Zum Herzschlag der besten Musik,
Jeden Abend, jeden Tag
Wir dachten schon, das ist der Sieg.
(Fehlfarben, "Das war vor Jahren")
Nein, Campino möchte ich wirklich nicht mit einem Fehlfarben-Lied hören. Der Mann, der jedes Stück schreideklamiert und bei jedem Anlaut ein ganzes Stadion im Kopf hat - nein, der hat die stillschreiende Einsamkeit und schüchterne Verlorenheit der Fehlfarben-Klassiker nicht im Empfinden. Jetzt hat er aufgespielt mit anderen Freunden der Band, eine bunte Mischung mit Grönemeyer, Begemann, Distelmeyer, Gudrun Gut und Françoise Cactus, Helge Schneider, Frank Spilker und anderen.
26 Jahre Fehlfarben, ist das also auch schon wieder so lange her. Ach.
Man muß das verstehen. Damals leuchtete uns ja nur das fahle Blau der Neonlichter. Damals war ja nur grauer Beton (noch nicht mal brennen wollte der). Erstes Bier zwischen Ratinger Hof und Wuppertaler Börse, verstörter Sex unter Pferdepostern, Mitschüler in olivgrünen Bundeswehrparkas und dünnen Spaghettihaaren, die aussahen wie in Öl gelegt. Und nur weil sie nicht hören wollten. Schneid' dir die Haare, bevor du verpennst, wollten sie nicht hören, Peter Hein.
Denn niemand hat so wie Hein das seltsame, verlorene Lebensgefühl dieser Generation auf den Punkt gebracht, die das Pech hatte, ihre prägenden Jahre ausgerechnet in den Achtzigern zu verbringen. Die Generation, in der sich jeder als Zuspätgekommener, als Außenseiter fühlte, und die deshalb den darauf folgenden Techno und die seligmachende Kraft des Gefühls, in einer Masse aufzugehen, nie so recht verstanden hat. (Thomas Winkler in SpOn)
Monarchie und Alltag, nur gültig in der LP-Version, niemals in der remixten CD-Fassung von 2000, leistete genau das: kalte, nüchterne Gitarrenklänge, wie aus den ewigen Nieselregenwänden des Bergischen Landes herbeigeweht, dünnes treibendes Schlagzeug und ein White-Funk-Bass, der Peter Heins Textzeilen nach vorne schleuderte. Dahin, wo aggressiv getanzt wurde, dahin, wo man an die Wände kritzeln konnte. Edding-Generation. Zum Geburtstag ist 26 1/2 ein nettes Geschenk. Schneider, Distelmeyer, Cactus. Schön und Gut. Das neue Stück "Chirurgie 2010" aber deutet an, was fehlt, das was das abgehangene Alterswerk Knietief im Dispo schon versprach. Mehr davon, bittebittebitte.
Letzter Aufruf, Peter Hein. Werde Superstar titelte die Spex vor 20 Jahren.
Der Hein, der fehlt. Sagte ich einumsanderemal im stilleren Kämmerlein. Mach mir doch die Jugend nicht kaputt, sing mir den rheinischen Rotz- und Trotzton, jeden Abend, jeden Tag. Es gibt keinen Sieg.
Das ist, mit Verlaub, genauso ein Schmarrn wie die Annahme, 20 Jahre vorher hätte jeder revoltiert und Rolling Stones gehört. Den Außenseiter-Schuh würde ich mir ja noch anziehen, aber das Gefühl von strukturellem Zuspätgekommensein hatte ich definitiv nicht. Nullinger. Ich habe es auch nicht als Pech empfunden, viele prägende Impulse aus den 80ern mitbekommen zu haben. Bei Siebzigern denke ich an Ölkrise und autofreie Sonntage, bei Achtzigern eher an Ich geb Gas, ich will Spaß...
Und das, was Sie da zuletzt zitierten, waren definitiv die falschen 80er ;-)
genau! Das Cover hängt gerahmt an meiner Wand, die "Musik aus der Küche klingt auch schon ziemlich zerkratzt" - leider, damals wenig Rücksicht auf meine Platten genommen, deshalb brauche ich doch die CD-Version, auch für's Auto.
Fahr mit dem Herzen oder fahr gar nicht (frei nach "Wilde 13").
Diese Art Gitarre anzuschlagen hatte mich damals sofort gepackt.
Nun, das ist definitiv ein Kauf, guter Tip.
Und sogar ein Lied von "Glut und Asche", meinem zweiten Favoriten.
"Ich will was haben, bevor's zu spät ist, ich will, was haben, was nie in der Zeitung steht!" (leider ohne Hein)
Willig bin ich ja irgendwie nie so recht, eher unwillig, aber egal. Grad behauptete ich noch (am anderen Übertragungskanal), Gleich schreibe ich mein ganzes Blog voll! Von oben bis unten! Mit Edding! aber das ist natürlich Wunschdenken, weil ich gleich endlich mal dann doch ins Bett muß, die Nächte gehören einem ja nicht mehr selbst, weil am Morgen nicht der Mittag, sondern vorher schon der Wecker wartet. Und ringelstrumpftragende, Hosianna-summende Jungfrauen schon mal gar nicht.
Also Freunde, Bettzeit. Zähneputzen nicht vergessen.
*nachlausch*