Nachtschattengewächse

Sometimes I wonder
What goes on in your mind,
Always silent and kind
Unlike the others
Fuck the mothers kill the others
Fuck the others kill the mothers
I'll put it out of my mind because
I'm out of my mind with you
In heaven and hell with you

(Siouxsie and the Banshees, "Nightshift")


Berlin besuche ich nicht, ohne einen Koffer voll Erinnerung dort zu lassen (oder das letzte Hemd). Am Dienstag gab es die erste Vernissage in den neuen Räumen der Strychnin Galerie. Yasha Young hatte geladen und präsentierte eine illustre Auswahl von Künstlern des Bittersüßen: Elizabeth McGrath, Großmeisterin der bizarren Puppenstube, Misery, subversive Botschafterin der bittermandeligen Melancholie der Ausgestoßenen, Mateo, kalifornischer Trickster der Low-brow Art, Laura Satana, Pop-art Voodoo-Tattooistin, und andere zeigen Variationen des Morbiden, Entrückten, Skurrilen und Grotesken, daß man denkt, man sei im Wohnzimmer von Tim Burton gelandet.



Die erweiterten Galerieräume in der Boxhagener Str. bieten endlich großzügigen Platz für böse, kleine Kunst. Grause Gemälde und grimme Skulpturen, wohl dem, der sich diese Nacht noch schützend flüchten kann. Absinthverstürzte Gedankenwelten, grimassenschneidende Enfants terribles, schrecklich schröcklich und immer am Herzen reibend, wie eine kalte Hand voll Sandpapier.



Puppen, nachtmahrige Augensterne und Bilder mit der sanften Melancholie eines vergessenen bunten Balls auf einem verregneten Kinderspielplatz. Man sollte nicht allein dorthin gehen, besser Hand in Hand. Und mit der anderen Hand: Steckt Geld ein. Denn Kunst kann man auch kaufen!

("Nachtschattengewächs", noch bis zum 10. März in der Strychnin Galerie, Berlin.)

Flanieren | 18:22h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
suzanne - Samstag, 11. Februar 2006, 18:33
*sniff*
Die liebe Yasha hatte mich auch eingeladen, aber ich konnte mir leider das Zugticket nicht leisten. :(

Ist aber auch unglaublich fies, dass die Strychnin Galerie die einzig sehenswerte "Low Brow" Galerie in meiner Nähe ist.

Schön, dass es Dir offenbar gefallen hat. :)

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kid37 - Samstag, 11. Februar 2006, 19:00
Der Begriff "in der Nähe" würde mir bei der Entfernung gar nicht erst einfallen, glaube ich. ;-) Nachtzug aus der Schweiz hin oder her.
Ja, sehr schade. Dein Besuch wäre mehr als willkommen gewesen. Die nächsten Termine klingen ebenfalls spannend - spätestens bis zum Herbst solltest Du etwas Geld für ein Ticket zurückgelegt haben.

Mir gefällt es dort hervorragend. Es gibt im Hinterzimmer sogar eine rote Couch für die schnelle Therapie - oder den verlängerten Sekundenschlaf. Am besten, ich ziehe gleich ein.

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thgroh - Sonntag, 12. Februar 2006, 03:52
Na, ich bin da ja in der Tat "in der Nähe", keine fünf Minuten zu Fuß entfernt ;-)

Der Laden ist wirklich sehr fein, die ausgestellten Werke wunderschön. :)

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Lu - Sonntag, 12. Februar 2006, 11:28
berlin, berlin, immer nur berlin.
wenn hier nicht in bälde einml ähnlich veranlagtes ausgestellt wird, greife ich bald selber zu stift und stoff. und das wird nicht so schön wie die dinge in (na?) BERLIN.

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kerstin13 - Montag, 13. Februar 2006, 00:25
sagen sie werter herr kid 37, gibt es denn so gar keine kulturellen empfehlungen zu hamburger ereignissen, wo wir hamburger denn hingehen können, die ihr herz nicht in berlin verloren haben?

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kid37 - Montag, 13. Februar 2006, 00:49
Derzeit sind meine Finger wieder stark in Fotochemie getränkt, da wage ich mich kaum noch unter Menschen Hanseaten. So verpaßte ich die sicher recht charmante Vernissage mit Art-Slam bei Feinkunst Krüger. Da gibt es ja auch immer Getränk, Musik und tolle Frauen Menschen.

Dann könnte man auch wieder Herrn Mequito und mir beim Trinken zuschauen, das wäre doch mal was...

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modeste - Montag, 13. Februar 2006, 01:37
So ein Tier will ich auch. Das lasse ich mir nicht entgehen. Wenn ich mir die reizenden Geschöpfe nicht leisten kann, fange ich mir eine Kanalratte, kaufe ein wenig Faschingsbedarf und baue mir selbst eins.

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kid37 - Montag, 13. Februar 2006, 01:40
Die Idee ist vorzüglich. Doch seien Sie gewarnt: Solche Vergnügungen machen einsam.

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modeste - Montag, 13. Februar 2006, 02:01
Da hilft nur absolute Diskretion und Heimlichkeit in einer eigens zu diesem Zweck angemieteten Unterkunft in abgelegenen Stadtteilen wie etwa Lichterfelde West oder Reinickendorf. Da vermutet mich keiner. Und die Kanalratten begegnen einem ja sogar einfach so. Ein Bekannter von mir hat mal eins dieser zahllosen Tierchen Unter den Linden mit dem Fahrrad (!) überfahren. Wenn er das nächste Mal eine Ratte erwischt, werde ich mir die Reste ausbitten.

Wenn er zwei überfahren sollte, bekommen Sie auch eins.

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kid37 - Montag, 13. Februar 2006, 10:33
Sie sind alle immer so gut zu mir.

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