Mein kleiner grüner Lockdown
Mein Auskommen fand ich ja lange Jahre als berühmter Gummibaummaler. Beinahe jede Amtsstube, aber auch viele Privatleute drängten mich um ein Porträt ihres grünen Stubengenossen, meist als Aquarell, weil die Materialbeschaffung nichts allzu Extravagantes genehmigen wollte. Manchmal auch in Öl, wenn es sich um reiche Fabrikanten, Import-Export-Kaufleute oder auch betuchte Pflanzenfreunde handelte.
Die Krise begann, als der florale Freund außer Mode geriet, ein Schicksal, das ihn nur menschlicher machte. "Gestern warst du noch wer, heute bist du nichts", wer kennt das nicht. Einmal den falschen Ton getroffen, den Elfer verschossen, die Pflanzen fremder Menschen gepflückt, schon heißt es, wheee (Comicgeräusch) Rolltreppe abwärts.
Meine ausgewiesene Expertise als renommierter, extrem akkurater und detailverliebter Gummibaummaler ist heute nicht mehr viel wert, ich sitze also weitgehend nutzlos meditierend hier in meinem Bachelor pad unter einer gut gepflegten Zimmerpflanze, drinke Blumenwasser, damit nichts austrocknet und höre etwas japanischen Freejazz zum schwarzen Jacket. Es ist ein ewiger Lockdown. Monat für Monat verlängerter Hausarrest, der Ausblick so wie in der Fotoserie der britischen Fotografin Julia Fullerton-Batten. Erwartung im getrübten Licht.
>>> Julia Fullerton-Bartens Webseite
Vor ein paar Tagen beklagten Sie auf Twitter den fehlenden Winter. Und zack, wird Ihnen eine ordentliche Portion Schnee geliefert! Gegen Sie mit Ihrer Zauberkraft sind die ganzen undankbaren Gummibaumverächter doch Luschen.
Muß gleich noch Vorräte bunkern, am Wochenende soll es in Hamburg Winterzauber geben mit Klirrkälte und Schneewehen bis auf Mansardenhöhe. Werde in meinem zugigen Leuchtturm einen Schal tragen.
Ich habe ja etwas für bessere Zeiten zurückgelegt, für Getränke, Farben und einen Live-Musiker ist also gesorgt. Und mein
Ficus elastica 'Belize' ist nach so mancher Sommerfrische im Freien eine Schönheit. Ein gestreiftes Jacket hängt hier auch irgendwo. Nur die Fenster muss ich noch putzen.
Man braucht Provisions hörte ich mal, als ich in England war. Das hatte ich verstanden als "man braucht Provisorien", aber da gibt es auch Zusammenhänge. Sehr umsichtig ausgerüstet! Ich wäre gern so eine Art malender Robert Frost. Einmal im Jahr überreiche ich dann der Bundeskanzlerin ein Gummibaumbild.
Mir fällt nach dem Lesen dieses Beitrags auf, dass es auch in meinem neuen Büro keinerlei floralen Freunde gibt. Natürlich, denn hier arbeiten nur Männer! Ist das eigentlich überhaupt noch erlaubt? Egal, Lockdown macht uns alle gleich und Geschlechter sind eh nur Konstrukte. Aber in diesem Moment sehne ich mich nach einem Gummibaum. Es waren bessere Zeiten!
(Pssst: TWASBO ist der neue Zeilensturm.)
Büropflanzen sind auch gut darin, die Dinge mitzuverarbeiten. Wenn mal Stress im Büro ist - die Pflanzen saugen einen Teil davon einfach auf. Gibt es (garantiert irgendwo) eine Studie zu.
Sehr augengefällig.
Überlege grad, wo ich den letzten Gummibaum gesehen habe (Firma oder Praxis).
Ich habe Home Office mit Palme.
Meine Mutter hatte ja den größten Gummibaum der Welt, das kann ja niemand nachverfolgen, also kann ich das einfach behaupten. Der war riesig, und meine Mutter war im Freundeskreis sehr beliebt ob ihrer Ableger. Ich habe ihren grünen Daumen nicht geerbt, Draußenpflanzen sind mein Ding, meine Hibisküsse vermehren sich so schnell, dass sie vermutlich bald die Weltherrschaft anstreben werden. In meinem Bachelorette Pad Gartenhaus stirbt eine Geigenfeige. Als Allegorie für die Pandemie.
Meine Mutter hatte ja den größten Gummibaum der Welt, das kann ja niemand nachverfolgen, also kann ich das einfach behaupten. Der war riesig, und meine Mutter war im Freundeskreis sehr beliebt ob ihrer Ableger. Ich habe ihren grünen Daumen nicht geerbt, Draußenpflanzen sind mein Ding, meine Hibisküsse vermehren sich so schnell, dass sie vermutlich bald die Weltherrschaft anstreben werden. In meinem Bachelorette Pad Gartenhaus stirbt derweil eine Geigenfeige. Als Allegorie für die Pandemie.
Wenn Weltherrschaft, dann für dieses
Gemüse!
Oh, das ist ja doppelt, sehe ich. Wenn ich den oberen Kommentar lösche, hab ich den Rest mitbeseitigt, oder? Tut mir leid.
Nachdem ich der einzige Mensch bin, der eine Monstera zugrunde richten konnte (es waren aber wohl Thripse), habe ich mir einen Gummibaum zugelegt. Anders als frühere Mitbewohnende kommt er bislang gut mit mir aus, ist leicht glänzend aufgelegt und meckert nicht. Geige spielt er zum Glück auch nicht, das würde mich wohl auf Dauer strapazieren. Er schwingt aber gern zu Jazzmusik, da er neben einem Lautsprecher steht. Ich glaube, Pflanzen brauchen viel gute Musik. Nicht nur Katzen.
Schwingende Jazzmusik ist ja für alles gut. Und dass ein wenig Zuspruch nicht schadet, hat ja Prinz Charles schon ausführlich erklärt. In so einem Bachelor Pad gibt es sicher auch immer viel zu erzählen.