Diving for Pearls
Muß ich daheim schon die kleine Schiffsbegrüßungsanlage vom kleinen Kanalleuchtturm aus betreiben, ist es uff Arbeit noch einen Ticken verantwortungsvoller. Sobald nämlich ein großes Schiff einparken will, muß einer von uns am Fenster stehen und winken und einweisen, damit kein Frachter vors Gebäude knallt. Wie man da Gartendekorationsobjekte schnitzen und brennen soll, ist mir ein Rätsel.
Diese Woche fuhr so ein 366-Meter-Ding vorbei, das paßte gar nicht komplett ins Bild vor der Panoramascheibe, erst, als es sich eingedreht hatte. 366 Meter sind ganz schön lang, wenn die am Fenster vorbeischieben, und den restlichen Tag versuchten wir, dies in Badewannen oder Fußballfelder umzurechnen, um überhaupt einen begreifbaren Begriff von diesem Kahn zu entwickeln. Also sehr lang war der.
Mittags laufe ich in der Umgebung rum und habe schon eine Lieblingsfischbude für mich entdeckt, die von zwei sehr netten Russinnen betrieben wird. Man muß da durch einen dicken Plastikvorhang, der in Streifen geschnitten ist wie in einem Schlachthaus oder einem Truckerimbiss. Links und rechts davon gibt es nur Perlhuhn und Muscheln, dort aber reelle Mitnehmspeise für auf die Hand. An der Wand hängen signierte Fotos von einem in Hamburg sehr bekannten Fernsehpolizisten, der zu leben weiß und manches auch schon überlebt hat. Da fühlt man sich gleich sicher, denn wenn der da ißt, muß es in Ordnung sein. Sonst würden die ja verhaftet! Hahaha. Auf der Theke stehen zudem vertrauenerweckend kleine Schnapsflaschen aufgereiht, kein Schischi und Schoscho mit seltsamen Namen wie in den erwähnten gegenüberliegenden Perlhuhnläden.
Abends fahren schwere silberglänzende oder schwarze Autos durch die Straßen. Da sitzen Männer drin und sehr dünne Frauen, die auf dem Weg zum Perlhuhnrestaurant sind. Man kann das da ja alles kaufen, sozusagen vom Kutter runter. Also die Perlhühner, schon klar. Die kommen genaugenommen nicht vom Kutter, das macht ja keinen Sinn, sondern stammen aus Frankreich und liegen in großen begehbaren Kühlräumen. Man kann die dort anschauen und begutachten und zur Kasse tragen. Vielleicht mache ich das mal, denn ich habe, glaube ich, noch nie Perlhuhn gegessen. Wahrscheinlich schmeckt das nicht, wenn ich das koche, also brate. Oder koche. Oder gerade. Weiß man nicht, die Meinungen gehen da sehr auseinander.
Ich habe gar keine Ahnung, was man mit diesen Tieren macht, fiel mir neulich ein, als ich ein Fischbrötchen von den zwei netten Russinnen aß und dabei aufs Wasser hinausmeditierte. In die Wellen rein, gute Gedanken, schlechte Gedanken, gute Gedanken, schlechte Gedanken - und wenn man das Fischbrötchen aufgegessen hat, fühlt man sich ganz durchgespült und klar. Alle Antworten aber gibt es nicht. Muß man das Huhn vor dem Zubereiten erst auseinanderbrechen wie eine Auster und die Perlen da rausholen? Oder brät (oder kocht) man die mit und pult sie erst später heraus, richtet sie vielleicht dekorativ auf dem Teller an, aufgefädelt auf einer langen Schnur? (Wie viele Perlhühner braucht man dazu und wie viele passen auf ein Fußballfeld oder in eine Badewanne?!?)
Das sind so Fragen, jeden Tag. Eine neue Welt, voller Geheimnisse. Ein Ansporn. Aber auch ein bißchen beängstigend.
Perlhühner haben die Kette schon fertig umgelegt, bitte nicht aufbrechen. Brauchen nur zwei qm pro Huhn, und auch nur einen ausgehöhlten Sandstein zum gelegentlichen Baden, ansonsten tut es einfach Sand auf dem Boden. Fußballfelder und Badewannen sind da nicht nötig. Aber immer mehrere halten! Eins allein ist unglücklich, das ist ja normal. Kochen würde ich die nicht, denn dann sterben die. Mit den Augen essen vielleicht, das könnte gehen.
Eins allein ist unglücklich? Dann sind die nicht erleuchteter als ich, scheint mir. Nur daß ich keine Perlenkette trage. Leider liegt kein Grundstück um den Leuchtturm hier, nur Wasser. Ich könnte Koi-Karpfen halten, müßte dazu aber Unterwasserabzäunungen anlegen, Fische sind ja nicht nur treu.
Was ich nicht verriet: die Perlhühner in diesen begehbaren Kühlräumen sehen nicht so aus als wollten die noch mal im Sand baden. Obwohl- panieren vielleicht. Ich frage die Russinnen!
Beim ersten Überfliegen sah ich dicke Männer mit dünnen Perlhühnern in dunklen, tiefgekühlten Limousinen sitzen.
Wegen Perlhuhnrezepten würde ich die Russinnen fragen. Diesem Blog hier fehlt sowieso die Rubrik "Rezepte".
Jemand meinte, dies sei sowieso ein kommender Trend: Fashion- und Food-Blogs! Mit den Schuhen habe ich ja schon vorgelegt. Jetzt könnte ich so eine Art "Satorialist" für Perlhühner werden und besonders schmucke fotografieren. Gelegentlich erzähle ich noch mal die Geschichte von meinem (jetzt auch nicht mehr ganz so) neuen Herd, die wird ja immer wieder gern gehört. Die Pointe ist: Man kann da sogar drauf kochen. Oder braten. Oder eben kochen. Ich habe eine große Zukunft vor mir.
Das Perlhuhn ist quasi der
Star unter den Hühnern.
Haubenkoch Martin Ebner gibt
Hilfestellung
("Es muss nicht immer Hendl sein").
Ich selber habe es noch nicht verkostet, aber wo Sie jetzt an der Quelle sind, sollten Sie den Ausflug in den Kühlraum machen.
(ist "schischi" eigentlich Rechtschreibreform wie "Scharm"?)
Schau-schau, bella
Perlhuhn, du siehst ein wenig grummelig aus. "Ohrenbetäubend", "trompetenartig" - das kann ich ja wirklich nur bei mir unter Wasser halten. Küchenmeister Ebner hat das sehr anschaulich erklärt, vielleicht werde ich das wirklich auf meinem Wunderherd, dessen Einbaugeschichte ja Legende ist, ausprobieren. Dünsten kann der auch - und wie!
Ich lade Sie dann ein!
(Und dann soll das auch noch gesund sein, dieses Tupfgeflügel interessiert mich mehr und mehr, auch wenn es ausschaut wie eine [super Wortspiel!] alte halbadelige Kokotte.)
Für normal ist mir auch ein Backhendl im Körberl recht, aber so ein fangfrisches Perlhühnerl nach einem Rezept vom Ebner Martin würd ich ja nie zurückweisen!
Also gebucht. Ein Promi-Bloggerdinner.
Wer sind denn die anderen beiden? Könnten wir es vielleicht so hinmanipulieren, dass ich als letzte in der Runde dran bin? Großes Finale in Berlin! Außerdem könnte man dann den Aperitif auch auf der Loggia einnehmen, wenn es schon drei Tage später ist. Der höheren Temperaturen wegen! Ich überlege noch, für wen ich dann spende. Sind das nicht 5000 Euro? Was ziehe ich bloß an?! Also was ziehe ich bloß am ersten, zweiten, dritten und vierten Abend an???? Gott, ist das aufregend! Hoffentlich ist kein Veganetarier dabei. Oder ein Anti-Alkoholiker. Die sind immer ein bißchen anstrengend.
Das ist eine super Idee. Eine Dachterrasse habe ich ja leider nicht, andererseits wäre es dann hier ja so protzig wie bei dem bescheidenen Herrn W. Ich bin ja so schon jedes Mal "geflashed", wenn ich nach Hause komme. Ich fange dann an, dann kann ich mir eine eventuell mäßige Benotung auf vorsichtiges Herantasten der Juroren ans Feld schönreden. Wir nehmen dann zwei in die Mitte. Das müssen natürlich super beliebte Blogger sein, aber auch nicht zu sehr, damit die uns nicht die Schau stehlen. Ich hoffe, meine neuen Schuhe sind bis dahin fertig!
Es sollten möglichst welche sein, die selber so gut wie nie kochen, das aber nicht zugeben und die dann schummeln, aber so ungeschickt, dass man gleich merkt, dass in Wahrheit zwei Profis undercover in der Küche waren! Ich werde persönlich recht gute, aber eher einfache und gesunde Küche anbieten, die nicht viel Arbeit macht! Dazu beste Weine und Champagner und zum Abschluss einen schönen Branntwein! Alles natürlich mit Bio-Siegel. Ich möchte, dass meine Gäste auf eine möglichst gesunde Art betrunken werden! Schon wenn es zur Punktevergabe kommt, werden meine Gäste merken, dass sie obwohl sie sturzbetrunken sind, keine Übelkeit feststellen. Das gibt extra Punkte. Aber ich darf natürlich nicht alle meine Tricks jetzt schon verraten! Hoffentlich ist auch keiner dabei, der keinen Fisch isst. Immer gibt es einen Gast, der keinen Fisch mag. Das machen die doch mit Absicht! Sie machen ja schon das Perlhuhn, das ist eine sichere Nummer und isst eigentlich jeder. Ich möchte aber bitte nicht diese Variante mitmachen, wo am Ende Zahnbürsten verteilt werden. Wenn ich bei wem schlafen muss, macht mich das ganz nervös!
Also Geziere mit "kein Fisch" geht nicht. Nachher machen die anderen womöglich auch Perlhuhn, bleibt ja sonst kaum was. Außer einem handgekneteten Kobe-Filet. Und die Sache mit der Zahnbürste fällt aus. Ich habe nur ein schmales Bett, da ist kein Platz zum Zähneputzen. Der Rest kann aber spontan sein. Kreative Speisekarten mit kryptischen Menüfolgen braucht man auch, die Menschen raten gerne. Und Hautpsache, ich kann wie nebenbei meine Goldenen Schallplatten und Bloggerpreise zeigen.
Genau! Das muss ganz beiläufig wirken. Aber kontinuierlich. Schließlich hat man nur drei Stunden Sendezeit oder so ähnlich. Das könnte sonst knapp werden. Ich dachte bei meiner Speisekarte, dass ich entweder den Porno- oder Adelsnamen-Generator zu Hilfe nehme. Oder beides. So eine Mischung aus spritzig und elitär! (Wie ich eben selber bin!)
Wenn da einer die richtige Balance findet, dann ja wohl Sie! Vielleicht soillte ich doch nicht anfangen, dann könnte ich noch was lernen. Andererseits, das Finale sollte schon in der Hauptstadt sein. Wir könnten anschließend noch in einen sogenannten Club oder eine andere Jugendbegegnungsstätte.
Ja ja, unbedingt. Anschließend in einen sogenannten Club oder eine gepflegte Bar. Ich kannte mal einen Blogger, der kannte mal eine Frau, die ihm vertraulich mitgeteilt hat, dass es in der Stadt, wo ich wohne, so etwas ähnliches wie
Nachtleben geben soll. Bei der Gelegenheit könnte man das direkt einmal überprüfen. Es wird ja so viel gelogen und hochgestapelt heutzutage. Meine Kurzrecherche hat gerade ergeben, dass sich ungefähr hundert Meter neben meiner Küche eine Unterkunft befindet, die auch eine
Lokalität für die späteren Stunden beherbergt. Dort könnten meine auswärtigen Gäste dann auch gleich ihren wohlverdienten Schlaf finden, nach dem gemeinsamen Gute-Nacht-Drink. Die Tanz-Bars solten wir vielleicht doch den jüngeren Leuten überlassen. Andererseits - am letzten Abend könnte man schon auch einmal über die Stränge schlagen und das Tanzbein wie in der Jugend schwingen!
Mir hat das mal eine Kollegin aus dem schönen Berlin erklärt, daß es sich bei diesem sogenannten "Nachtleben" bloß um eine Erfindung des Kollegen
Argh und der örtlichen Tourismusbehörde handele, mit deren Hilfe man unbedarfte Landeier wie mich in die Landeshauptstadt locken möchte. Manchmal würden wohl auch so eine Art musikbemalter Potemkinscher Dörfer aufgebaut, in denen Berliner 1-Euro-Jobber die Kulisse für Ausgehvergnügen bilden (ähnlich dieser "authentischer" Volkstanzabende in asiatischen Dörfern), die dann so gegen 23.00 Uhr nur noch hoffen, daß die Touris endlich in die Heia wollen, damit Feierabend ist.
Ich glaube das gerne, denn recht ähnlich verhält es sich mit diesem angeblich weltberühmten Rotlichtvergnügungsviertel in Hamburg. Und, habe ich Sie einst dorthin geführt? Nein, ich habe Sie auf einen Friedhof entführt. Das sagt doch alles. In Wahrheit tote Hose hier.
Apropos Wolfgang Müller und Szene Berlin. Ich bin ja ein eifriger Student und bilde mich seit einiger Zeit mit Mythen und Legenden fort. Bald kann ich die Scharade augenzwinkernd mitspielen:
Hm. Alles Mache. Aber der Friedhof war echt. Ein bißchen Pappkulisse habe ich danach aber auch noch gucken dürfen. Jetzt verstehe ich aber, warum wir nicht durch eine der Papptüren gegangen sind. Die Statisten auf den Straßen haben aber gut gespielt. Mir hat die Aufführung in Sankt Pauli trotzdem gefallen.
Hat Herr Müller sein Buch über Westberlin schön geschrieben? Die letzten vier Jahre, die er behandelt, habe ich ja selber noch ziemlich verstrickt miterleben dürfen. Sind auch Bilder drin? Ich könnte es mir dann glatt kaufen. Also auch ohne Bilder, wenn es plastisch geschrieben ist. Bestimmt erwähnt er Monika Döring... das würde mich interessieren.
Er schreibt sehr sachlich, protokollierend, aber nicht langweilig. Das gefällt mir sehr gut, weil das Thema ja schon schillernd und wild genug ist, da muß man nicht noch stilistische Locken drehen. Der ganz hervorragend aufgemachte Band (Philo Fine Arts) ist sehr hübsch gestaltet (Lesebändchen!) und hat ein für deutsche Verhältnisse leider seltenes, umfangreiches Register (ca. 30 Seiten). Plus Literaturverzeichnisse usw. Ich kenne das ja alles nur aus Behauptungen aus der Spex und der/die/das tip, was ich (seltsamerweise) in den 80ern auch gelesen habe. Monika Döring wird leider nur einmal erwähnt, als Loft-Betreiberin und Gewährsfrau Ostberliner Radiomacher, die durch u. a. sie an Material von z. B. Die tödliche Doris kamen. Spannende Zeit, auf jeden Fall. Und immer die Frage, was macht Tabea Blumenschein.
Alive and kicking, scheint mir. Gut so. Sie sind mir auch eine gute Gewährsfrau!
Haben vermutlich schon viele gesagt und geschrieben, ich aber noch nicht, von daher: Das ist ja ein sensationeller Ausblick!
Zumal wir zuvor jahrelang in einer finsteren Grube schuften mußten. Und jetzt: mit Schiffen! Mit Sonnenuntergängen! Wir stehen abends in unseren verschwitzten und verußten, öl- und säureabweisenden Arbeitsschürzen und fassen uns gerührt an den Händen.
Perlen ... ein ganz weites Feld ... Huhn? Auch so ein Reizwort der besonderen Art. - Ich mag's ja lieber vegan, verständlicherweise. - Der Kalender auf dem Foto gefällt mir gut, schön rund!
Ich erinne mich an TV-Zeiten, da durfte man "Ein verrücktes Huhn" sagen. Heute sicher nur in Form der Selbstbezichtigung möglich, will man nicht - wie ich ab und an - uncharmant sein.
Unschamant? Aber nicht doch!?
Ich kann alles. Außer Hochdeu Parkett.
Platt, komplett platt
Das eine rund, das andere platt. So wie das Leben.
Solche Büdchen sind klasse. Vom Wohnzimmer meines Liebsten sehe ich direkt auf den Kiosk 762.
Klick
Den betreibt ein Sizilianer und der macht für kleines Geld einen prima Cappuccino. Zum Essen gibt es - eher nicht so mein Ding - Nostalgie-Süßigkeiten wie Mohrenkopf-Semmeln. Ein junger Freund von uns ( unter 37 ) hat da sogar seinen Geburtstag gefeiert und ein Sofa und andere Sitzmöbel von seiner Wohnung um die Ecke dorthin geschleppt. Immer was los also am Büdchen.
Das ist ja ein hübsches Gebäude. Diese Büdchen-Kultur (im Ruhrgebiet vor allem, teils auch im Rheinland) ist ja eh eine viel zu wenig beachtete Welt. In Istanbul sahen die teils aus wie kleine Sultanspaläste und boten von Getränken bis Zahnbürsten alles. Jetzt, wo immer mehr Szene-Fredels in meinen Stadtteil ziehen, die auch nach Ladenschluss noch was brauchen, könnte ich vielleicht auch einen aufmachen. Statt Zeitungaustragen.