Sonntag, 6. Oktober 2024
Selbstbild in frostiger Stimmung
Kleine Statusmeldung: Die Heizperiode hat (für die Meisten) begonnen, hier unterm Dach aber ist davon noch nichts zu spüren. Eine Einstellungssache, wie meistens im Leben. Die Anlage hier im Haus hat ihre Eigentümlichkeiten, braucht ein wenig Zuspruch, vielleicht auch Druck, einen unbefangenen, interessierten Zugang und obendrein Techniker, die outside of the box (jetzt aber!) denken können. Ich schreibe also Nachrichten an die Hausverwaltung, manche gereimt, manche auch gut gemeint, bitte um Nachsicht und Nachjustage, aber bislang ohne Erfolg. Fröstelige Abende sind das, die man keinem wünschen möchte. Glücklicherweise bin ich arriviert und besitze gleich zwei Wärmflaschen - und was soll ich sagen: Ich setze sie ein!
Unerfreuliche Lage also, vor allem, da ich nachdenken muss. Wärme ist im Norddeutschen selten zu finden, daher kann das mit diesen Urlaubsfiaskos in meinem Leben nicht weitergehen. Ein Plan muss her, und diesmal rechtzeitig. Da ich bislang nur eine einzige Fernreise unternommen habe (in eine große Stadt in den USA), habe ich noch eine gut, denke ich, ehe Klimaaktivisten ihren Thailandurlaub unterbrechen und mir auf die Pelle rücken. Jünger werde ich zudem auch nicht, meine Schulter ebensowenig, also sollte ich da nicht zu lange warten. Zwei grobe Ziele habe ich daher mal ohne Arg und übertriebenes Herzpumpen für 2025 ins Auge gefasst. Entwder noch einmal nach New York, denn überraschenderweise fand ich es beim ersten Mal doch recht interessant und auch verwinkelt genug, die ein oder andere Gasse noch mal genauer zu erkunden, vielleicht etwas Touristisches dort zu machen, vielleicht nicht ganz so blind an historischen Orten (das sind dort alle) vorbeizulaufen, keinesfalls aber "Kreditkarten glühen lasen", wie das manche so machen, sondern den Luxus genießen, einfach nur Rumzusitzen, Hinzuschauen, Hinzuhören, Atmosphäre atmen.
Man könnte auch in die andere Richtung. Seit den 90er-Jahren interessiere ich mich ja bekanntlich für Japan - das war damals grell geschminkt, oder wie sagt man, hip - wobei ich mittlerweile die inneren Bilder zwischen Otaku und Lost in Translation abgestreift habe und mich auch zu alt für Moshimoshi in Harajuku fühle. (Wer aber weiß, Reisen macht jung.) Damals war das für mich aber leider viel zu teuer und Mitreisen wollte schon aus diesem Grund auch niemand. Jetzt ist es nicht billiger, aber ich dachte, komm, letztes Hemd, keine Taschen, es ist ein alter Traum, vier Worte Japanisch kennst du auch, und du kannst doch dort Deutschkurse zum Thema der/die/das Blog geben. Oder als Deutschlandexperte in TV-Shows auftreten. Mir fällt ja laufend was ein, und solange wieder keiner sagt, das sei aber Käse, was mir da einfällt und alle jungen Blätter herzlos zupft, sind das auch regelmäßig super Ideen. Auch diese Reise mit unbefangenem Ansatz, dann halt allein und dafür im eigenen Tempo. Vieles weiß ich ja schon über dieses fremde Land. Kein Wasser in Häusern trinken, auf deren Dach ein alter Wasserspeicher steht und lange, schwarze Haare aus der Leitung kommen. Keine Spiralen anstarren. Keine alten Videokassetten abspielen. Ich bin im Kino gewesen, mir macht keiner was vor.
Andererseits kann man auch in New York gut Japanisch essen. Und schon sind sie wieder da, die Gedankenpendel nach links und rechts, hin und her. Darüber will ich eigentlich nachdenken, Heizung oder nicht. Wie ginge es besser als mit kühlem Kopf? Das ist kein Wartungsmangel, das ist eine Chance.
Sonntag, 29. September 2024
Wenn ich morgens nach dem Erwachen mein Tagewerk beginne, rufe ich mir gut zu "Immer in den Schmerz reingehen" und meine damit nicht die conditio humana oder die gesellschaftliche Gesamtsituation, sondern ganz profan mein Schultergelenk, das seit einiger Zeit (Sehnenverkürzung, Werkbankarbeit, sog. Fehlhaltung) Probleme macht auf einer Skala von eins bis zehn. Sport soll da helfen, Medizinbälle hochstemmen, am Türrahmen dehnen, Gegenläufigkeit bis ins Stichhaltige des Gelenkaufschreis, das mich mittlerweile nachts aus wohligen Albträumen reißt und nach Salbung oder Kühlpacks verlangt. Nichts, was man auf die leichte Schulter nehmen kann.
Dabei wollte ich an meinem Debütroman Graupelschauer der Liebe schreiben, ein Stadtroman über das Liebesauf und -ab und -hin und her, bis der Protagonist ausruft: "Ach, Fuck. Ich hab' Schulter." (Schlusssatz.) Denn - Interpretationshilfe für spätere Mittelstufenschüler:innen - irgendwann sollte der in der Schulter der einzige Schmerz sein. Das Schreiben musste heute aber ruhen.
Ruhe ist sowieso gut für die inneren und äußeren Gelenke. Schonen, sich nicht überheben.
Dienstag, 24. September 2024
Fluffig und gut erzogen: Artbooks im Park
Ich bin ja in dem Alter, wo man sich gemeinhin einen Hund anschafft, und sei es einen imaginären. Man kommt raus bei Wind und Wetter, heißt es, spricht mit anderen und bleibt in Bewegung. Mir ist das zuviel Verantwortung und Erziehungsmühe, aber ich gehe dafür schon mal mit einem Karton voller Kunstbücher rüber in den kleinen Park, sitze gemütlich auf einer Bank und mache ein Päuschen. Regelmäßig treffen sich dort auch kleine informelle Gruppen wie "Die lauschigen Fünf e.V." oder "Die lustigen Alkopopser". Die haben entweder Hunde mit Erziehungsrückstand zwischen sich oder auch einen oder zwei Kasten Bier und lassen alle einen guten Tag haben. Außer es gibt Stress. So ging neulich ein aufgeregter und offenbar schwer einzuhegender Hund der Huskybauart einem kleineren ans Fell, das verschob die Harmonie in der Gruppendynamik und so zog der Besitzer samt aufbockendem Schlittenhund grummelnd in meine Richtung. Nun war aber kurz zuvor ein, ich sage mal laienhaft, "Problemhund" mit Maulkorb und seinem symapthischem Gassigeher entspannt an mir vorbeigezogen und hatte ein paar Bänke weiter im Schatten zum Wasserpäuschen Quartier bezogen.
Ich also weitgehend ungefragt dem Huskymann geraten, vielleicht besser "außenrum" zu gehen, weil dort ein Problemhund mit Maulkorbpause getränkt würde... aber das Grummeln am vorderen Ende der Leine veränderte sich nur minimal in der Tonhöhe - Schritt und Richtung blieben unbeirrt. "Das gibt bestimmt Ärger", sagte ich zu meinen Artbooks und tätschelte beruhigend den Karton. Und, ich kürze mal ab, Problemhund zeigte Territorialverhalten, Mann und Husky schlugen sich in de Büsche, alle hatten Stress, Stimmung dahin.
"Muss ja nicht", heißt es in Kapitel zwei meines großen Hamburgromans Gern., der eigentlich Dafür nich heißen sollte, aber der Verlag wollte es (gern) knackiger.
Ich arbeite weiter am Manuskript meines Hamburgromans. Der sollte zunächst "Dafür nich" heißen, der Verlag drängte aber auf einen kürzeren, prägnanteren Titel. Das mache ich natürlich gern, das sind ja konstruktive Vorschläge. Im Buch verarbeite ich Geschichten über Hunde und Schiffe im Nebel, Görls mit Matjesbrötchen und Rock'n'Roller in Hafenkneipen (letzteres eigentlich nur wegen Erwartungshaltung des erwarteten Publikums). Usw., will nicht geschwätzig werden. In der Schicht darunter entpuppt sich das schmale Werk als empfindsamer Entwicklungsroman über einen Mann im Park mit eingebildetem, also imaginärem Hund. Ach ja, so ein Titelgenerator befindet sich hier.
Rebecca Horn: Katalog zur Ausstellung in Wien, 2022
Rebecca Horn ist gestorben. Mit 80 Jahren, nach langer Erkrankung, dann aber doch irgendwie überraschend. In München im Haus der Kunst hat sie vor Kurzem noch ihre Retrospektive besichtigen können, die dort noch bis zum 13.10. läuft. Elektrisch britzelnde Nashornhörer aus Metall, Videos spektakulär eindringlicher Performances (hier ein Zusammenschnitt auf Youtube), krachende Klaviere über Kopf, die Horn hat menschliche Zustände und Bedingungen oft schmerzhaft hinterfragt und in ihren oft sehr körperlichen Werken und magischen Maschinen Wunder und Wirklichkeit, Gesellschaft, Krisen und Utopien meist ohne soziologische Gedankenanweisung und immer poetisch verschmolzen.
(Rebecca Horn. Katalog zur Ausstellung im Kunstforum Wien. Hatje Cantz, 2021.)
Sonntag, 15. September 2024
Im 19. Jahrhundert durften Frauen nur wenige Berufe ergreifen. Das Leben im städtischen Bürgertum verdammte die wohlhabenderen unter ihnen zu einem Leben im Haus und in damit verbundener Eintönigkeit. Vor diesem nebligen Hintergrund aus Langeweile und Unterforderung entwickelten sich allerlei Marotten, die Flucht in Opiate etwa, besessene Sammelleidenschaften profaner Dinge, die morbide Stickkunst aus den Haaren Verflossener, das Schreiben von Büchern.
Abwechslung brachten aber auch Moden wie der Besitz exotischer Tiere oder Pflanzen (dazu später einmal mehr), esoterischer Spinstereien oder das Spielen harmloser bis anzüglicher Gesellschaftsspiele. In die Zeit dazwischen, also die ohne Gesellschaft, brach um 1852 herum eine launige Erfindung, die halb London in einen Rausch versetzte. Der Ingenieur Daniel F. Rube erfand Würfel, bald bekannt als Rube's Cubes, mit bedruckten Symbolen, Zahlen oder einfach Buchstaben, die miteinander in einen sinnvollen Zusammenhang zu bringen waren.
Die Würfel mussten gestapelt werden, was heutzutage im Rückblick fast banal leicht klingt, in der viktorianischen Zeit aber eine Herausforderung war. Zumal nicht alle Damen des Hauses so belesen waren, wie man denkt oder auch nur das Alphabet von A bis Z kannten. Eine gedruckte, ausführliche Anleitung sollte helfen, wie man mehrere Würfel zu Türmen und Pyramiden schichten und gleichzeitig zeichensystemische Zusammenhänge wahrt. Also Zahlenräume abbildet oder eben das Alphabet.
Das konnte vorwärts oder rückwärts oder in erratischen Sprüngen getan werden, und so waren viele Frauen von der Vielfalt der Möglichkeiten und ihrer Entdeckung entzückt und rasch auch verlottert. Kaum war der Hausherr auf dem Weg ins Kontor, eilten ihre Gattinnen (oder die Töchter des Hauses) in den Salon, manchmal noch kaum angekleidet oder gekämmt, und versanken für Stunden in ihr Würfelspiel.
Die Vernachlässigung der häuslichen (und manchmal auch so genannter ehelicher) Pflichten blieb mit der Zeit auch den eher mit sich selbst beschäftigten Herren nicht unbemerkt. Moralisch entrüstete Artikel erschienen in der Zeitung, satirische Karikaturen überspitzten die Auswüchse der neuen Mode, erboste Pfarrer erbitterten sich von der Kanzel herab. Gleichwohl erschienen immer neue Varianten der verhexten Würfel in allen Größen und Farben. Manche lösten ihre Rätsel schnell, andere überhaupt nicht, aber die Begeisterung hatte die meisten erfasst. Von einigen wird berichtet, dass sie die Würfel auch abends am Familientisch oder sogar im ehelichen Bette nicht aus der Hand legen konnten oder nur darauf warteten, dass der Gatte schlief, um die heimlich versteckten Quader unter dem Kopfkissen hervorzuziehen.
Um 1860 herum begann die Manie abzuflauen. Die Würfel wurden in der Familie weitergereicht, die meisten landeten im Kinderzimmer und wurden von Kleinstkindern schon gestapelt - freilich zumeist ohne Sinn für strukturelle Zusammenhänge oder auch nur den Grundlagen der Physik und insbesondere der Schwerkraft. Es kümmerte aber niemanden mehr, die bourgeoise Gesellschaft hatte sich längst anderen Trends und Ablenkungen zugewandt.
Leider aber blieben manche auch "hängen", wie man so sagte. Die "Würfelkrankheit", wie sie ein Nervenarzt aus dieser Zeit beschrieb, hatte keine geringe Zahl von Frauen befallen. Von einer trübseligen cube mood erfasst, saßen sie wie antriebslos vor ihren Würfeln, unfähig zu Stapeln oder Sortieren und auch sonst nur schwer für andere Dinge zu begeistern, die außerhalb von gradlinig strukturierten Kästchen lagen. Die am schwersten betroffenen Würfelkranken konnten nicht mehr "out of the box"* denken, wie man damals sagte. Traurige Fälle, die man meist schnell aus dem Familienalbum entfernte, weshalb es davon nur noch wenige erhaltene Fotografien gibt.
Dienstag, 27. August 2024
Der hl. Antonius von Padua und Votivbein, 1765
Bin schon wieder von aktuellem Reisestarrkrampf befallen, eine generellen Durchführungsunlust und Planungsresistanz. Ich bin in vielen Dingen wunderbar (um nicht zu sagen: wundersam) unfähig, aber nirgends so unfähig wie zum Urlaub machen. Das fängt schon mit dem Begleitumstand des Alleinreisens an. Zwar sagen mir immer wieder Leute, die selbst noch nicht einen Tag im Leben alleine verreist sind, wie toll das sei, ich kann dem aber keinen Gewinn zuschreiben. "Ist es wirklich schön, ohne andere in den Urlaub zu fahren? Am Flughafen finde ich es noch gut, danach wird es bedrückend: Wenn man einfach niemanden hat, mit dem man sich austauschen kann", schreibt Daniel Haas im Spiegel [€] und - das habe ich nicht oft gemacht - hier muss ich ihm zustimmen. Manche fahren mit Haustier. Ein Hund ist ansprechbar und passt auch aufs Gepäck und den Mantel auf, wenn man mal eben vom Caféhaustisch zur Caféhaustoilette will. Aber so ein Tier will auch organisiert sein und in manche Länder kommt man mit zahmen Hund (oder Leguan) nicht rein.
Vielleicht so habe ich heute gedacht, als ich mit einem kleinen Bildband über Votivmalerei aus der Bücherstube der örtlichen Christengemeinde kam, hülfe ein Fürbittgebet oder eben ein Votivmalerei als vorauseilender Dankbezeugung. Statt maladem Bein könnte ich einen Reisekoffer malen oder einen Globus. Ich könnte (klassischerweise: müßte) eine Wallfahrt unternehmen zur Grabeskirche der Reiseveranstalter und dort um Gebetserhörung beten. Ich brauche dabei keinen Hl. Christopherus als Schutzheiligem und Nothelfer der Reisenden, sondern einen Schutzheiligen der Zauderer und Gar-nicht-erst-Losfahrer.
Die Gründe sind natürlich lange untersucht und vielfältig. In der Jugend, wenn alls gleichsam unbekannt und spannend und man überall auf der Welt ähnlich spannungsgetrieben trifft, ist das alles einfach. Jetzt, da ich keine 37 mehr bin, ist viel Spannung verloren, wenn man Dinge isoliert - also allein - betrachtet. Eine Frage des elektrischen Gleichgewichts also. Ändern kann man das nicht, zumal ein Großteil meiner spannenden Reisezielideen oft nur Hohngelächter oder Fragezeichen als Reaktion hervorrufen. Das ändert sich, sobald erste Influencer solche Ziele entdecken, dann auf einmal ist keiner mehr zu halten, alle fahren hin - nur ich, ich bleibe zurück.
Die ARD zeigt gerade eine Dokumentationsreihe übers Reisen vor 100 Jahren. Auch interessant, aber dafür bin ich nun zu spät dran. Man bekam sicher schlappe Beine und nicht immer gute Kost. Und mancher kehrte nicht einmal mehr wieder heim. Das kann einem beim Nichtreisen nicht passieren.
(Abb. aus Klaus Beitl, Votivbilder: Zeugnisse einer alten Volkskunst. München, 1982.)
Dienstag, 13. August 2024
Abb. 1: Lautwandler für paraelektromagnetische Transmissionen. (Resonanztrichter, Porzellanisolatoren, Bakelitschalter (zweifach), Holz. 1000,- Mark)
Derzeit arbeite ich in vielen freien Minuten an meinem Forschungsprojekt "Hört denn niemand?", bei dem es um paranormale Phänomene in elektromagnetischen Frequenzmustern geht, wie man sie in statischen Feldern, dem Rauschen auf Analogfernsehschirmen, und dem Knistern auf bestimmten Wellenbändern im Analogradio finden kann. Oder eben mit speziell dafür hergerichteten Detektoren, die im normalen Haushaltsgebrauch außerhalb unserer Wahrnehmung liegende Signale (id est "Kommunikationsbotschaft") aufspüren und für uns hörbar machen können. Im beispielhaft gezeigten, beinahe serienreifen Detektor in der obigen Abbildung (Abb. 1) sehen wir ein einfach gehaltenes Modell aus gängigen Komponenten, bei dem in der dargestellten Präsentation nur noch die Drahtspule zwischen den beiden Isolatoren fehlt.
Diese aber wurde aus Sicherheitsgründen nicht appliziert (es gibt unterschiedliche für unterschiedliche Wellenbereiche). Zu groß ist die Gefahr einer spontanen Überinduktion, sollten sich paranormale Instanzen (id est "Geist") in unmittelbarer Nähe aufhalten. Im Serienmodell wird sich ein Sicherheitsschalter (id est "Notaus", s. Abb. 2) befinden, für den Betrieb des Prototypen aber bedarf es eines erfahrenen Operateurs (id est "Ich selbst"), der in potentiell gefährlichen Situationen sog. "Handlungsgmaßnahmen" einleiten kann.
Abb. 2: Kleinserien-Prototyp mit Notausschalter für erhöhte Sicherheit im Betrieb. Preis auf Anfrage.
In einer späteren Version wird der Schalltrichter auch als Mikrofon dienen, um eine wechselseitige Kommunikation mit höheren Wesen zu ermöglichen. Der Betrieb in einem abgedunkelten Raum ist ratsam.
Auch sonst einst schönes Hobby.
>>> Buchempfehlung über "Klanggespenster und das Jenseits der Objekte": High Static Dead Lines von Kristen Gallerneaux im Deutschlandfunk
Donnerstag, 8. August 2024
Erfreue mich derzeit daheim am sehr hübschen Band On Deciphering the Pharmacist's Prescription for Lip-reading Puppets, der 2012 die gleichnamige Ausstellung über das Werk der anglo-amerikanischen Animationskünstler Quay Brothers begleitete. Ausgiebig mit viel Hintergrundmaterial, selten gesehenen Nebenwerken und visuellen Vorbildern illustriert, sind die Texte eine weitere Fundgrube an Querverweisen und Spuren zu den vielfältigen Einflüssen und Anregungen auf das zurückgezogen lebende Zwillingspaar.
Das passt insofern, als bei den Filmfestspielen in Venedig Ende des Monats endlich auch der langerwartete dritte Spielfilm der beiden präsentiert werden soll. Sanatorium Under the Sign of the Hourglass nach der Erzählung von Bruno Schulz läuft in der Autorenreihe außerhalb der Konkurrenz. Vor ein paar Monaten gab es mal ein paar Minuten der Eingangssequenz zu sehen auf der Seite des polnischen Filminstituts. Diese wurden mittlerweile wieder entfernt, zeigten aber bereits einen recht reizvoll-atmosphärischen Einstieg mit dem Dampfzug, der sich durch Berge müht.
Sehr leicht in die Liste meiner beeindruckendsten zehn Filme schafft es ja die Verfilmung von Wojciech Has (Die Handschrift von Saragossa, Die Puppe), die man auf Youtube sehen kann. Ein visuelles, surreales Fest, das einen wieder fragen lässt, warum so wenige polnische Filme hierzulande auf DVD erhältlich sind. Nachbarvölker, so fern. EU, leg da mal ein Programm auf.
Ich habe mir die vier Folgen von "Galleripky" angeschaut (hier in der ARD-Mediathek). Fotograf und Ex-Fotograf und Internettausendsassa (Leute, die gerne auf der OMR interviewt werden) Paul Ripke, bekannt durch Konzert- und Musikerfotos beispielsweise, und der von sich selbst sagt, dass sein fotografisches Talent Grenzen hat, besucht Kolleg:innen, schaut ihnen über die Schulter und probiert sich selbst an unterschiedlichen Themen. Das ist alles sehr "hands on" und vor allem erfrischend umstandslos, offen und selbstreflektiert. Auch Szenen, in denen das Filmteam mal unangenehm Grenzen überschritt, sind drin geblieben, das allein macht die Stücke authentisch. Keine anhimmelnde Meisterschau zum Glück, dankenswerterweise auch kein Dude-Gelaber über Fototechnik, sondern ein Versuch, das Gespür, die Methode, den Ansatz und Blick verschiedener Fotograf:innen aus unterschiedlichen Genres nachzuvollziehen. Das wird manchem ein bisschen zu "flott" sein, aber am Ende hat es mir gefallen, weil es das Wesentliche der Fotografie ins Zentrum rückt und dafür auch mal Füße abschneidet. (Auf dem Foto.)