In meinem humoristischen Sammelband mit Erzählungen Ein Vorfall in Aspik gibt es eine Geschichte über eine Nacktschneckenplage, die über die Stadt hereinbrach, nachdem es regnete und regnete und nach kurzer Pause wieder regnete und regnete. Feuchtigkeit kroch in die Wände, die Bücher und in die Seelen, die Nachbarn tropften die hölzernen Stiegen hinauf, aßen in ihren klammen Küchen Wassersuppe und verdünnten Tee, die Fensterscheiben waren von innen und außen mit einem feuchten Film beschlagen und die Schnecken krochen überall auf schleimig-zähen Spuren umher.
Man musste Geräte, Apparate und Tastaturen auf Hochbeete stellen, so schlimm war es. Der Schriftsteller im dritten Stock kam mit seiner Abhandlung über die Küchenschublade kaum voran, weil es ihn, einem überästhetischen Menschen von schwacher Gesundheit, ekelte und Schweiß auf die Stirne trieb, der auf die Manuskripte tropfte und alles noch feuchter machte.
Der Diakon Heinrich F. Werthebrecht gilt gemeinhin als Erfinder der Küchenschublade, in der alle nicht weiter sortierbaren Gegenstände eines Haushalts wandern. Korken, Verschlüsse, eine halb-abgebrannte Kerze, Streichhölzer, Untersetzer, ein paar Münzen und ein Schraubendreher, Batterien für die Küchenuhr, eine Ersatzbirne für den Herd und alte Keramiksicherungen zum Einschrauben, für die es keine Verwendung mehr gibt. Nicht alles war zu Werthebrechts Zeiten schon verbreitet, aber er hatte erkannt, dass... Weiter gelang es ihm nicht, weil eine dicke, schwarze Schnecke von der Decke fiel, auf die Tasten, auf die seine knochigen Finger gerade schlagen wollten.
Man kann froh sein, dass dies alles nur symbolbehaftete Erfindungen sind, schlüpfrige Fieberfantasien wie bei den Surrealisten, denen immerzu Nacktschnecken in Schuhe kriechen. Bei mir dementgegen die Handwerker, die mal eben in die Wohnung wollen, Räume sehen, die nie ein Mensch betrat, jedenfalls selten und jedenfalls länger ein paar Tage schon nicht mit Aufräuminteresse und einem Schrubbgerät. Nicht immer nämlich kommt alles Gute von oben, denn es tropft aus der Decke unter mir. Man rammt die Dornen von Feuchtigkeitsmessern in die Wände, gleitet mit metallischen Kugelsensoren über die Bodenfugen, prüft Rohre und Abflüsse, zeigt mit dem Finger auf meine Spülmaschine. Ich schließe alles aus. Der Handwerker sagt kryptisch: "Ich kenne das. Ich kenne das alles. Ich habe Dinge gesehen."
Umzugspläne schießen durch meinen Kopf, und ich schiebe unauffällig mit dem Fuß eine Nacktschnecke außer Sichtweite. Ein gut gedämmtes Häuschen mit Wärmepumpe, drei Hühnern, einer Ziege und einem Hund in Menschenferne (DSL gerne). Ein alter Turm mit Balkon, auf dem ich mit missmutigem Gesicht ein spätes Frühstück nehme (sofern die Tiere das erlauben) und Wind und Wasser trotze. Missmut nun beim Handwerker, der die Sockelleiste der Küche nicht abbekommt und "erst mal nichts kaputtmachen" möchte. Fühle mich selbst bereits jetzt kaputt. Als gebe es nicht Baustellen genug im Leben! Immerhin, die Nachbarn unter mir sind entspannt, und das Leck mag auch in deren Wohnung sein. Junge Leute, gute Menschen, selten da.
Ob ich auch Schnecken gesehen hätte, fragen sie. Ich lüge freundlich lächelnd "nein" und erwähne eine schöne Geschichte von Patricia Highsmith um einen nicht immer ganz gewissenhaften Privatforscher auf diesem Gebiet. Es führt uns nicht weiter, aber wir bleiben in Kontakt.
💧🐌🍀