Beton brútal
Wie eine vergessene Maya-Pyramide ragt sie aus Baumwipfeln hervor, Betonbrutltecl, und fast hätte ich vor Jahren dort gegenüber mal gewohnt, als ich dringend eine Wohnung suchte, also sehr dringend, und auf meinem zahmen Elefanten in den Dschungel ritt. Aber weil es ein regnerischer, dunkler Tag war und der Weg zu dieser Wohnungsbesichtung durch endlos lange, von flackernden Neonlampen minderbeleuchteten Gängen führte, an meterdicken, vom Regen noch grauer angelaufenen Betonmauern vorbei, drehte ich gleich wieder um. Etwas besseres als den Tod kann ich überall finden, so dachte ich.
Heute ist das Ensemble ja schon fast wieder schön in all dieser feindseligen, erdrückenden Pracht. Zum Glück ist es Beton! Wie andere Pyramiden auch ein Zeugnis einer vergangenen Zeit, aber bevor jetzt am Ende noch Touristen kommen, reißt man es lieber schnell ab. So nagen seit einigen Monaten Bagger und Raupen und anderes schweres Gerät an den Außenmauern. In den Schubladen von Großbaumeister T. liegen sicher schon verschiedene Varianten immergleicher Glaskuben bereit, hier weitere Klötzchen hinzukötteln, von denen die Stadt bereits weitflächig und schwer verdaulich zugeschissen ist.
Ab und an schaue ich mal vorbei und überlege, ob es nicht eher eine Art Hamburger Schloß Neuschwanstein ist. Der fiebrige Betontraum eines Blade Runner-Architekten, die Trutzburg einer hanseatischen Tyrell-Corporation, um die nachts Hovercraft-Taxis schweben und Androiden ihre Schöpfer suchen. Ich könnte dort wohnen, in aller Mordsseelenruhe, nachts im Regen auf der Terrasse stehen und die Lichter der Stadt auszählen, die Musik schön laut drehen und ab und an Wein aus den hauseigenen Betontanks holen. 500 oder 5000 Zimmer voller Möglichkeiten.
>>> Geräusch des Tages, New Order, Truth
Passend dazu die aktuelle Architektur-Ausstellun, leider in Frankfurt, also weder bei Ihnen noch bei mir um die Ecke: "S.O.S. Brutalismus" (siehe
http://www.spiegel.de/stil/sos-brutalismus-ausstellung-in-frankfurt-rettet-die-betonmonster-a-1177422.html ). Früher fand ich das alles nur grauenvoll und Angst einflößend. Inzwischen bin ich auch fasziniert, z.B. von der in "Get Carter" auftauchenden, inzwischen abgerissenen Hochgarage mit Dachrestaurant (Trinity Square) in Gateshead oder dem in "Last Resort" als Kulissse verwendeten Hochhaus (Arlington House) in Margate. Gehört alles auch zu den leeren Fortschrittsversprechen der späten Moderne. Ausgefallene Zukunft also, und damit wieder von einem (sicher fragwürigen) Retro-Charme vergangener und vergebener Möglichkeiten.
Ah, danke für die Links. Ich habe den oben mal repariert (die Klammer, die böse Klammer!). Ich bin nicht sicher, ob es die aus Wien ist, die hier rübergewandert ist oder eine neu konzipierte. Das Thema liegt jedenfalls im Trend. Empfehlenswert ist passend dazu übrigens auch Ben Wheatleys
High Rise (
Trailer)
Wenn Sie Brutalismus mehr interessiert und sich irgendwie die Gelegenheit bieten (bei uns wohl schon vorbei, taucht aber sicher wo wieder auf - demnächst wohl auch Teile davon im MoMa), dann betrachten Sie mal
Skopje.
Ich dachte ja bei diesem Musterbeispiel von "Schöner wohnen" gleich auch wieder hier dran: www.zeilensturm.de/?p=1 (Also das obere von beiden, wir sind ja Hanseaten). Das untere wäre aber auch mal einen Versuch in Hamburg wert. Wir brauchen mehr Feng-Shui in unserer windigen Stadt.
Oh, also an den Link müssen Sie aber selber noch mal ran ;-)
Meiner geht doch ?
Oder der von zeilenstrum? (geht
auch) : )
Ja, wirklich. Da habe ich wohl falsch umkopiert. Merci.
Ist doch schon fast abgerissen. Schade. Irgendwie.
Echt? Schade. Ich war Ende Oktober dort, da nagten zwei Bagger noch etwas mühevoll an einer Ecke. Schade, man hätte da noch schnell zwei Spielfilme drehen und mit einem mobilen Studio zwei, drei Alben aufnehmen sollen.
Hab inspiriert von diesen Beitrag 1 melancholisches Gedicht geschrieben:
November, November - überall Beton.
Häuser, Bilder,innerlich.
& Leben sagt nie: Pardon.
Wie finden Sie das?
Sieh an. Da gibt es doch diesen
Film.
Einreichen - Preise damit gewinnen! : ))
Kann mir heute leider nur noch die ersten ⅜ Ihrer Vertonung angucken +anhören, wegen mich hat das Schreiben emotional sehr ausgelaugt; muss erstmal verarbeiten & poofen. Im Frühling will ich auch mal 1 Haiku machen (fröhlich).
Verstehe ich, auch wenn ich sagen muß, 3/7 wäre mir aus ästhetischer Sicht lieber gewesen. Aber Sie sind eben Querdenker, dafür schätzt man Sie ja.
@sid: Ich rechne mir hohe Chancen für die Sektion "A Blogger Regard" auf der Berlinale 2018 aus.
Es hört sich gar nicht an, als ob Sie ein Hanseat oder Pfeffersack oder Fischkopp sind. (Was geht's mich an.)
3/7 geht aber nicht als ⅜ , also man kann für die 8 keine 7 in der Schreibweise machen. Muss aber jeder selbst wissen wasihm wichtiger ist: ÄSTHETISCHE Bruchschreibweise oder Zahlen.
@ fritz_: Haben Sie eigentlich auch ein Blog oder senfen laufen Sie nur Streife & kommentieren? (Frage ist höflich-interessiert gemeint)
Ich lebe hier ja im Exil, nech. (Und zucke auch nach 20 Jahren noch zusammen, wenn mich mein Nachbar wie vorhin beider abendlichen Heimkehr mit "Moin" begrüßt.)
@iii: Vielleicht dreimal ⅐; So eine "37" muß doch irgendwie machbar sein. Oder wollten Sie darauf anspielen, daß ich ja bestimmt auch irgendwie älter geworden bin, also quasi bereits 38? Das liegt mir jetzt schwer wie Beton im Magen. (Ich erkenne aber entzückt die Uhrzeit Ihres Kommentars an.)
@iii Haha, gutes Wort. Ich laufe Streife auf dem Betonweg, mit meinem Rottweiler, neben dem Minenfeld.
Eine Zeitlang habe ich bei blogger.de selbst ein wenig herumgeblödelt, jetzt nicht mehr. In der Hauptsache mit verwackelten Fotos, wie ein Sommerfrischler sie mag.
Find ich gut, bei mir läuft immer ein Kangal mit (unangeleint)
-> kid: Also ich dachte bis eben, Sie sind 28. Vielleicht schwoofen oder schunkeln Sie ein wenig
hierzu, um den Betonmagen wieder fluffig(e® ) zu bekommen?!?
Wenn Schunkeln, dann
zünftig..
Aus den Kommentaren: "Letztes Mal vor 30+ Jahren gehört. Damals, da gab es noch richtigen Beton, nicht wie heute, Alles nur nachgemacht."
@iii Offline habe ich keinen Hund.
Achso. Ich hab 1 Tosa (angeleint)
kid -> Find Sie können auch mal was modernes | aktuelles | neoterisches hören. Stichwort cloudrap
Sie meinen, nur weil ich meine imaginäre Deutsche Bracke mit Knickerbocker ausführe, bin ich ALT?
Ich höre gleich mal voll
swag Beton mit
Flow.
Bitte Sie von Meinungsunterstellung abzusehen! Hab für Sie aber noch exklusiv 1 Vorabdruck aus dem Kalender mit Lyric, Sinnsprüchen usw, den ich 2018 rausbringe.( Das darf aber N I C H T gelesen werden wegen ©, ℗ etc)
~~~ Jardin du ~ März ~~~
Das Alter macht nicht den Mann.
Der Mann macht den Mann.
Oh. Ich hoffe auf einen Abrißkalender für jeden Tag. Als Bild jeweils ein Betonmonstrum wie oben, das gerade abgerissen wird. Der etwas andere Hamburg-Kalender.
@iii
Ich hoffe, auf wenigstens einen Spruch pro Monat hier im Vorabdruck.
Dieser erste Abriß gefällt mir außerordentlich und faßt die nächtliche Telefonkonversation bestens zusammen. Danke dafür!
Darf man den Spruch ggfs zitieren (gekennzeichnet versteht sich), trotz Leseverbots?
Bitte Sie von 1 Zitierung abzusehen.
Finde ich gut, daß das endlich mal streng gehandhabt wird. Immer wird alles gleich gelesen, nur weil es im Internet steht. Ich werde ja in Berlin ein Start-up machen mit Emo-Blogs, wo man die Inhalte nur erfühlen kann! Oder ertasten. 2018 wird ein haptisches Jahr.
40 Jahre nach Valie Exports Tapp- und Tastkino - auch nicht schlecht : )
Sie planen dann hoffentlich für Wien einen kurzen Zwischenstop ein, damit wir kulturbanausisch bisserl aufholen können.
(Bloglesungen gibts wohl nimmer, oder seh ich nur -selten aber doch- diary slams beworden? Wobei - die finde ich auch sehr interessant.
Alle (=Menschheit unter 25 und Medien) stehen nur noch auf diesen Influencer-Kram, der sich über diverse Kanäle verbreitet [auch das werden die Blogs über- leben], und die mich immer nur wegklicken lassen.
Mag damit gar nicht behaupten, ich hätt nix übrig für Tutorials - hab ich, aber halt andren Kram und würd aber ganz generell keinen Hype um die einzelnen Leutz machen. Dann schon sehr viel lieber um Blogger, die das nicht aus reinem Kommerz betreiben ; ) )
Stimmt, Valie Exports Tastblog, das hätte was. Wien liegt immer auf meiner Route, das wird sich hoffentlich auch nächstes Jahr wieder ausgehen. Zum Reise-Influencer tauge ich ja leider nicht, da bin ich völlig unbegabt. Immerhin habe ich dise Jahr zu ersten Mal seit zehn Jahren endlich, endlich, endlich wieder Urlaub gemacht. Das war, so komisch es klingt, für mich tatsächlich ein Meilenstein. Ein fühlbarer!
Ah, der Hüsch. Unvergessen. Da oben in der Altstadt läuft natürlich
Polt in den Lautsprechern.