
Dienstag, 3. August 2010

Er zeigt sich entspannt begeistert. So schön, betonte er, habe er es sich nicht vorgestellt. Fotos erfassten ja nicht alles, meint er, während er aus meinem Fenster lehnt und die Aussicht fotografiert. Ich erzähle ein bißchen von der Entwicklung auf dem Kanal, den jungen Leuten, die seit einiger Zeit in die Gegend ziehen, auf dem Wasser herumpaddeln und bald erste Galerien und Cafés eröffnen, wenn sie erst ihr Studium an den Nagel gehängt haben werden. Ja, sicher, meint er und beklopft die Wände, prüft das Futter in den Zargen, brummelt hm, hm.
Ich lotse ihn aus der Wohnung, wir gehen um die Insel, Schmetterlinge gucken, er stiehlt mit den Augen, beschließt, seinen Garten umzugestalten, fängt ein Gespräch mit einer jungen Gartenfreundin an, nachdem er wissen wollte, ob ich dort jemanden kenne, lobt also die Pracht der Gärtnerin oder vielmehr die ihres Gartens und zwinkert mir zu, als wolle er sagen, so macht man das, min Jong. Ich verdrehe die Augen und sage, jetzt laß uns mal auf den Flohmarkt gehen, um die Gärtnerin kümmere ich mich im Herbst, wenn Erntedank gefeiert wird.
Wir gehen also über den Flohmarkt, ich bemerke, wie er älter wird, schon ein wenig geworden ist, noch liegt keine Mühe darin, man ahnt nur, wie es bald um Augen, Rücken, Beine gehen wird, daß er nicht ewig mehr wird reisen können, daß er betüddelt werden will. Aber wer wünschte das heimlich nicht. Er findet alles groß und die Häuser so alt, und ich sage, keine Ahnung, es sei ja nicht alles weggebombt worden, nur den Osten, den hätte man gleich zweimal zerbombt. Erst die eine Nacht und dann in der zweiten, als die Staffeln sich verflogen, weil ja alles schon brannte, und die Bomben noch mal über dem bereits zerstörten Teil abwarfen, so daß die anderen Stadtgebiete glimpflicher davonkamen und dort, was nun alt ist, überlebte. Aber auch das nur mit Glück und in der Zeit, als die Stadtplaner schliefen. Und dann muß ich Atem holen.
Im Hafen ist ein Ereignis, und Schiffe gehen ja immer, vor allem, wenn sie groß sind. Mein Vater ist jetzt auch Filmemacher und hält mit dem schwächeren Arm eine Digicam hoch. Ich sage, wenn du noch die ruhige Hand hast, gehen wir anschließend zu Mare-TV, ich bringe dich groß raus. Ach, meint er. Die Kamera habe er doch bloß vom Aldi. Aber der sei ja jetzt auch schon tot.
Am nächsten Tag wandern wir die Elbe entlang, auf den Wellen glitzert die Sonne, Containerschiffe fahren ihre Fracht hinaus und liegen viel zu hoch im Wasser. In den Büschen am Wegrand hängen dunkel gefärbte Früchte. Ah, die Brombeeren sind reif, ruft mein Vater begeistert. Dann sei der Sommer ja vorbei. Ja, sage ich. Der Sommer ist wohl vorbei. Aber wir können uns auf einen schönen Herbst freuen.

Montag, 2. August 2010
Schiff-o-Gramm für die Lu.

Freitag, 30. Juli 2010


Gemütlichkeit und leise Melancholie, die Tiere wissen, wie man mit Stress umgeht

So also werden Jagdflieger aufgetankt

Die gefährliche Tüpfelhyäne lauert in der Dämmerung

Das letzte Einhorn wird Publikumsstar


Herr Kid läßt sich das mit den Bienen noch einmal genau erklären
Um den Mitternachtsradau in verqualmten Schuppen zu verarbeiten, lohnt sich ein Besuch in domestizierter Natur, aber nichts Spektakuläres bitte, keine verrückten Hummer oder Kampftentakelwesen. Bei frischer Luft nämlich platzt der Körper energisch wie ein grüner Hulk durch die ihn ummauernde Nikotinkruste vom Vortag. Es gibt allerhand zu sehen, während man sich von Kindern in Bollerwagen über den Haufen fahren lassen kann (bekanntlich aber überstehe ich wie ein grüner Hulk sogar aufprallende Autos ohne größere Nachfrage): graue Tiere, dicke Tiere, gestreifte Tiere, geschuppte Tiere, gerupfte Tiere, hoppelnde Tiere und harrende Tiere, Kopfübertiere und tauchende Tiere, abwesende Tiere und hospitalistische Tiere, freilaufende Tiere und elektrozaungesicherte Tiere, Hirsche-Tiere und unwirsche Tiere, bettelnde Tiere und akrobatische Tiere, Tiere, die gar nicht dazugehören und sogar ein totes Tier.
Wenn man aufpaßt wie ein Luchs, kann man sogar deren Nachwuchs beobachten, wie sie Premium-Content produzieren, Störche stelzen gewichtig am Ufersaum entlang, im Fledermaushaus riecht es wie im Hafenklang um vier Uhr morgens, irgendwo kreischt ein Kind, das an großen gelben Warnschildern vorbei an den Elektrozaun packte und nun nur noch vom Kreischen der Mütter und Großmütter übertönt wird, während sich die Tiere bedeutungsschwer an die Stirne tippen. Ein Bär macht Männchen, soviel hat er gelernt, ich mache ein Foto, soviel habe ich gelernt. Ein Mann erklärt mir, was ich hätte richtig machen müssen, und eine Schneeule versucht mich zu hypnotisieren, wendet dann aber lieber den Kopf um 180 Grad, als ich anfange zurückzustarren. Wölfe liegen desinteressiert und ein wenig faul wie mir scheint in der Sonne, man möchte sich gleich ein wenig dazukuscheln, wüßte man nicht, man stünde mit Flöhen wieder auf. Oder gar nicht.

Donnerstag, 29. Juli 2010
Den Vater anrufen, um ihm mitzuteilen, daß man ihm eine Mail geschickt habe, die er sich bitte ausdrucken möge, weil darin die Informationen stehen, die er benötigen wird, wenn er ohne Internet unterwegs sei. Wie man eine neue Art von Demut lernt.
"Hab ich längst gemacht", sagt er.

Mittwoch, 28. Juli 2010
Hafenklang in Bewegung. Wir zeigen die entschärfte Version, nur Geschmuse, keine Brutalitäten.

Dienstag, 27. Juli 2010

Im Jahreskreis gibt es so einige Hochämter, Weihnachten gehört für manche dazu, wer einen hat, der feiert vielleicht Geburtstag, Karneval ist für den Rheinländer und alle vier Jahre gibt es die Fußball-WM. Und hart arbeitende Menschen, die nach ehrlichem Ausdruck körperlichen Schaffens sich sehnen? Die haben Rock & Wrestling, die einzig ehrliche, kompromißlos harte (aber immer fair!) und zugleich sexyeste Unterhaltung, die man für knapp zehn Euro erleben kann. Für mich, so doziere ich der Kulturausflugsgruppe im Vorfeld, ist das ein Hammam: Die Luft ist heiß, dabei unglaublich feucht, man schwitzt und schwitzt, wird gedrückt und geschoben und von Rauchwaren* umhüllt - und ein paar Stunden später, wenn man hinausstolpert an die kühle, frische Luft, fühlt man sich wie durchgewalkt und unglaublich entspannt.


Im wie immer ausverkauften Hafenklang war man wie zum Beweis schon weit vor Kampfbeginn durchgeschwitzt und leergeatmet, die Vorband indes kühlte rasch große Teile des Publikums ab. Es gab schockierende Nachrichten: Danger Pilz mußte kampf- aber nicht krampflos aufgeben, kotzte ins Taxi ("Diagnose: Pilsvergiftung", konstatierte Gewährsmann Axel K. trocken) und legte so wohl auch sein Kostüm lahm. Dies nämlich wäre meine Chance gewesen! Unerkannt ins Kampfkostüm und meinen Special Move gezeigt - und zwar vorzugsweise und besonders vehement gegen die böse To-do-Liste! Aber nun war es, wie es war und der einzigartige Baster zeigte, wie man im Ring seinen Mann steht.


D66 rumpelte seine One-Man-Psychobilly-Punk-Show durch die Umbaupause, Nik Neandertal sang den famosen Rock & Wrestling-Ohrwurm und servierte den nächsten Schock: Hamburgs härtestes Nummerngirl Dolly Duschenka, seit Jahren unverzichtbarer, tragender Bestandteil der Veranstaltung, die immer wieder auch kompromißlos ins Kampfgeschehen eingriff, Captain Penis an den Eiern packte und letztes Jahr den Großen Kong besiegte, Dolly Duschenka also, Freunde, hört auf. Ein Schlag von Capitan St. Pauli in die Magengrube hätte nicht heftiger ausfallen können.



Apropos, auch der muskulöse Götterfunke junger Damen erwischte einen rabenschwarzen Tag und verlor gegen Stern Sanchez - nicht ohne vorher noch seinen Schweiß aus dem Ring auch auf mich, jawohl richtig gehört, geschleudert zu haben. Betrachtet mich als gebenedeit. Der Wirrungen kein Ende: Loony Lobster tat sich mit seinem Erzfeind, Dr. Tentacle zusammen, um den König der Hafenarbeiterkämpfe, Popeye, zu besiegen. Nachdem der spontane Nummerngirl-Casting-Wettbewerb nicht richtig befriedigend verlief, möchte ich mich dafür einsetzen, daß Popeyes Olivia den Part übernimmt. Bitte, danke.


Fotos und Video von Axel K.
Rock & Wrestling auf Myspace

Samstag, 24. Juli 2010

Jetzt noch ein paar Tage Sauerstoffzelt und Salzleckstein.
