Warpaint

It’s not necessary/
To be so dark

(Warpaint, "Love Is To Die")


Der bemerkenswert selbstbewußte Mix von aus Post-Punk-Soundlandschaften destilliertem Flangerschwirren der frühen Cure, den schräg dazu gesetzten Popmelodien aus der Echokammer der Cocteau Twins, durcheinandergeschüttelt von diesen hübsch vertrackten Versatzstücken, Brüchen und Brücken von einer Phrase zur nächsten und in Schleifen wieder zurück - das war für mich eine der hübscheren musikalischen Überraschungen der letzten Jahre.



Ich hätte aber nicht gedacht, daß der Zauber der ersten anderthalb Alben noch ein weiteres Mal funktionieren könnte. Aber wo mich die One-Hit-Indiewunder der letzten langen Jahre - angefangen von diesen prätentiösen Interpol-Bubis über deren biedere Cousins, den Editors, - mich alle mal ungefähr fünf Minuten begeistern konnten, gar nicht zu reden von den ganzen Siouxsie-Kopfkissen-Beschlummerinnen, die vor drei, vier Jahren plötzlich aus der Neo-Gothic-Höhle im Retrowäldchen sturzgeboren wurden, ist das nun einfach Warpaint betitelte zweite richtige Album eine überraschend angenehme, entspannt klingende Fortsetzung.

Mir gefällt immernoch, daß die so hörbar Bock haben zu spielen. Das sind Musikarbeiterinnen ohne Gepose, die sich selbstvergessen in endlosen Jam-Session-Schleifen verlieren (am schönsten vielleicht auf diesem wie von einem Adrien-Sherwood-Gerätepark unterlegten "Hi"), die neuerdings mit dem Einsatz von Elektronik experimentieren wie im schwelgerischen "Biggy" oder lässig die treibenden Stücke vom Erstling zitieren. Ein gutes zweites Album, sehr bei sich, ein Schritt zur Seite, keine vom eigenen Erfolg verängstigte Fanwunscherfüllung.

Die Älteren unter uns könnten natürlich nörgeln. Man höre sich nur mal das Intro mit der Basslinie und dem Sound der Gitarre und der Melodie von Siouxsies Cascade an und schalte dann 20 Jahre weiter zur Warpaint-Single Love Is To Die. (Bin gerade zu faul zum Nachsehen, aber könnten tatsächlich beide von Flood produziert sein.) Verblüffend, aber will man da kleinlich werden, wenn das so schön gesponnene Spinnweben sind?

Möglicherweise schaffe ich es mal zum Konzert. Von den Live-Qualitäten hört man sehr unterschiedliches, von "stark" bis "langweilig" und "verkifft" ist alles dabei. Auf Youtube gibt es ein paar Mitschnitte aus den letzten Monaten, bei denen die neuen Stücke noch nicht sonderlich gut sitzen, wie ich finde. Die schließen dort aber keinen bei sich ein, man kann jederzeit gehen. Hoffe ich.

>>> Warpaint rocken Elephants bei Jools Holland. (Offene Münder im Publikum.)

Radau | 01:37h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
kid37 - Samstag, 15. Februar 2014, 02:27
Mal zur Illustration
"Mucker" sagte man früher dazu. Hier schreddern die 15 Minuten (also acht plus Outro) durch das eh schon recht komplexe "Beetles" (ein Stück vollgestopft mit Songideen, da hätten Jungsbands drei Lieder draus gemacht). Mal abgesehen vom Banananananranamanananrama-"Cruel Summer"-Outfit der Bassistin: Junge Frauen! Geht nicht zur Germany's next Singdrossel. Gründet Bands.

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kelly mg - Samstag, 15. Februar 2014, 16:41
Danke für diese lang ersehnte Besprechung. Sie sind da ja für mich DIE Instanz.

Mich erinnert die Band auch ein wenig an Früh-Neunziger-(Frauen-)Bands wie die Heart Throbs und Lush. Auf jeden Fall sehr britisch (statt kalifornisch).

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kid37 - Samstag, 15. Februar 2014, 17:38
Die CD war beim Händler liegengeblieben, weil ich die zusammen mit der neuen Kreisky geordert hatte, die aber erst im März oder Mai erscheint. Jedenfalls ist heute ein sehr hübscher Tag in Hamburg mit sehr milder Luft und ein bißchen Sonne und alle haben gute Laune und gehen zum Auslüften auf den Flohmarkt, und ich war auch eben da und habe ein paar Bücher zum Sozialzentrum gebracht und internetberühmte Menschen getroffen und dachte so, Mensch, Siouxsies "Cascade" hin oder her, "Love Is To Die" ist mein aktuelles Lieblingslied, das paßt sehr schön zum Wetter.

Das Album hat nicht so viele Hits wie die erste EP und das Debüt. Aber nach dem Hype vielleicht genau richtig. Schade, daß das Schlagzeug zu oft unter den Möglichkeiten bleibt. Ich habe gestern bei der Nachtwache noch diese Liveversion von Elephants entdeckt. Danach möchte man die Schlagzeugerin sofort heiraten. Wer so spielen kann, kann auch super Apfelkuchen backen. Sogar ohne Lifestyle-Küchenmaschine. Da wird der Teig auf der Snare gerührt.

Lush. Mindestens vom Selbstverständnis. Musik machen, nicht Star spielen. (Obwohl Warpaint ja extrem in diese Laurel-Canyon-Schauspieler- und Musiker-Szene eingebunden sind. Egal.) Ich hoffe, die Live-Mitschnitte werden Pflicht auf allen Mädchentreffs im Jugendzentrum.

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maphisti - Dienstag, 18. Februar 2014, 20:42
Sehr, sehr selten, dass man (frau) wiederholt bezaubert wird.

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kid37 - Dienstag, 18. Februar 2014, 21:23
Die meisten wärmen halt nichts Altes auf. Leider werde ich wohl nicht der einzige Verzauberte sein, hier sehe ich, daß Hamburg ausverkauft ist. Das wird eng. Und lauter junge Leute. Hm.

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thingonaspring - Dienstag, 18. Februar 2014, 22:20
Das war schon vor Weihnachten knapp mit Karten, sagte man mir. Nun denn: diesen Monat gehe ich auch mal aufs Ganze. Monster Magnet und Warpaint. So etwas gab es das letzte Mal vor zwanzig Jahren, mindestens. Mal gucken, wie das so in der alten Heimat geworden ist. Mit der Musik.

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kid37 - Dienstag, 18. Februar 2014, 23:10
Weiß ich nicht. Ich habe die vor zwei, drei Wochen gekauft. Aber dann sehen wir uns ja. Fangen Sie mich bitte auf, wenn mich junge Menschen umstoßen.

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thingonaspring - Mittwoch, 19. Februar 2014, 14:13
Haben Sie etwa diese schrullige Kiste nicht mehr dabei?

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kid37 - Mittwoch, 19. Februar 2014, 15:41
Stimmt ja! *patsch* Die ich immer als meinen Hundeersatz Gassi führe!

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