Ich hab' da ein Auge drauf

" Batailles Begriff der Transgression bezeichne den Zustand jenseits von Moral und ethischer Grenze, jenseits - schließlich - von Gut und Böse", schreibt der geschätzte Herr Stiglegger in seinem Essay zu Sadomasochismus und Film. Wie kann "Transgression" ein "Zustand" sein? Ist es das, was manche Anhänger des französischen Vitalisten in die falsche Körperöffnung bekommen haben? Die Verbrämung eines grandiosen Mißverständnisses?

Eine Digression:

Was, wenn nichts mehr "aktiv und "positiv" an diesem "Zustand" ist. Wenn die Grenzüberschreitung kein blade running, sondern eben längst vollzogen ist, und vorerst kein Weg zurück erkennbar bleibt? Ach ja, ich vergaß. Die "positive, befreiende Utopie eines Transgressionsaktes" führt am Ende ja zur Reife.
Sexual Magick. Hippie-Denke. Heute sitzen sie in den Kulturbehörden und Außenministerien und tragen lange Bärte und machen eine andere Art von Gruppenwichsen.
"Es war doch bloß Sex, es hatte nichts mit uns zu tun." Das war der erste Satz, der in der Zivilisation gesprochen wurde. Eine körperliche Verrichtung. Genau. Die Liturgie zur "Reife"? Mit dem gleichen Ansinnen könnte ich mich Tag für Tag zur "Reife" pissen, wenn es danach geht.

Eine "höhere" Bedeutung gibt es also nicht. Gleichzeitig wird darin der Königsweg gesehen, den inneren Dämon zu besiegen. Beschränke dich nicht. Lehne alle Grenzen ab. ("Anders als die ander'n, so willst du sein." Family Five, "Im Leistungskurs des Lebens"). Eine Philosophie, die ein Höheres verneint, um ein Höheres zu erreichen. Schönen Dank. Was denn nun?
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Nun, es sind schon schlechtere Theorien zusammengefaselt worden, bloß um Uschi und Inge ins Bett zu kriegen. Damals, auf den Barrikaden. ("Du, wir müssen unseren Kopf befreien!")

Das Konzept "Utopie" ist das Opium des Pseudo-Hedonisten dieser Tage. Die simple Antwort ist: Es gibt keine Erlösung. Kein Ziel. Es gibt die Höhle, Feuer, Schatten an der Wand, die gleißende Sonne auf dem Marktplatz (Hawthorne) - und manchmal Vollmond. Und was man tut, muß man verantworten. Manchmal auch vor anderen. Alles andere könnt Ihr Euch sonstwo drannageln. Transgression ist Anrennen, Grenzverletzung. Klar hat das Energie. Wie Atomkraft.
Kann man Eier mit kochen - oder anderen Leuten die Eier mit kochen.

Und jetzt schön immer weitermachen. Und bitte keine Transgression im Alltag. Schenkt Euren Liebsten Blumen, keine Messer.

(Und morgen möchte ich bitte ausschlafen, danke.)

(Literatur: Jack Sergeant. Deathtripping: The Cinema of Transgression.)

 
kid37 - Freitag, 2. Juli 2004, 07:29
Und morgen möchte ich bitte ausschlafen, danke.

Ich korrigiere: Morgen, d.h. heute, möchte ich dann gerne überhaupt mal schlafen. Aber Halsschmerzen und Vollmond, das ist ja... das ist ja im Batailleschen Sinne obszön.

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