Sonntag, 30. März 2014
Kleine Maus/
Wir ziehen uns/
Die Sachen aus
(Volksweise)
Durch Fährnisse und Geschehen von Wegen, Wandern und Entdecken abgeschnitten, geriet die bei Jungfrauen jeden Alters beliebte und wie von zuckriger Herzensgüte kandierte, bei Teenagern frenetisch gefeierte, aber bescheiden gebliebene Reihe Mit toten Tieren durch das Jahr lange, allzulange sträflich vernachlässigt. Höchste Zeit also anzuknüpfen an vom Staub befreite Tradition und salbungsvolle Tugend, ehe die Gegenwart zur sterbenden Vergangenheit geworden ist, über die wir in Zukunft nicht mehr reden wollen.
Kaum steigen in Hamburg die Temperaturen, reißen sich bekanntlich die Bewohner die Klamotten vom Leib, schmeißen sich rücklings auf die Wiese, strecken alle Viere von sich und zeigen frühlingslüstern ihr kontaktbegünstigendes Inventar. Als älterer und vor allem sittlich gefestigterer Mensch mag man da den Kopf schütteln, allein, die Klagen verhallen ungehört.
Manche immerhin, so wie diese Kleinmaus (mus musculus miniaturis) greifen schamhaft noch zum Feigenblatte, notdürftig Dekolletée und Dings bedeckend. Deutlich sieht man hier, wie auch Körperhaare wieder sprießen, ungehemmt einer längst vergangen geglaubten Mode nach, wohl, so die starke Vermutung, weil es fürs Rasieren keine App gibt. Ein Ganzkörperhipsterbart, möchte man vermuten. Diese Maus aber gibt in Modedingen keine Auskunft.
In frühlingslauer Luft aber hat der Tod sich angeschlichen, ein herbstliches Blatt über das frühfrivole Ding gebettet. Ein sorgsamer Akt, ein sanftes Geschehen und mirabellensüße Mahnung. Hütet euch, ihr zarten Geschöpfe, mag er sagen. Verkühlt euch nicht in jahresfrühen Nächten, in denen wintrige Finger mit letzter Kraft euch tasten.