kein gutes Beispiel für unsere Kinder ab - und um die geht es ja schließlich. (Auch wenn es richtig sein mag, daß sich an Nachttanken in der Regel nicht allzuviele Kinder aufhalten.)
Möglicherweise ist nicht gleich der Standort Deutschland in Gefahr, aber ein bißchen innere Zucht und äußere Würde verleihen auch bei scheinbar unbeobachteten Tätigkeiten (Bloggen, Baden, Selbstverwöhnung) ein wohltuendes Maß an Stil und Eleganz. Zum Schlafen kann man die Krawatte aber gern ein wenig lockerer tragen.
erkennt man bekanntlich daran, dass er auch zuhause die Zuckerzange benutzt. Ihr Bekenntnis, den Langbinder auch in der Badewanne anzubehalten, nötigt mir Respekt ab. Ich bin ja aus Bequemlichkeit dazu übergegangen, das samstägliche Sitzbad zum black tie event zu deklarieren und eine schwarze Fliege um den Hals zu tragen. An sehr hohen Feiertagen darf es dann auch mal eine weiße sein.
aber nur 1 wenig
jetzt müssen sie nur noch eine bassgitarre in die hand nehmen und in einem heruntergekommenen club mit elitärem publikum ein wenig herumschraddeln. dann bringe ich meine fangemeinde mit und wir schmeißen alle kreischend geringelte schlüpfer und schwarze rosen auf die bühne. *g*
Ringelstrümpfe würden ja schon reichen. Die kann man auch besser um die Gitarre wickeln.
selbst wenn ich mich zum (neuerdings wieder) rauchen vor die haustür stelle, den nachbarn willfährig zur minutenlangen beglotzung, muss es immer zuerst ein blick an mir herunter oder in den spiegel sein - hose zu, hemd korrekt, brotkrümel vom kinn entfernt, um Himmels willen - heute wieder diese Uralt-Birkenstocks, naja, ich geh ja wenigstens nicht auf die Straße hinaus ...
das ist die revolte der würde, das ist man als jammerblogger den rüpelhaften idealen seiner jugend schuldig.
edit: (Groß-/klein-Mischmasch rührt von der Auslaugung durch zuviel parallele Schreiberei her.)
(Sie rauchen wieder? O je.) Hose zu? Da erinnern Sie mich an was. Gut, daß ich nicht unter die Tischkante fotografiert habe.
sehr schön, dass sie sich dieses zu unrecht vernachlässigten themas annehmen, herr kid. wohltuend zudem. es muss aber auch angemerkt werden, dass ein angemessener gesichtsausdruck (ruhe, ernst, festigkeit) in diesem falle angezeigt ist. möge sich die jugend ein beispiel an ihnen nehmen!
Es sind ernste Zeiten hier, Frau Calla. Manchmal schnürt mich die Krawatte zu.
Der gute Oscar wäre auf Grund seiner ausgeprägten syntaktischen Begabung sicherlich nicht einmal in endkatatonischer Agonie auf die literarisch völlig abwegige Idee gestossen, " als " zweimal in einem Satz - eingebettet zwischen der ebenso abstrusen wie grotesken Formulierung "AUGENSCHMERZLICHER" bei der Realisation seiner eindrucksvollen Publikationen zu verwendet.
Wiewohl ich mich nicht als ausgesprochener Freund seiner Romane bezeichnen möchte denke ich, dass es zumindest ein gewissess Mass an Intellekt , Syntax, Respekt sowie Sensibilität erfordert, Literaten zu rezitieren.
Tätowieren Sie sich "CHUZPE" auf die Krawatte und gehen Sie auf die Weide......
Sie haben einen Fehler entdeckt! Sehr brav. Nehmen Sie sich bitte einen parfümierten Keks.
Aufmerksame Leser wissen, daß Oscar Wilde hier normalerweise überhaupt nicht quotable ist. (Sie möchten gelegentlich über den Unterschied von "zitieren" und "rezitieren" meditieren.) Dessen immer nur oberflächlich überraschenden, nach immergleichem Schema konstruierten sogenannten Aphorismen beeindrucken eigentlich nicht einmal mehr Menschen im augenschmerzlichen Zustand torkelnder Trunkenheit. Aber für die gute Sache mußte ich über meinen Schatten springen! Danke aber auch fürs Lob. Grotesk - ja, Sie sind richtig hier!
Nachtrag: Übrigens, das habe ich heute morgen vergessen, der Roman heißt Dorian Gray, soviel Respekt sollte sein. Was die von Ihnen erwähnten "Romane" angeht: Es blieb sein einziger.
Oh! "...möchte denke ich... " Nein, ich sag lieber nichts. Sonst heißt es vielleicht nur: " Nehmen Sie sich bitte einen halbierten Keks !!! " , . ) : )
Sehr aufmerksam. Man sieht: Syntaktische Stolpersteine lauern überall. Nicht auszudenken, das wäre zwischen geheiligten Buchdeckeln passiert und nicht in einem schludrigen Blog.
Einen Keks?
Dandy-Dadaist! Wie wunderbar.
Nicht nur dem Äusseren schmeichelhaft, sondern zugleich auch sehr praktisch ist so ein Halsgebinde, ersetzt es doch zu schwerer Herbststunde den Strick. Ich schrecke indes immer noch vor dem selbstgewählten Tod zurück, weil ich noch nicht den richtigen Dresscode dafür gefunden habe. Und am Ende soll es doch eine schöne Leich geben.
Immer bereit! Man weiß doch nie, was kommt. Als Frau muß man auch immer eine Handtasche dabeihaben. Gerade frage ich mich auch, ob man beim Bloggen nicht Handschuhe tragen sollte. Aber das geht wohl zu weit.
Habe eben eine Handtasche aus dem Schrank geholt und meine Handschuhe angezogen. Den tollen Gesichtsausdruck kriege ich leider nicht hin. Werde mir heute deshalb eine Krawatte besorgen.
Vielleicht reicht es, dabei ein wenig erbauliche Literatur zu lesen. Jean Paul vielleicht. Wobei Ihnen eine Krawatte sicher auch vorzüglich steht.
Ich finde auch, dass die Selbstachtung den Bach runtergeht, wenn man zu Hause Schlabberlook trägt. Ein äquivalentes Beispiel wäre auch das Telefonieren mit ungeputzten Zähnen.
Übrigens: Die Blank Generation Doku war für mich ein Meilenstein im Verstehen musikgeschichtlicher Zusammenhänge (jüngerer Zeit). Ein echtes Aha!
Telefonieren mit ungeputzten Zähnen! Wie oft höre ich davon! Sehr gut beobachtet. Wie sagte Max Goldt (ich zitiere einfach noch mal): "Wer raucht, stiehlt auch." Wer mit ungeputzten Zähnen telefoniert, der, der... na, der macht bestimmt auch sonst unschöne Dinge.
Die "Blank Generation" ist übrigens ein schönes Beispiel dafür, wie man die Liebe zu Rimbaud, Verlaine und anderen Literaten nicht im Götzendienst erstickt, sondern kraftvoll umwandelt zu etwas sehr eigenem. Diese Leute haben mich sehr geprägt, damals. Ist ja auch schon wieder lange her.
Fühle ein erschreckend aufgeregtes Kribbeln im Bauch. Muss deshalb gleich morgen mit ungeputzten Zähnen telefonieren und danach mit schmutzigen behandschuhten - die Handschuhe lassen die Fingespitzen frei - Händen ein Blog schreiben. Grandios diese Aussicht.
Da alles so schwarz ist, dachte ich, kondolieren wäre angebracht. Aber Sie sehen auch ohne Badewasser gut aus.
Herzliche Grüße von der Ärztingattin.
Ach, das ist ja nett, daß Sie vorbeischauen. Ja, alles schwarz. Und geringelt und hypnotische Spiralen. (Beim Duschen, habe ich festgestellt, kann man sogar die Seife in der Krawatte einwickeln!)
oh, ein neuer Peter Joshua! Ich bin enzückt.
DAS ist jetzt aber mal wirklich chara charmant, vielen Dank. Einer meiner Lieblingsfilme zudem, könnte ich immer wieder sehen.
besten aller möglichen Welten (um mal meinen Freund Voltaire anzuführen) genießt man die besondere Ehre und Freyheit, mit Krawatte (staatstragend selbstredend) und Ehering (in Ermangelung eines Siegelringes) bloggen zu dürfen. Ein Privileg, das hier deutlich herausgestellt zu haben, Ihr besonderes Verdienst heute ist, hochwerter Herr kid, wofür ich Ihnen zutiefsten Dank auszusprechen gewillt bin. Sei's drum.
Ehering! Ich wußte doch, daß ich was vergessen habe. Die letzten 20 Jahre oder so.
ganz wunderbar, ich stimme herzhaft und schon seit frühester jugend zu! und bin sehr froh, mir ausgerechnet gestern eine schwarze krawatte erstanden zu haben...
... es ist lediglich Zufall, dass Sie das derzeit sehr angesagte Quergestreifte tragen (Sailor-Look).
Jedenfalls finde ich das zeitlich Chicste ist Ihr silbern' Haupthaar.
Das ist selbstredend kein Zufall. Wenn wir mal zehn Jahre zurückdrehen, stellen Sie fest, ich sehe
immer so aus. (An den
Füßen natürlich nicht, da ging es nur um ein Experiment.)
Auch ich sträube mich entgegen so viel Lässifähr. Trage seit geraumer Zeit Halstücher aller Farben und Formen. Der Dandy will gelernt sein.