Machen wir doch mal ein wenig Produktbegeisterung. Im Spital nämlich fiel mir auf, wie abgeschnitten man plötzlich ist, versorgen einen nicht hilfreiche Kumpane mit Kassibern und Nachrichten von vorgestern. Wer sich einmal mit einem Wap-fähigem Mobiltelefon (von vorgestern) zu Spiegel Online oder dem eigenen Mailaccount vorgekämpfen mußte, weiß von dreckigen Grabenkriegen zu berichten, von nur schwer verrückbaren Frontverläufen und stacheldrahtverhauenen Stellungen, die in einem Jahr zu vergessen ich gar nicht die mentale Stumpfheit besitze.
Kurz, angeschlagen knickte ich ein, verordnete mir zur Ablenkung und als nachträgliches Weihnachtsgeschenk so ein Technikspielzeug oder besser Tablett des Teufels. Also nur so ein kleines, Äpfel kommen mir ja nach wie vor nur als Obst ins Haus, einen Begleiter vielleicht für die U-Bahn oder das Sofa. Einen eReader mit Elektrotinte wollte ich nicht, weil es da draußen so viele tolle, umsonstige und vor allem bunte PDF-Magazine gibt, Photographie, Kunst und Kultur, schaut mal hier und dort vor allem bei Unless You Will. Da sind tatsächlich anspruchsvoll kuratierte Fotostrecken dabei, abseits des im Internet so üblichen Beauty- und Fashionkrams und diesem Übermaß an langzeitbelichteten nebelverwaberten und wasserdurchflossenen Portkartenlandschaften.
Das mit dem Wischen habe ich schnell gelernt, mit dem Daumen und Zeigefinger den Bildschirm vergrößern und verkleinern, Helligkeit regeln und vor allem Umblättern. Denn der Android träumt von elektrischen Büchern. Die wiederum gibt es beim Projekt Gutenberg. Überhaupt gab mir vor einiger Zeit ein auch sehr persönlich gehaltener Beitrag von Miss Wurzeltod einen entscheidenden Anstoß, verlinkte sie doch auf zahlreiche digitalisierte mittelalterliche und neuzeitlichere Totentanz-Ausgaben, die aber erst einmal bei mir nur digital herumlungerten und nun ebenfalls auf dem Tablet gelandet sind. Papier ersetzt das Gerät natürlich in keiner Weise, aber während ich das Lesen von PDFs am Bildschirm komplett inakzeptabel finde, geht das auf dem Sofa mit so einem kleinen Tablet ganz gut. Vielleicht weil man das Gerät wie ein Buch hält und die Seiten mit den Fingern blättert.
Zwischendurch ins Internet, Blogs lesen, Zeitungen oder Videos gucken, denn Flash und mp4 kann der Kleine auch. Nur Blutdruckmessen nicht, dafür Ortserkennung per GPS, was sich zum Glück aber abschalten läßt. Jedenfalls behauptet es nun, diese Funktion sei abgeschaltet. Alles hübsch also, mit Alu am Rand. Dennoch glaube ich nicht, daß ich mir in Zukunft wirklich Elektrobücher kaufen würde. Aber als Ersatz und tragbare Multimediabibliothek für die Reise oder Kidlandzwangsverschickungen, bei denen man sich ein wenig ablenken will, scheint mir das praktisch, auch wenn ich mich so modern ansonsten gar nicht kenne. Röhrenbetrieben wäre der aber zu schwer geworden, das sehe ich ein.
Mir ging es ähnlich wie Ihnen, dachte erst, brauch ich nicht, muß ich nicht, will ich nicht, dann hatten wir es im Haus und nunmehr ist es doch sehr praktisch. Praktisch sind Herrenrucksäcke auch, ich würde trotzdem keinen tragen zum Anzug. Es ist also wie immer: Es kommt darauf an, was man daraus macht, weswegen ich mir bei Ihnen keine Sorgen mache, Sie demnächst dann, total krea, im Karoviertel bei einer Wiener Melange wischend anzutreffen.
Ich find's super und gratuliere zur neuen Errungenschaft!
(Es müsste es auch als ePub-Version möglich sein. Habe ich aber noch nicht probiert: http://is.gd/ZZKnTP )
Alles Gute,
Ihre Anousch
(Sitze übrigens an der Verfertigung meines Roman-Erstlings. Den gibt's dann aber, so meine Agentin erfolgreich ist, gedruckt, so richtig auf Papier, Haptik und so, zum mit dem Bleistift lesen, Eselsohren knicken, zum Tränen drauf vergießen oder in die Ecke feuern, und vor allem zum Widmungen reinschreiben. Ihre Adresse müsst ich sogar noch haben...)