Rimbaud with Guitar

Autoluminescent auf Vimeo.


Wie so ein junger Mensch habe ich neulich tatsächlich erstmals einen Film auf Vimeo gekauft und runtergeladen. Man muß ja langsam akzeptieren, daß es nicht mehr alles auf DVD gibt (und noch viel mehr sowieso nie gab). Die Dokumentation AUTOLUMINESCENT über den australischen Gitarristen und Sänger Rowland S. Howard ist jedenfalls jeden Euro wert. Als Gründungsmitglied der Birthday Party kam er an der Seite von Nick Cave (und Mick Harvey) zwar viel rum, aber nie zu Ruhm. Irgendwann hatte er von seinem Nebenmann, man kann es verstehen, auch die Faxen dicke und ging dann zunächst mit Bands wie Crime and the City Solution und später These Immortal Souls eigene Wege. Da ich mich nie sonderlich für Nick Cave interessiert hatte, lernte ich Rowland S. Howard durch seine Zusammenarbeit mit Lydia Lunch, für die ich in meiner Jugend ein gewisses hormonelles Interesse hatte, kennen.

Da gab es das Knalleralbum Honeymoon in Red und ein paar Jahre später den Nachfolger Shotgun Wedding. 1991 sah ich die Tour dazu im vollgepackten, verrauchten, engen und schwitzigen Kölner Rose Club. Aus hormonellen Gründen stand ich ganz vorne an der Bühne und wollte mich eigentlich in Ruhe auf Ms Lunch konzentrieren, aber es war der Gitarrist, der mich packte. Eine hagere, gebeugte Vampirgestalt, Kippe im Mund, Last der Welt auf den Schultern, puhlte der aus seiner Fender Mustang einen sirrenden Krach, wunderbaren Lärm, das mir die Luft weg blieb. Das ging einigen so, denn weiter hinten im sauerstoffentleerten Club klappte zu der Zeit meine Freundin zusammen und wurde dankenswerterweise von ein paar freundlichen Leuten nach draußen geschleppt. Die haben allerdings alle was verpaßt: ein grandioses, dreckstrotzendes, sumpflandblusiges Konzert mit einer auch für Köln ungewöhnlichen Truppe, einer wohl aufgelegten, gewohnt sarkastisch-schnippigen Lydia Lunch und eben Rowland S. Howard.

Meine Freundin hat mich irgendwann später verlassen (weiß nicht, warum), ich habe sie lange nicht vergessen. Aber auch nicht Rowland S. Howard. "Rimbaud with guitar", sagt ein gut gelaunter Henri Rollins über den Schmerzensmann aus Melbourne in der Doku. Ein dunkler Poet sei er gewesen, ein bißchen zu sehr vielleicht. Eine Handvoll ikonische Songs hat er hinterlassen, ein paar zu wenige vielleicht. Nach vielen Jahren zwischen Hunger und Heroin zog er sich um die Jahrtausendwende lange zurück, machte auf Familie. 2009 erschien sein Comeback-Album Pop Crimes, von vielen neugierig erwartet. Da hatte seine Leber schon aufgegeben, eine ausgedehnte Tour fand nicht mehr statt. Howard starb mit gerade mal 50 Jahren Ende 2009.

Die Doku gräbt viele Details und Interviews zur australischen Musikszene Ende der 70er-Jahre raus und lässt viele Zeitzeugen zu Wort kommen, von denen leider nicht alle ausreichend vorgestellt werden und einige, wie Bobbie Gillespie, etwas reingeworfen wirken. Aber Weggefährten Mick Harvey, auch Nick Cave, nie um ein Wort oder auch zwei oder drei verlegen, seine langjährige Lebensgefährtin und Partner-in-crime Genevieve McGuckin, Howards Bruder Harry (Bassist bei These Immortal Souls), Lydia Lunch, Wim Wenders (in dessen Himmel über Berlin Howard auftrat) und weitere musikalische Begleiter und Freundinnen. Einzig Anita Lane, mit der Rowland Howard in jungen Jahren eine Affäre hatte, fehlt. Aber in einer Doku über mich würden auch nicht alle Ex-Freundinnen freundlich bürgen wollen. Life's what you make it.

>>> Geräusch des Tages: Rowland S. Howard, Sleep Alone

Radau | 18:37h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
frau eff - Donnerstag, 25. Februar 2021, 09:51
Rose Club 1991, es würde mich nicht wundern, wenn ich an dem Abend auch da war, ich erinnere mich aber nicht mehr (das Alter, der Kopf!). Jedenfalls: Die kürzlich vielvielviel zu früh verstorbene Frau Cactus und die Lolitas habe ich dort gesehen. Ach, ach, lang her, *schaut versonnen ins Nichts*

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kid37 - Donnerstag, 25. Februar 2021, 13:11
"Ach, ach, Liebling, isch mag alles, was du machst..." Ein sehr schmerzhafter Verlust. Ich hab das für mich ja ein wenig weggeblockt. Die Lolitas habe ich verpaßt, aber Stereo Total war wiederum das erste Konzert, das ich in Hamburg sah. Ein guter Übergang, finde ich. Von Rowland S. Howard und Lydia Lunch zu Stereo Total. Und dann sozusagen Jahrzehnte später zurück in Köln bei PJ Harvey. Ich vermisse Konzerte.

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samojede - Samstag, 27. Februar 2021, 12:29
Traurig mit Ihrer Exfreundin, wo Sie einst verlassen hat.. . . Ich war mal mit einem (ehemaligen) Ehemann bei einem Konzert als der.... aber das ist 1 andere Geschichte..............& 1 (ehemaliger)Ehemann hat mal nicht nur nicht für mich gebürgt, sondern bei Gericht g e g e n mich ausgesagt, obwohl ich NICHTS gemacht habe! Jedenfalls, schicke ich Ihnen Kraft und kleine lyrics

Situations have ended sad

Relationships have all been bad

Mine?ve been like Verlaine?s and Rimbaud


💙

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samojede - Samstag, 27. Februar 2021, 12:47
Ob ❤Dylan❤ wohl schon geimpft ist ?

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kid37 - Samstag, 27. Februar 2021, 13:40
Grausam, welches Schicksal Sie durchstehen müssen. Ich bin sicher, Dylan als Ihr Ehemann hätte Sie vor Gericht rausgehauen und einen Song geschrieben. So wie einst im Fall "Hurricane".

Patti Smith scheint noch nicht geimpft, wenn ich da nichts auf ihrem Instagram-Kanal verpaßt habe. Ich denke, die Gegenkulturkünslter halten sich erstmal zurück und leisten ihren gesellschaftlichen Beitrag, indem sie Gefährderteren erstmal den Vortritt lassen. Die sind ja nicht in der FDP.

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fritz_ - Samstag, 27. Februar 2021, 14:03
Bestimmt lässt er sich an seinem runden Geburtstag impfen anstatt Champagner.

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