Einen vom Pferd erzählen



Was ja wenige wissen ist, daß ich seit ein, zwei Jahren unter die Pferdemaler gegangen bin. Noch reichen meine Fertigkeiten nicht dazu, in der Fußgängerzone zu sitzen und Bleistiftporträts von Roß und Reiter feilzubieten. Aber verbissen bleibe ich dran, übe Mähnen, zuckende Ohren, Schweif und Hufe, scheitere regelmäßig am Schattenverlauf der Nüstern, aber das sind Details, mal hier mal eine Trense, dort mal eine Blesse, dem hübschen Pony einen hübschen ebensolchen, und zack, wie im Galopp ist das Bild fertig. Meine kryptischen Zeichungen werden allerdings nicht von jeder Reiterin erkannt, da stimmten ja die Relationen nicht, und ob man nicht besser die Pferdedecke des Schweigens...? Da muß man dann das Tier wechseln und erst einmal ein Hühnchen rupfen. Du erkennst ein Pferd nicht, wenn es im Flur steht? rufe ich. Und zitiere aus dem letzten Traberseminar: Da muß man sein Mindset ändern!

Metaphernhengste erzählen dann vom toten Pferd, ich von rheinischem Sauerbraten. Ein alter Meister fragt, ob ich nicht das alte Sprichwort von den Eltern kennte: Wenn du das Pferd nicht zeichnen kannst, probier es mit dem Sattel. Fest drinsitzen nämlich, sich nicht abwerfen lassen, nicht auf Roßtäuscher hereinfallen, immer erst ins Maul schauen.

Es ist, schreibt auf, beim Malen wie immer im Leben: Erst Longieren, dann passionata.

>>> Geräusch des Tages: Blonde Redhead, Equus

Homestory | 22:13h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
der imperialist - Freitag, 16. März 2018, 23:30
Der Text gefällt mir. Vielleicht noch was mit abgeworfen werden und wieder draufsteigen oder es sein lassen. Was Sexuelles wäre auch noch möglich mit Reiten und Peitsche. Aber Sexuell ist auch woanders. Hier ist dafür mehr Intellekt. Ist auch schön.

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kid37 - Samstag, 17. März 2018, 15:38
Na, man muß auch nicht über jedes hingehaltene Stöckchen springen als sei es ein Doppel-Oxer. Solche Themen habe ich ja bereits in meiner bekannten historischen Herrenreiternovellensammlung Das Pferd im Boudoir: Lasterhafte Geschichten von frivolösen Damen und ihren Reuthern geschrieben. Hat beim Berliner Remittendenversand in der Vorzugsausgabe mit hochwohllöblichen Illustrationen "gut Heu" gemacht wie man so sagt. In meinem Alter erzählt man sich aber vermehrt Geschichten über Reitunfälle. Ich füttere lieber Karotten und halte respektvolle Distanz.

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iii - Samstag, 17. März 2018, 13:39

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kid37 - Samstag, 17. März 2018, 15:40
Oh! Während ich noch hilflos krikel und krakel, läuft bei Ihnen längst ein munterer Zosse fröhlich über die Weide. Schnell die Pferde satteln, Abenteuer rufen!

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iii - Sonntag, 18. März 2018, 10:10
Ist aber auch 1
O Metapher --> abgeworfener Sattel
O Hengst*in
O gesellschaftskritisches Werk (wehende Mähne statt barren)

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kid37 - Sonntag, 18. März 2018, 15:09
Unglaublich, was da alles drinsteckt, wenn man erstmal richtig darüber nachdenkt. Meine Bilder kommen über das rein Figurative meist nicht hinaus, vielleicht habe ich mich da selbst noch nicht von der inneren Trense genommen!

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novesia - Dienstag, 20. März 2018, 09:22
Das Bild ist jedenfalls sehr schön und frühlingsversprechend.

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kid37 - Dienstag, 20. März 2018, 12:05
Dabei ist dieses, wie heißt das, "Anweiden"? oder "Angrasen"? sicher erst noch. Alles noch viel zu kalt und zu nass. Ich bin da wie ein störrischer Gaul, ich bliebe auch lieber im Stall.

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