Mit feiner Klinge


Line Hovens kratzige Katzen wollen adoptiert werden.

Letzte Woche war ich im Sexshop. Geradeheraus aus dem „Belly of the Beast“ weiter in einen anderen Untergrund – dem Unterleib St. Paulis und der Boutique Bizarre. Dort in der Galerie in Europas größtem Erotikfachgeschäft stellt derzeit die wunderbare Line Hoven einen schönen Querschnitt ihrer ebenfalls wunderbaren und oft skurrilen Grafiken aus. Einige erinnern vielleicht noch ihre Reihe „Dudenbrooks“ mit Jochen Schmidt, die einst in der FAZ erschien und auch als Buch erhältlich ist. Die Meisterin des Schabkartons arbeitet mit allerlei spitzen Instrumenten und scharfen Klingen ihre Bilder aus schwarz beschichtetem Karton heraus, wir denken an Holzschnitte, nur anders, und das alles filigran und geduldig und im Ergebnis entsprechend pointiert und scharfsinnig und höchst verblüffend, wie ein Blick auf ihre Website offenbart. Eine schwarze Kunst an den schwarzen Wänden der Boutique, dabei nicht düster, sondern mit feinem Witz.

Zwei, drei Menschen wissen, dass ich – nicht allzu rigoros, aber doch beständig – insbesondere eine Serie von ihr sammle, bei der sie luftig bekleidete Damen in ihren Salons und Boudoirs Anfang des letzten Jahrhunderts zeigt. Bei der Hausarbeit vielleicht oder dem entspannten Päuschen danach, also nach der Hausarbeit. Immer dabei aber: Katzen. Verspielte, verschmuste, argwöhnische, oft verstörend interessiert, also neugierig. Und um Katzen geht es in der Serie eigentlich, sind die Grafiken doch allesamt Anzeigen einer – wenn auch imaginären - Katzenvermittlung, wie man aus herrlich lakonischen Texten erfahren konnte, die den Bildern einst in einer Ausgabe des ganz großartigen Magazins Spring zugeordnet waren.

Also steht man da mit Ah! und Oh! im Sexshop, unterhält sich angeregt mit Künstlerin und Leuten vom Laden, beschaut die Siebdrucke an den Wänden von Weitem, von Nahem und von schräg, trifft tatsächlich auch noch – ach, du auch hier! - unerwartet Bekannte unter den Besuchern, was ja ein weiterer Anekdotenklassiker solcher Lokalitäten ist. (Die andere war, Wie ich einmal fast in einem Sexshop einschlief.) Ein munterer Abend also, und das Schöne ist: Die Ausstellung läuft noch länger, und die Drucke kann man vor Ort kaufen.

Line Hoven in der Boutique Bizarre. Reeperbahn, Hamburg. (Ich glaube, noch bis in den Dezember 2025.)


>>> Geräusch des Tages: Mola, Keine Zeit

Flanieren | 10:22h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
nnier - Freitag, 14. November 2025, 13:51
It's all about the puss.

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kid37 - Freitag, 14. November 2025, 14:22
Solche Läden und Themen bieten wirklich viel Wortspielglatteis. Ganz stolperfrei komme ich da auch nie raus.

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