2008

Viele werden es gar nicht bemerkt haben. Aber so ganz schön fing es nicht an. Ein wenig, als wäre man spät aus einer Winterstarre erwacht, einem Erkennen entgegen. Bis die Sonne senkrecht steht, schattenlos und zwielichtfrei. Man plötzlich wie in einer schlechten Diskothek steht, den Hit de jour hört, dessen Refrain "I don't give a shit" heißt und eine Spur zu laut gespielt wird. Überhaupt immer dieses Laute, so als randalierten The Prodigy durchs Zimmer. Augen rollen, Ohren ziehen, Schulter zucken, selbstverständlich geht das auch besser, aber man schenkt sich halt nichts.

Nicht nur Augen reiben, Glieder strecken. Denn sich nicht mehr ausgebremst fühlen, hingehalten, heißt nicht nur Hänge runter, sondern auch Berge rauf. Ein neues Heim zusammengenagelt und gleich wieder verlassen: in die Nacht. Ein Schnaps, der zu rechten Zeit auf dem Tisch steht. Taten statt Warten: Durchtanzte Nächte, trunkene Runden, ein Picknick am Meer, in den Parks - und überhaupt die kleinen Reisen. Das merkwürdige Gefühl, wieder in Wien zu sein, nicht ganz bei sich, im Traum, in Therapie, nicht ansprechbar und dann doch so ansprechbar. Die verwunschenen Orte, die Freundlichkeit, das Sanfte, der stille Genuß. Die Menschen, denen das nicht eine Mühe ist. Danke.

Man braucht gutes Werkzeug, will man rostige Schrauben bewegen. Das Jahr brachte viele davon. Die Fahrten durch den Hafen, die Hedi nach langem wieder, die Sonnenuntergänge, zu denen eine Cowboy-Band singt, die Sorgenbrecher, dunkle Stuben, Tingeltangel. Atmen können, keine Ausflüchte, Ausreden, niemand, den man vom Sofa jagen muß: Be Young, Be Foolish, Be Happy. Endlich nicht der einzige sein, der die albernen Dinge macht. Danke.

Die Rückkehr in die große und mir wohl immer fremde Stadt. Zwischen Kunst und Hallo, die Angst, die Sorge, das Rückerobern, das Wiedersehen, die freundlichen Menschen. Danke. Überhaupt, die Kunst. Tolle Ausstellungen gesehen, interessante Menschen getroffen, neue Ideen getankt. Allein dafür Danke.

Was man liebt, muß man freigeben. Wenn zwei Schiffe auf Kaperfahrt sich begegnen, jeweils von den glitzernden Galionsfiguren des anderen fasziniert, eine Zeitlang Seite an Seite liegen. Und dann doch in verschiedene Richtungen segeln, vielleicht den ein oder anderen Enterhaken dabei, das ein oder andere Festmachseil übersehen. Man sieht sich noch, für eine Weile, fern am Horizont, bis die Segel immer kleiner werden und alles außer Sicht gerät. Wie man die Flaggen wechselt. Die Meere sind bekanntlich groß und Zufälle selten. Wir werden noch lange segeln. Am Ende aber, nachdem ich alle Planken neu zusammengesetzt habe und alle Splinte und Nieten kontrolliert, kann ich gute Reise wünschen. Und, auch das, Danke sagen.

2008 war auch das Jahr, in dem der Tod, sonst kein Gast in meinem Haus, sich wie eine skrupellose Mietnomade benahm. Zu jung, zu brutal, zu unverständlich. Hau ab, für dich Skandal ist hier kein Platz. Nachrichten nämlich sollen so romantisch und hoffnungsvoll wie diese sein.

Die Hoffnung, ein zartes Herz, trägt bekanntlich schöne Strümpfe, und da gehe ich gerne mit. Anderes sehen, eine neue Sprache lernen, weiter wachsen, langsam und nichts beschreien.

Tschüß, 2008. Du warst nicht das versprochene "super Jahr". Aber auch keine Schlunze wie 2007. Heimkommen, genau. Ein Jahr, in dem ich bereute und bereue, mir zwar nicht verziehen wurde, aber doch ein gutes Jahr, eins, das die Bremsen löste, viele schöne Momente brachte. Und nur die sind es ja, die man später erinnern wird.

Ich.

Ich lasse nachher im Hafen die Schiffe tuten. Hört genau hin.
Allen ein gutes neues Jahr.

| 20:01h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
mark793 - Mittwoch, 31. Dezember 2008, 20:51
Vielleicht brauche ich 2009
doch eine Brille - oder ich muss öfters mal Steuerung-plus drücken. Ich fragte mich eben allen Ernstes, was eine Mietmonade ist.

Herr Kid, ich wünsche Ihnen ein ganz besonders tolles Jahr 2009.

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saxanasnotizen.blogspot.com - Donnerstag, 1. Januar 2009, 00:40
Herr Kid, das wünsche ich Dir auch.

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referral - Donnerstag, 1. Januar 2009, 00:45
Herr Kid, Ihnen ein wundervolles 2009. Wenn man den Sternsingern glauben darf wird das schon.

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cabman - Donnerstag, 1. Januar 2009, 02:05
Dir auch. Alles was du dir wünscht. Ich wünsches Dir! Und nachher wieder SIE. Man muss ja die Contenance bewahren.


Allein die Tatsache, dass ich dieses Wort richtig schrieb, ist Zeichen genug, dass ich noch nicht betrunken bin. Also: Das Allerbeste für Sie, Herr Kid!

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sakanachan - Donnerstag, 1. Januar 2009, 02:16
ich habs gehört. sogar aufgezeichnet. mit bierglucksern zwischendrin. ihnen auch eins. auf ihr chili.

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the thilo - Donnerstag, 1. Januar 2009, 03:00
Herr Kid, für Sie auch alles Gute für 2009!
Und ja, man sollte nicht immer zu ehrlich sein zu den Menschen...

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anudem - Donnerstag, 1. Januar 2009, 03:19
... alles nur erdenklich Gute!

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liisa - Donnerstag, 1. Januar 2009, 04:30
Ein formidables, wunderbares neues Jahr wünsche ich Ihnen, Herr Kid. Mögen viele Ihrer Hoffnungen, Träume und Wünsche wahr werden, der Tod sich von Ihnen und denen, die Ihrem Herzen nahe sind, fernhalten und Sie verschont bleiben von Ungemach, Stürmen und Seuchen.

Freue mich auf ein weiteres Jahr mit Ihnen und Ihrem Blog!

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kaltmamsell - Donnerstag, 1. Januar 2009, 11:17
Ein schönes 2009 wünsche ich. Und danke für das eiserne Erhalten des hermetischen Cafés.

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giardino - Donnerstag, 1. Januar 2009, 13:31
Ja, vielen Dank für die Unbeirrtheit, mit der Sie uns hier seit Jahren erzählen und bewirten. Ein gutes Jahr Ihnen! (So ein versöhnlicher Rückblick. Schön.)

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madprofessor - Donnerstag, 1. Januar 2009, 11:57
konnte nicht umhin, mich zu registrieren, um ein 2009 zu wünschen, dass keine Schlunze ist.
Wo sich der Tod dorthin gefälligst verdrücken möge, wo er hingehört - zum Friedhof.
Ich wünsche viele, erfolgreiche Kaperfahrten - und ja, die glitzernden Galionsfiguren, von denen lassen wir uns faszinieren. Aber mal schauen, wie es unter Deck zugeht. Gibt es viele Ratten ? Hat die Mannschaft Skorbut ? Gibt es unverseuchtes Wasser ?
Ich habe schon mal die Segel gehisst, wohin es geht, weiss ich nicht ...

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lac - Donnerstag, 1. Januar 2009, 12:17
aus der fremden stadt heraus ein plitzernder klingelnder s/w-er neujahrsgruß.
glück und sanftmütige zeiten für sie.

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modeste - Donnerstag, 1. Januar 2009, 20:15
Auf ein rauschendes, glitzerndes 2009, das die viele Momente bereithält, sich später zu erinnern.

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kid37 - Donnerstag, 1. Januar 2009, 21:33
@ Alle: Merci! Macht was draus, es hat gerade angefangen ;-)

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fraufeli - Samstag, 3. Januar 2009, 22:51
Also, ich bin ja eigentlich nie so richtig rechtzeitig mit guten Wünschen (die schlechten bewahre ich mir für geheime Beschwörungen auf..), insoweit passt es ins Bild. Auch ich wollte ein wunderbares 2009 wünschen!
Sie, verehrter Herr Kid hatten bei mir mal kommentiert, vor langen Monaten (oder Jahren?Nun ja.), worüber ich mich sehr gefreut hatte. Leider war ich zu dem Zeitpunkt nicht imstande, auf irgendetwas zu antworten, daher also jetzt: Beste Grüße aus dem Sündenpfuhl Berlin, auf ein weiteres neues, vielversprechendes und viel haltendes Jahr. Frau Feli

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kid37 - Montag, 5. Januar 2009, 12:50
Das wünsche ich Ihnen auch. 2009 wird... spannend. Ungehaltene Versprechen machen, öh genau, ungehalten. Braucht man nicht. Und die große Stadt ist ja groß genug für viele Facetten. Die sündige finde ich dann noch ;-)

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