Freitag, 17. Juni 2022
Zur Triennale der Photographie in Hamburg ließe sich vieles sagen. Die aufreizend unübersichtlich gestaltete Webseite des Veranstaltungszirkus' ist nur ein Teil davon. Neben flankierenden größeren und länger laufender Ausstellungen in den Hamburger Museen und Kunsthallen, lag der Schwerpunkt zahlreicher kleinerer Auftritte gedrängt in der ersten Woche. Man muß sich halt ranhalten, wenn man im Leben etwas oder irgendwen erreichen will. Ausdauer ist hier wie da gefragt.
Das Kraftwerk Bille war wohl eines der interessantesten Spielstationen. Da gab es aus Bielefeld eine Gruppe junger Fotografen mit "Die Spuren der anderen", Found Photos und Archivmaterial vom Manhattan Project und aus Hiroshima (Max Ernst Stockburger), die überraschend verdichteten Hamburg-Perspektiven von Nicole Keller und Oliver Schumacher, die verschmitzten Blumen- und Insektenbilder von Eva Häberle oder die preisgekrönte Serie über Weltkriegs-Reenactments in Polen von Ostkreuz-Schülerin Natalia Kepesz.
In der alten Kesselhalle gab es Spuren der Vergänglichkeit (Claudius Schulze) mit berührender Taxidermie zu sehen - das Verschwinden der Arten dokumentiert mit gefiederten Aufprallopfern (Bürofenster), nah und tot zugleich.
Der Außenposten der Triennale im ansonsten kulturell weitgehend abgehängten Stadtteil bot auch die Gelegenheit, neben der immer mal wieder für Veranstaltungen geöffneten Kessselhalle einen Teil der an Künstler vermieteten Atelierräume zu besichtigen. Abbruchspuren, schrundige Wände, Investorenträume - die Zukunft des Areals ist noch nicht wirklich unter Dach und Fach und Tüte. Derzeit ist das alte Kraftwerk eines der in Hamburg dringend benötigten Möglichkeitsräume, ein Traumlabor und (meist versperrter) Freiraum, der zeigt, woran es in dieser auf Verwertung angelegten Stadt mangelt: Ungekämmte Kreativhüllen, die sich mit Ernstem und Unsinn, Spielerischem und streng Konzipierten füllen lassen.
Wo man dann sitzt, dort sitzt man dann. Das verwinkelte Gebäude mit seinen zahlreichen Positionen bietet hinter jeder Ecke überraschende Entdeckungen und Begegnungen, Entblößtes, Verhülltes und farbig verklärte Lichter. Treppen, Räume, Träume und Lebenspuren. Man muß sich Zeit nehmen, hier und da vorsichtig auftreten, Wege in den eigenen staubigen Spuren zurücklaufen, alle Türen offen lassen.