Merz/Bow, #43

Aus Gründen in den letzten Tagen viele Kurzfilme gesichtet. Über Fahrräder, Longboards, Jugendkultur. Es fehlt immer noch die große Billstedt-Saga, dabei wandern die Bagger und Kräne in Hamburg immer weiter nach Südosten, fressen sich durch Brachen, Grüngürtel und das Betongewölle der 70er-Jahre-Schlafnester.

#

Palais Schaumburg spielen am am Freitag. Keine Ahnung, ob ich das schaffe. Ob die mithelfen, eine neue Stadt bauen?

#

Brutal youth from the Stadtrand: Gewalt, Sexualität, Pubertätsplemplem - eindrucksvolles, teils verstörendes Video von Kid Wise. (Nicht sicher uff Arbeit.)

#

Wunderbarer Kurzfilm über Fastboy und wie er in der Stadt Räder baut. Die Liebe zu den Dingen, das Handwerk. Plus die ganze große Scheiße. Schöne Lehrstunde in Demut.

#

The Girls are alright: Gegründet in Madrid, gibt es die Szene mittlerweile weltweit: Longboard Girls Crew. Skatermädchen, die - so wie andere Silvester "ohne Jungs" feiern - ihr, wie heißt es?, "eigenes Ding" machen und zum Teil beachtliche Abschußfahrten unternehmen oder Stunts (würde ich als Vater sofort verbieten, falls ich nicht das Geld für eine Zahnzusatzversicherung hätte) oder einfach ganz gemütlich Plätze in der Stadt oder auf Landstraßen zum Cruisen erobern. Der kurze Film vermittelt die Atmosphäre. Es gibt viele Videos davon, und ja, es stimmt - die könnten auch alle Werbung für irgendwelche Modelabel sein. Zum Teil sieht man Sequenzen mit VW-Bulli, erst Surfen, dann Skaten, Sonne, Jugend, Lebensfreude, angerissene Jeans und bedruckte T-Shirts. Als einstudiertes Mißtrauensvotum würde ich nicht ausschließen, daß die Sache auch "ein wenig" gesteuert ist (womöglich von einem Mann). Ich selbst gebe aber mein Ehrenwort usw. Und man soll auch nicht alles kaputtreden.

#

Wäre ich schlau, würde ich sofort ein eigenes Longboard-Girls-Crew-Team sponsern. Kid-37-Skaters, so wie diese hier in Taiwan mit Frankie-Valli-Sound und Tanzchoreographie. Dann Ladengeschäfte in der Innenstadt, wo ich signierte Boards verkaufe. Ist trotzdem cool, vielleicht gerade weil Verbissenheit fehlt. Dafür, Tempo, Schrammen, Rock'n'Roll.

#

Tonnen davon.

MerzBow | 13:11h, von kid37 | Kondolieren | Link

 
kreuzbube - Donnerstag, 10. Oktober 2013, 13:30
Es geht ganz, ganz schnell, dann ist z.B. ein Brausehersteller dabei, der die ganze hippe Szene "unterstützt"... Und was die Fahrradszene betrifft, da sind es längst die Unternehmen, die an den Strippen ziehen und natürlich auch die schönen Filme drehen lassen, an denen sich dann all jene orientieren, die als stylishe "Individualisten" unterwegs sein wollen.

Große Massenhersteller unterhalten kleine Labels, die mit ihren Rädern nach außen als independent herüber kommen und Trends aufgreifen, ausprobieren und setzen, die anschließend in die Massenprodukte einfließen. Die Gespräche über Räder und Teile sind gar nicht so viel anders als die über den gepimpten Golf oder 3er BMW. Ein englischer Bekleidungshersteller wiederbelebt ein französisches Traditionsrennen, und für nur 1700 Pfund Startgebühr kann man die besondere Atmosphäre atmen, sich von der Masse abzuheben und als in kraut dazu zu gehören.

Ändert aber alles nichts daran, dass vieles schön anzusehen und mitzumachen ist.

 link  
 
kid37 - Donnerstag, 10. Oktober 2013, 15:10
Logo
Diese Versuche hat es vor Jahren ja sogar in der Blogger-Szene gegeben. Die war letztlich aber nicht jung und hübsch genug dafür. Und teilweise dann doch zu renitent im Neil-Young-Modus. Heute spielen alle möglichen Bands auf JD- und Astra-Bühnen, es geht eigentlich auch nicht mehr anders. Brooks (die Bekleider) oder sogar Ralph Lauren haben Finger in der Tweed-Run-Szene, das liegt ja auch nahe. Converse & Co. dann eben in den ruppigeren Young, urban-Irgendwas-Szenen. Möglicherweise kann es so Indie gar nicht mehr sein (außer in diesen berühmten finnischen Zweimann-Clubs, die immer nur einer lebend verläßt), daß nicht der "Kapitalismus, der alte Schlawiner" (P. Licht) seine Agenten drin plaziert hätte. Ich komme jetzt selbst ins Funktionsjackenalter und kann auch nicht mehr alles selber stricken. Mit jedem Thermohemd- auch Werbeträger.

 link  
 
wortmischer - Donnerstag, 10. Oktober 2013, 17:14
Hauptsache, es ist kein Wolfspfotenabdruck drauf in zehnfacher Vergrößerung. Die Frage ist aber: Gibt es überhaupt noch pfotenlose Funktionskleidung? - Ich habe Zweifel.

 link  
 
mark793 - Donnerstag, 10. Oktober 2013, 17:22
Doch doch,
da steht dann sinngemäß "Nord Gesicht" drauf .

 link  
 
kreuzbube - Donnerstag, 10. Oktober 2013, 17:42
Wenn man richtig Indie sein will, das meldet man sich in einem seit Urzeiten bestehenden Verein an und stellt sich Sonntags als ehrenamtlicher Helfer für ein paar Teilnehmer der alljährlichen Vereinsausfahrt stundenlang in den Nieselregen. Sponsor ist die örtliche Metzgerei, die ein paar Bratwürste springen lässt und ein Teil der bescheidenen Einnahmen wird an die Arbeiterwohlfahrt gespendet.

Die Abgrenzung funktioniert zuverlässig dort, wo man sich die Szenezugehörigkeit nicht mittels einschlägiger Produkte kaufen kann, sondern Zeit und Mitarbeit aufbringen muss. So, und jetzt muss ich mal eben shoppen.

 link  
 
kid37 - Donnerstag, 10. Oktober 2013, 23:58
Genau, die Pfote muß man sich schon selbst wundlaufen. Solche selbstorganisierten Geschichten gibt es zum Glück aber auch, die stehen naturgemäß nur nicht so im (Medien-)Fokus. Und oft kann man nicht so gut drauf tanzen, das ist ein Manko.

 link  
 
frau eff - Donnerstag, 10. Oktober 2013, 20:07
Nur bis Fastboy gekommen, das reicht für heute. "A triumph!" sagt er. Year, keep on moving.

Und Kid Wise sind auch ein schönes Geschenk. 7D-Kino, ich fühle, schmecke, rieche alles. Whow. So jung war ich ja nie. Aber es ist schön.

 link  
 
kid37 - Freitag, 11. Oktober 2013, 00:00
Schön ja. Aber auch brutal. Ich stelle mir aber gerne vor, das liefe mal zur besten Sendezeit im Fernsehen. In voller Länge bei Wetten, dass.... Im Block: Verdrängtes aus der Wirklichkeit.

 link  
 
maphisti - Freitag, 11. Oktober 2013, 01:35
Fastboy ... so mutig, intelligent, so außergewöhnlich in seiner Art, mit der von ihm erarbeiteten Leichtigkeit dem Schweren zu begegnen, ausgestattet mit Kreativität und einer ganz außergewöhnlichen Willenskraft, diesem Leben mit Humor und Grazie und der Macht der Fantasie Sinn einzuhauchen.

 link