Ein Staubhaus grimmer Taten

Persons who are morally squeamish
should not attempt it.

(Assassination: A Primer,
via Gedankenträger)

Dem Verfall zu begegnen ist ein moralisch wertvoller Kampf, den die meisten Menschen am Wochenende führen. Feudeln, Wischen, Staubsaugen, manchmal sogar das Bett frisch beziehen, manche erinnern sich dunkel. Geschirrspülen zählt dabei zu den befriedigensten solcher Tätigkeiten, dicht gefolgt nur vom erhebenden Gefühl, die Wanne vom Abtropfständer von den Kalkablagerungen des letzten halben Jahres zu befreien. Ein wenig Zitronensäure (unauffällig beigemischt) führt da schnell und sicher zum Ziel und hinterher kann man sich daran berauschen, wie kalkiger Schlick den Weg in den Ausguß findet.
Sind die Sedimente entfernt, Schicht um Schicht, füllt das Röcheln und Schnaufen des Staubsaugers die frühlingshafte Luft. Mit begeistertem Gurgeln und Rattern schluckt er das, was andere nur spucken würden. So ist's brav, denkt man, und führt das Rohr in die dunkelsten Ecken.

Das stimuliert die empfindlichen Nerven. Au Rebours, bürste ich den finst'ren Abgrund! Tod, Tod dem bösen Staub! Dieser Kampf ist ein heiliger. Einmal soll eitel Glanz und Freude sein! Bevor es wieder hinabgeht, tief unten, là bas, in die abyssmalen Welten, wo tentakelarmige Haushaltsmonster ihre staubige Saat, ihre krustige Brut in den Räumen verteilen. Ich werde sie vernichten, ein moderner Van Helsing, ein Sinclair, ein Staubmonsterjäger. Als Ninja-Krieger im Haushaltskampf töte ich lautlos, presse das Staubtuch mit einer ebenso raschen wie unerbittlichen Bewegung auf den modrigen Schlund des Monstrums, ersticke das feindliche Wesen - und schleiche zurück, alle Spuren verwischend.

Homestory | 14:23h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
ariel - Montag, 10. April 2006, 14:28
Und da soll ich jetzt Lust kriegen auf den bevorstehenden Osterputz? Gratuliere, gut gemacht.
Besässe ich eine, würde ich mich umgehendst an die Nähmaschine setzen und ihnen ein Trikot (mit Cape!) schneidern, damit sie ihre Heldentaten schön inkognito auf der ganzen Welt, speziell hier bei mir ausüben können.

Und bringen sie einen extra Saugbeutel mit, die Katze haart.

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kid37 - Montag, 10. April 2006, 14:32
Superheldenkostüme finde ich... super. Vielleicht mit so einem Gürtel für Superheldenzubehör: Wischmob und Staubsaugerbeutel. Aber Sie wissen bestimmt von den Unglaublichen: KEIN CAPE!

Wenn ich das mit dem Schnell rein - schnell raus - keine Spuren perfektioniert habe, melde ich mich.

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ariel - Montag, 10. April 2006, 14:35
Ha, hätten die Capes gehabt, gerockt hätten die schon zur Filmhälfte und alle hätten früher heimgehen können!
Bevorzugte Stiefelfarbe?
Perfektionieren sie, ich warte.

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diagonale - Montag, 10. April 2006, 16:42
Die sind ein Held, ein wahrer.

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kid37 - Montag, 10. April 2006, 20:10
Die?

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diagonale - Montag, 10. April 2006, 20:12
Äh... Sie!

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rabe - Montag, 10. April 2006, 22:44
Das klingt preisverdächtig. Da das körpereigene Glückshormon beim Stichwort »Hausputz« augenblicklich seine Ausschüttung verweigert, wüßte ich schon gern, welche Drogen man sich am Samstagmorgen in den Kaffee rühren muss, um einen derartigen Elan für das große Reinemachen aufzubringen.

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kid37 - Montag, 10. April 2006, 23:52
Alles Kampf
Ich liebe den Geruch von purem Adrenalin am frühen Morgen. Da niemand zum Anschreien im Haus ist, arbeite ich das mit Putzen und Werken ab.

Eigentlich habe ich soviel geputzt, weil ich sonst blöde Arbeiten in Angriff hätte nehmen müssen... so blieb das Gewissen rein.

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texturmutant - Mittwoch, 12. April 2006, 00:11
"Ich liebe den Geruch von Napalm am Morgen." Es gibt nichts, das Feuer oder Salz nicht zunichte machen könnten.

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kid37 - Mittwoch, 12. April 2006, 00:55
The Horror, The Horror
Ah, endlich erkennt jemand die kleinen Zitate ("subtil" verbietet sich bei dieser Thematik und Offensichtlichkeit). Ich habe vergessen zu erwähnen, daß ich Wagners Wallküren als Hintergrundmusik auflege (die neuen Lautsprecher! endlich ist das wieder möglich!), wenn ich ins Herz der Finsternis vordringe, dem Abschaum und Auswurf zu Leibe rückend.

(Ich glaube, solange es um Hausstaub geht, ist das politisch korrekt.)

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novesia - Montag, 10. April 2006, 22:55
Ich beneide Menschen, die sich derart motivieren können. Chapeau.

(Zum Glück habe ich eine Spülmaschine.)

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kid37 - Montag, 10. April 2006, 23:53
Ich habe eine kleine Spülmaschine. Aber die ist mir (allein) immer noch zu groß. Den einen Teller fürs Käsebrot habe ich schnell per Hand abgewaschen.

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kid37 - Dienstag, 11. April 2006, 00:26
Vielleicht ist Putzen auch der Sex des Alters. Ich möchte das nicht ausschließen.

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frau klugscheisser - Dienstag, 11. April 2006, 00:32
Dieser Theorie widerspricht, dass ich dann umso lieber putzen würde, je älter ich werde.
Dafür spricht allerdings, dass ja auch Essen der Sex des Alters ist. Und wer mal mit Parkinson und ohne Zähne versuchte zu essen, dem war der Feudel das Putzen danach unvermeidbar.

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kid37 - Mittwoch, 12. April 2006, 00:58
Ich habe es einfach nicht so mit dem Essen. Sie haben mich ja mal dabei beobachtet (Essen, meine ich)... das kann kein Sex gewesen sein.

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idoru_00 - Dienstag, 11. April 2006, 17:32
guerillakireg dem schmutzfeind! als ich noch klein war, konnte ich aufräumen zu einem abenteuer machen, aber das das heute noch funktiert... respekt.

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kid37 - Mittwoch, 12. April 2006, 00:57
Tja. Andere buchen dafür teure Seminare. Ich habe das Kind in mir immer gehegt und gepflegt.

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c17h19no3 - Mittwoch, 12. April 2006, 02:55
hübsches bild. das freundchen bei den leichen im keller gefunden? ;)

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kid37 - Mittwoch, 12. April 2006, 14:53
Ja. Alles muß raus aus dem Freudenhaus.

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